Passives Bus-Biasing

Ausfallsichere RS-485-Netze

5. Dezember 2018, 9:30 Uhr | Thomas Kugelstadt, Renesas
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Auswahl des Transceivers

Es gibt zwei Gründe, warum die Auswahl des besten Transceivers für die Störsicherheit und die Leistungsfähigkeit des Ausgangstreibers wichtig für ein robustes Netzwerkdesign ist: Erstens sollte der Rauschabstand in Zeiten, in denen der Bus nicht aktiv angesteuert wird, groß genug sein, um ein unerwünschtes Triggern eines Receivers auch in stark rauschenden Umgebungen zu verhindern.

Und zweitens muss der aktive Treiber während einer normalen Datenübertragung die zusätzliche Gleichtaktbelastung, die durch das ausfallsichere Biasing entsteht, steuern und dennoch ein Signal mit ausreichend Rauschabstand an entfernte Transceiver senden können.

So wies beispielsweise ein Transceiver der ersten Generation wie der ISL8487E eine empfangsseitige Eingangsschwellenspannung VIT-max von 200 mV auf. Kommt ein kleiner Rauschabstand von 50 mV hinzu, ergibt dies ein VAB von 250 mV. Vergleichen wir dies mit einem Transceiver der zweiten Generation, zum Beispiel mit einem ISL83082E mit umfassender Ausfallsicherheit. Sein Receiver-Ausgang schaltet auf High unabhängig davon, ob die Receiver-Eingänge potenzialfrei (Bus offen) oder kurzgeschlossen sind (Bus kurzgeschlossen oder im Leerlauf).

Die volle Ausfallsicherheit lässt sich erreichen, indem man die maximale Eingangsschwellenspannung auf einen geringfügig negativen Wert verrechnet, in diesem Falle auf –50 mV. Um die gleiche Störspannungsgrenze von 50 mV zu erreichen, reicht eine VAB von 0 V aus, sodass eine externe ausfallsichere Bias-Schaltung nicht nötig ist. Ohne Biasing-Netzwerk stehen den Bus-Transceivern alle 32 Einheitslasten zur Verfügung.

Renesas Electronics, RS-485
Bild 4: Differenzielle Ausgangstreiberfunktion des ISL315x von Renesas im Vergleich zu Standard-RS-485-Transceivern.
© Renesas Electronics

In modernen industriellen Anwendungen mit einem hohen Maß an elektrischer Störbeeinflussung nutzen dort eingesetzte Netzwerke wie Profibus doppeltes ausfallsicheres Biasing mit Leerlauf-Busspannungen von 0,6 V und mehr. Derartig hohe VAB-Werte erfordern Bias-Widerstände mit so niedrigem Widerstand, dass ihr kombinierter Wert weit unter den minimalen Wert der Gleichtaktwiderstände von 375 Ω sinkt. In diesem Fall führt die Berechnung von nUL zu negativen Werten. Tatsächlich ist es möglich, den Maximalwert für VAB (wenn nUL = 0) zu berechnen, indem man in Gleichung 16 den Wert RB/2 = RCM setzt und die Gleichung dann nach VAB auflöst:

open parentheses 18 close parentheses space space V subscript A B end subscript equals fraction numerator V subscript S times Z subscript 0 over denominator 4 times R subscript C M end subscript end fraction

Setzt man in diese Gleichung die entsprechenden Werte ein, erhält man für VAB den Wert 0,38 V. 

Renesas Electronics, RS-485
Bild 5: Gleichtakt-Ausgangstreiberfunktion des ISL315x verglichen mit Standard-RS-485-Transceivern.
© Renesas Electronics

Daher benötigen Netzwerke, die hohe VAB-Werte erfordern, spezielle Transceiver mit wesentlich besseren differenziellen und Gleichtakt-Treiberfähigkeiten als standardkonforme Transceiver, beispielsweise einen Vertreter aus der Bausteinfamilie ISL315x von Renesas. Diese können bis zu acht 120-Ω-Abschlüsse parallel mit einer differenziellen Mindest-Ausgangsspannung VOD-MIN von 1,5 V (Bild 4) und mehr als 60 DC-Eingangslasten über einen Gleichtaktspannungsbereich von –7 V bis +12 V bei einem minimalen VOD von 2,4 V ansteuern (Bild 5).

Tabelle 1 stellt die Widerstandswerte für ein- und zweifach ausfallsichere Biasing-Netzwerke gegenüber und vergleicht die verfügbaren Einheitslasten für zwei Standard-Transceiver, den ISL8487 und den ISL83082, sowie für den ISL3152 für hohe VOD-Werte in Abhängigkeit des Rauschabstands. Bei Transceivern mit einer Eingangsschwellenspannung von 200 mV, beispielsweise beim ISL8487, dürfen die Rauschabstände im Busleerlauf höchstens 100 mV betragen. Bei höheren Anforderungen muss auch der Wert von VAB steigen. Allerdings führt dies zu derartig geringen Bias-Widerstandswerten, dass die daraus resultierende Anzahl an Transceiver-Einheitslasten negativ ausfällt.

VNOISE (mV)50100300600800
BausteinISL8487ISL83082ISL3152ISL8487ISL83082ISL3152ISL83082ISL3152ISL3152
 ISL3152
VIT-MAX (mV)200-50-50200-50-50-50-50-50-50
VAB (V)250003005050250250550750
RT1, Z0 (Ω)120120120120120120120120120150
RCM (Ω)375375200375375200375200200200
                                                     Einfach ausfallsicheres Biasing
RB (Ω)55647026702520556523252232
RT2 (Ω)135120120138123123135137158249
                                                      Zweifach ausfallsicheres Biasing
RB (Ω)11109425360511011101050505463
RT (Ω)127120120129121121127127137180
                                                      Transceiver-Anzahl und Einheitslasten
nUL10.432606.527.555.310.437.112.58.2
nTX8325648052220442832979965

 

Tabelle 1: Widerstandswerte und Einheitlasten für Standard- und High-VOD-Transceiver in Abhängigkeit des Rauschabstands.

Aufgrund ihrer negativen Eingangsschwellenspannung von –50 mV benötigen vollständig ausfallsichere Transceiver, wie der ISL83082, wesentlich geringere VAB-Werte. Dadurch kann man bei den Bias-Widerständen zu wesentlich höheren Werten greifen, sodass sich auch die Anzahl an Bus-Transceivern erhöht. Allerdings verfügen beide Transceiver-Typen nur über die Standard-Treiberfähigkeit von höchstens 32 Einheitslasten, sodass sich bei störintensiven Umgebungen ihr Einsatz auf Netzwerke mit Standard-Rauschabständen und einer geringen Anzahl an Transceivern beschränkt.

Im Gegensatz dazu kann der ISL3152 mit seinem hohen VOD-Wert mehr als doppelt so viele Transceiver bei mittleren Rauschpegeln ansteuern und nach wie vor bis zu einhundert Transceiver bei einem Rauschabstand von 600 mV unterstützen. Um noch höhere Rauschabstände zu erreichen, ist ein höherer Wellenwiderstand des Kabels erforderlich. Profibus hat ein Z0 von 150 Ω und benötigt daher höhere Werte für RT und RB, um die Gleichtaktbelastung der Biasing-Netzwerke zu verringern. 

Zusammenfassung

Der Aufbau eines ausfallsicheren Biasing-Netzwerks gewährleistet, dass die Netzwerkknoten auch in Zeiten, in denen der Bus nicht aktiv angesteuert wird, stabil arbeiten. Darüber hinaus muss die durch die Biasing-Widerstände verursachte Gleichtaktbelastung während der normalen Datenübertragung von einem aktiven Treiber angesteuert werden.

Da industrielle Netze hohe Rauschabstände voraussetzen, müssen die Werte für die Bias-Widerstände niedrig ausfallen. Dadurch kann die Gleichtaktbelastung den Treiber von Standard-RS-485-Transceivern überlasten. Dieses Problem lässt sich mit den Transceivern der ISL315x-Familie mit großem Ausgangsspannungshub abschwächen, die bis zu acht 120-Ω-Abschlüsse und mehr als 60 DC-Einheitslasten ansteuern können. Zusammen mit den in diesem Artikel angeführten Gleichungen vereinfachen und beschleunigen diese Transceiver die Entwicklung von ausfallsicheren Biasing-Netzen.

 


  1. Ausfallsichere RS-485-Netze
  2. Zweifach ausfallsicheres Biasing-Konzept
  3. Auswahl des Transceivers

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