Elektronik: Was wird der neue Technologie-Campus in Augsburg für Kontron bringen?
Marcel van Helten: Wir nutzen unsere bestehende Fertigung in Augsburg und bauen dort zusätzlich ein neues Gebäude. Damit wollen wir die Innovation vorantreiben. Neue Ideen entstehen nicht im stillen Kämmerlein, sondern dann, wenn Ingenieure miteinander sprechen. Deshalb ist es wichtig, dass alle an einem Standort sind und jederzeit miteinander kommunizieren können.
Aber wir wollen auch vieles vereinheitlichen. Wir hatten bisher ein ERP-System hier, ein anderes ERP-System da. Das muss vereinheitlicht werden. Und wir wollen Technologie teilen. Heute haben wir vielleicht 10 bis 15 Designs mit Ivy Bridge (Anm.: vorletzte Intel-Prozessorgeneration, hergestellt in 22-nm-Technologie) mit unterschiedlichen Komponenten. Das kann nicht sein. Eine Stromversorgung für Ivy Bridge muss einheitlich sein und muss wiederverwendet werden – überall. Da kann man viel Engineering-Kapazität und damit Geld sparen und einfach bessere Produkte entwickeln. Deswegen haben wir jetzt eine globale Abteilung für »Innovation and Base Technology«, um Synergieeffekte zu erreichen zwischen verschiedenen Business Units. Bisher hatten wir je eine Engineering-Abteilung in Eching, in Roding, in Augsburg und Kaufbeuren.
Elektronik: Können Sie auch die Mitarbeiter von diesen Vorteilen überzeugen?
Marcel van Helten: Es ist schwer für die Leute. Bei dieser Standortverlagerung geht es ja nicht nur um Geld. Eine der wichtigsten Sachen für die Mitarbeiter ist: Sie wollen wissen, was die Strategie ist, wohin es mit Kontron geht.
Elektronik: Warum haben Sie sich für Augsburg entschieden?
Marcel van Helten: Von der Lage unserer bisherigen Standorte Kaufbeuren und Eching aus betrachtet liegt Augsburg ganz gut in der Mitte. Augsburg ist eine gute Umgebung für Engineering. Es gibt dort viele Ingenieure und eine Ausbildung. Und auch andere Firmen, wo Leute in diesem Umfeld arbeiten. Ein anderer Vorteil ist: In München bzw. Eching kann kein Ingenieur ein Haus bezahlen. In Augsburg ist es dagegen eher noch preiswerter als im Allgäu.
Elektronik: Hatten die Sparmaßnahmen in den vergangenen Jahren keinen Erfolg?
Marcel van Helten: Was wir bisher hatten, waren zehn, fünfzehn unterschiedliche Firmen, die alle Kontron heißen. Das hat Herr Gehrmann super aufgebaut. Und er hat natürlich auch versucht, es zu ändern. Aber was oft passiert: Das ist wie mit einem Gummiband. Man versucht, etwas zu ändern, und zieht mal da dran, aber es schnappt wieder zurück. Was Herr Schwirz gemacht hat, ist, einfach mal das Gummiband durchzuschneiden.