Am interessantesten ist jedoch die Pressemitteilung zur »Abberufung« des Vorstands. Die kursiv gesetzten Texte sind die Zitate der Pressemitteilung:
Durch Beschluss des Aufsichtsrats der Kontron AG vom 25. Juli 2016 wurde Herr Rolf Schwirz von seinem Amt als Vorstandsvorsitzender und Herr Andreas Plikat aus dem Vorstand der Kontron AG abberufen.
Mit anderen Worten: Sie wurden gefeuert.
Sten Daugaard übernimmt das Amt des Vorstandsvorsitzenden mit sofortiger Wirkung und wird von einer Task Force, bestehend aus den Aufsichtsratsmitgliedern Martin Bertinchamp, Dr. Dieter Düsedau und Harald Joachim Joos, beraten. Herr Daugaard tritt mit sofortiger Wirkung als Aufsichtsrat der Kontron AG zurück.
Die Situation ist also so schlimm, dass sofortiges Handeln erforderlich ist. Der obere Führungskreis muss ab sofort an eine Task Force berichten. Daugaard ist schon seit Juni 2013 im Aufsichtsrat, aber erst seit kurzem Aufsichtsratsvorsitzender. Er hat nun rigoros durchgegriffen.
An der im Mai 2015 angekündigten strategischen Neuausrichtung hält Kontron fest. Ein Schwerpunkt dabei ist die Positionierung des Unternehmens als Middleware- und Hardware-Anbieter, um die langfristigen Trends ,Internet of Things' (IoT) und ,Industrie 4.0' zu nutzen.
Das bedeutet: Die 2015 angekündigte strategische Neuausrichtung ist noch immer nicht umgesetzt.
Bis Ende Mai hatte Kontron übrigens drei Vorstandsmitglieder. Finanzvorstand Michael Boy hat das sinkende Schiff aber bereits »aus persönlichen Gründen und im besten Einvernehmen mit der Gesellschaft« verlassen, wie das Unternehmen am 3. Juni mitteilte. Es war ein kurzes Intermezzo: Boy war nur ein Jahr bei Kontron.
Für Kontron dürften nun wieder schwere Zeiten anbrechen. Die letzten Jahren standen unter dem Diktat von Synergie- und Sparmaßnahmen. Die dürften nun weitgehend ausgeschöpft sein. Mit seinem niedrigen Aktienkurs könnte die Firma sogar ein Übernahmekandidat sein. Selbst Wettbewerber sagen: »Ein Weltmarktführer im Embedded-Computing-Bereich ist wichtig für den Standort Deutschland.« Die Embedded-Hersteller in Deutschland sind erfolgreich, weil sie sich an die sehr divergierenden Kundenbedürfnisse extrem gut anpassen können. Jedes noch so kleine Projekt ist wieder anders. Diese Bedürfnisse kann Kontron nicht mehr adäquat erfüllen. Was jetzt gebraucht wird, ist ein Vorstand, der auch wieder mehr technisches und Branchen-Know-how mitbringt.