Es ist überraschend, was Intel alles in das 14 x 14-mm-Langwell-Package reingepackt hat: Einen USB-2.0.-EHCI-Controller mit 3 Ports, eine USB-On-the-Go-Host/Device für die Verbindung mit anderen USB-Geräten und eine HDMI-Schnittstelle für die Anwender, die ihre Geräte als Video-Spieler für ihre Fernsehgeräte einsetzen möchten.
Und wie sieht es mit dem Speicher aus? Es gibt 4 Ports für SD/MMC/SDIO-Anbindung, noch wichtiger ist aber die Unterstützung von SLC- und MLC-NAND-Drives mit einer Page-Größe bis 4 Kbyte und einer Kapazität von 64 Gbyte. Wie schon erwähnt, fehlt jedoch eine SATA-Schnittstelle, da diese für Handys von Intel als irrelevant erkannt wurde. Über eine I2C-Schnittstelle kann auch eine externe Tastatur angebunden werden, entsprechende Implementierungs-Richtlinien für Entwickler hat Intel bereitgestellt.
Des weiteren findet sich in Langwell Unterstützung für Bildverarbeitung sowohl für Fotos als auch für Videos. Moorestown erlaubt zwei Kameras, eine mit 5 MPixel und eine für VGA-Auflösung (640x480 Pixel). Bei dem 5-MPixel-Kanal handelt es sich um eine duale MIPI-Schnittstelle die RGB-, YUV- und RAW-Farbschemata erlaubt.
Langwells Audio-Engine ist komplexer als sie auf den ersten Blick aussieht. Intel nutzt basierend auf einem 24-bit-DSP seine In-House-Smart-Sound-Technology (SST) für Sprach- Verarbeitung und Audio-Codec-Hardware-Beschleunigung. Diese existiert beim Kodieren für AAC-LC und PCM (WAV), beim Dekodieren für AAC-LC, HE-AAC, MP3, PCM und WMA9. Diese Optimierung führt zusammen mit weiteren Elementen des Power-Managements dazu, dass mit einer Akkuladung eine Woche am Stück nonstop MP3-Dateien abgespielt werden können.
Wenn die Audio-Engine Systemressourcen benötigt, wird ein Power-Management-Event ausgelöst, nach dem Speicherzugriff wird ein Refresh der Puffer vorgenommen und die Plattform kehrt schnellstmöglich in einen Energiesparmodus zurück.
Weniger für den normalen Endverbraucher als für Geschäftsleute dürfte die Krypto-Engine interessant sein, welche die Funktionalität eines Trusted-Platform-Modules (TPM) enthält. Mit einem Hardware-Beschleuniger werden AES, DES, 3DES, RSA und andere Verschlüsselungsoperationen unterstützt, besonders wertvoll ist jedoch die Möglichkeit, eine sichere Boot-Umgebung wie mit vPro-Systems zu schaffen. Dies wird in Zeiten, in denen Handys zunehmend das Ziel von Hacker-Angriffen werden, immer wichtiger. Auch Content-Providern, die mit digitaler Rechteverwaltung (DRM) agieren, dürfte die Krypto-Engine gute Dienste leisten.
Briertown erscheint auf den ersten Blick wie »Moorestowns fünftes Rad am Wagen«, seine Rolle ist jedoch extrem wichtig, um die vorgegebenen Energieverbrauchs-Ziele zu erreichen. Es gibt kein offizielles Briertown-Design, stattdessen eine Architektur-Spezifikation für die Peripherie-Unterstützung und Power-Management, inklusive dem Laden der Batterie, das nun statt durch Software durch Hardware gemanagt wird. Wenn man sich ein Moorestown-Motherboard anschaut, stellt man fest, dass Briertown erheblich größer ist als das CPU-SoC und Langwell zusammen. Dennoch, im Vergleich zu den Power-Management-Chips, die bei Menlow zum Einsatz kamen, benötigt Briertown nur rund halb so viele Komponenten und ein Drittel der Fläche. Wenig überraschend ist dann auch die Tatsache, dass der Preis auf rund ein Drittel seiner Vorgänger gesunken ist.
Das MSIC ist Teil dessen, was Moorestowns Power-Gating-Technologie erst ermöglicht. Die komplizierte Spannungsversorgung von Chipset und den 19 Power-Inseln auf dem Atom-SoC werden ebenso mittels Betriebssystem gesteuert wie der Einsatz des Burst-Modes und die Übergänge zwischen den einzelnen Energiesparmodi.
Fazit: Atom kapultiert sich an die Spitze, aber die Konkurrenz schläft nicht
Es gilt festzuhalten, dass es Intel mit Moorestown erstmalig geschafft hat, eine x86-Plattform für den Einsatz in Smartphones zu entwickeln, die den Anforderungen an die Leistungsaufnahme in dieser Anwendungskategorie genügt – dies alleine nötigt höchsten Respekt ab, wenn man bedenkt, wie komplex die x86-Mikroarchitektur im Vergleich zu RISC-Cores wie denen von ARM oder MIPS ist.
Ebenso gilt es festzuhalten, dass die heute im Markt vertretenen SoCs wie OMAP3 oder Snapdragon mit den Video-Fähigkeiten von Moorestown und auch mit der Rechenleistung beim Thema Internetseiten aufbauen nicht mithalten können. In der Bildergalerie ist das Ergebnis eines Javascript-Benchmarks ersichtlich, aus dem deutlich wird, wie überlegen der x86-Atom-Prozessor seiner RISC-Konkurrenz ist: Obwohl der hier genutzte Atom N450 »nur« 1,66 mal höher getaktet ist als seine Konkurrenz, arbeitet er 3 mal schneller als der ARM-basierende Apple-A4-Prozessor und sogar 4,2 mal schneller als der ebenfalls ARM-basierende Qualcomm-Snapdragon-Chip.
OMAP4 von Texas Instruments bietet jedoch ebenfalls HD-Unterstützung und eine Display-Auflösung von WUXGA (1920 x 1200 Pixel) und zudem 140 Stunden Musik hören mit einer Batterieladung. Der Dual-Core-Cortex-A9-Prozessor dürfte davon abgesehen den Aufbau von Internet-Seiten gegenüber seinem Vorgänger Cortex-A8 deutlich beschleunigen - ob er freilich Atom schlagen kann, bleibt abzuwarten.
Es wird wohl auf die Frage hinauslaufen, welchen Vorteil eine x86-Kompatibilität bei Handys bringt. Das Argument der Windows-Kompatibilität bei den Netbooks zieht hier nicht, da Intel selbst diesen Zopf abgeschnitten hat und auf Android bzw. MeeGo setzt. Zu nennen sind jedoch 13 Millionen PC-Entwickler weltweit, die sicher in der Lage wären, sehr schnell eine fast unbegrenzte Anzahl von Applikationen für ein x86-Handy zu programmieren – die x86-Community ist ja immer noch um ein vielfaches größer als die ARM-Community.
Android läuft auch auf ARM- und MIPS-Cores, so dass letztlich primär die Frage Rechenleistung vs. Energieverbrauch entscheiden dürfte. Gegenüber dem Cortex-A8 sieht ein 45-nm-Atom richtig gut aus, aber der Cortex-A9 MPCore ist derzeit zumindest in Bezug auf die Energieeffizienz das Maß aller Dinge. Neben dem Design gibt es auch noch einen Wettbewerb bei der Prozesstechnik: Intel hat ja schon eine 32-nm-Plattform angekündigt, die Foundry Globalfoundries arbeitet an einem 28-nm-Prozess, der u.a. auch auf Handy-Chips zielt.
Für Samsung, Texas Instruments und Qualcomm ist das Leben mit dem Erscheinen von Moorestwon auf jeden Fall ungemütlicher geworden. Falls es nur ein großer Smartphone-Hersteller schafft, die x86-Kompatibilität in einen konkreten Vorteil für seine Käufer umzumünzen oder MeeGo Android z.B. über eine überragende Benutzerschnittstelle ausstechen sollte, werden die Karten neu gemischt – mit einem Big-Player Intel am Pokertisch.