System-on-Modules gibt es von diversen Herstellern, in verschiedenen Formfaktoren und mit zahlreichen Schnittstellen. Selbst die Verbindung zum Trägerboard lässt sich auf unterschiedliche Weise herstellen. Sich für ein lötbares oder steckbares System-on-Module zu entscheiden will wohl überlegt sein.
System-on-Modules (SoMs) sind aus der Embedded-Branche nicht mehr wegzudenken. Die Computermodule – ebenfalls als Computer-on-Module (CoM) bezeichnet – vereinen alle relevanten Funktionen auf einem Board. Hierzu gehören Prozessor- und Grafikeinheit, Arbeits- (DRAM) und Programmspeicher (NOR, NAND, eMMC), Takt- und Energiemanagement sowie zahlreiche Kommunikationsschnittstellen wie Ethernet, WiFi, Bluetooth, USB oder I2C. Im Gegensatz zum Single Board Computer (SBC) ist ein SoM allein kein einsatzbereites System. Hierfür braucht es ein Trägerboard, auf dem fehlende Bestandteile wie Stromversorgung oder Steckverbinder untergebracht sind. Vorteile von SoMs sind das schnelle und risikoarme Entwickeln der Hardware, vergleichsweise geringe Systemkosten und eine hohe Flexibilität, zum Beispiel über das Upgraden des Prozessors oder das Erweitern der Schnittstellen.
System-on-Modules kommen branchenübergreifend für Steuerungs- und Konnektivitätsaufgaben zum Einsatz. Sie finden sich im klassischen Maschinen- und Anlagenbau, in Gebäude- und Industrieautomation, E-Mobility sowie Transportwesen, Labor- und Messtechnik oder in der Medizintechnik und im Gesundheitswesen.
Im Zeitalter der Digitalisierung und Vernetzung spielen System-on-Modules eine zentrale Rolle beim Realisieren von IoT-Applikationen. Embedded-Computer müssen immer leistungsfähiger sein, um komplexe Aufgaben zu erfüllen, zugleich sollen sie energieeffizient und platzsparend sein. Moderne SoMs sollen die Anforderung des jeweiligen Endkunden erfüllen aber trotzdem möglichst universell einsetzbar sein. Auch die Produktion soll möglichst einfach und somit kostengünstig möglich sein, dabei zugleich einen hohen Qualitätsstandard gewährleisten. All diese Anforderungen haben die meisten Applikationen gemeinsam, jedoch sind die individuellen Kundenwünsche sehr unterschiedlich. Somit ist die Auswahl des idealen SoMs immer eine individuelle Entscheidung.
Bei Beginn eines jeden SoM-Projektes stellt sich eine zentrale Frage: Möchte die Entwicklungsabteilung das System-on-Module auf das Trägerboard stecken oder löten? Eine universelle Antwort auf die Frage gibt es nicht, jedes Entwicklerteam muss die Frage individuell anhand der folgenden Leitfragen abwägen.
Embedded Systeme kommen grundsätzlich in nahezu allen Branchen und Anwendungsbereichen zum Einsatz, bei denen Steuerung, Kommunikation und Vernetzung gefragt sind. Ebenso sind System-on-Modules – egal ob lötbar oder steckbar – deshalb grundsätzlich für viele Applikationen geeignet (Tabelle 1).
Wie bereits erwähnt, lässt sich das System-on-Module auf das zugehörige Trägerboard stecken oder löten, um eine Verbindung zwischen den beiden Funktionseinheiten herzustellen. In erster Linie hängt die Entscheidung für ein lötbares oder steckbares SoM somit von den Platzverhältnissen auf dem Trägerboard ab. Hier muss sich das Entwicklerteam die Frage stellen, ob das Design des Trägerboards schon feststeht oder wie viel Platz auf dem Board für das SoM vorgesehen ist. Während lötbare Computermodule meist schon im Briefmarkenformat erhältlich sind, benötigen SoMs mit Steckverbinder mehr Platz.
Lötbare Computermodule sind im Vergleich zu steckbaren Modulen kleiner und kommen ohne Steckverbinder aus. Hierdurch sind sie in der Regel günstiger. Zudem lassen sich lötbare System-on-Modules wie jeder andere IC automatisiert bestücken. Hingegen werden steckbare SoMs manuell mit dem Sockel auf dem Trägerboard verbunden. Im direkten Vergleich ist das automatisierte Auflöten deutlich günstiger, was besonders bei hohen Stückzahlen ein Vorteil ist.
Der große Vorteil von Auflötmodulen besteht beim automatisierbaren Bestücken. Es empfiehlt sich, hierbei auf einen Electronic Manufacturing Services(EMS)-Dienstleister zu setzen. Er sollte bereits Erfahrung mit lötbaren System-on-Modules mit Land-Grid-Array(LGA)- oder Ball-Grid-Array(BGA)-Bestückung haben. DH electronics rät zu vorverzinnten Pads auf dem SoM, da die meisten Elektronikfertiger hiermit gut umgehen und hohe Qualität gewährleisten können.
Sind System-on-Module und Trägerboard nicht über einen Lötprozess fest miteinander verbunden, sondern lediglich zusammengesteckt, lässt sich das SoM im Projektverlauf austauschen. Vor allem bei geringeren Stückzahlen und bei einer langen Projektlaufzeit ergibt das Sinn, sollen beispielsweise lediglich die CPU getauscht und hierbei Standardschnittstellen wie Ethernet, RS232 oder USB beibehalten werden. Bei hohen Stückzahlen und kurzen Projektlaufzeiten oder wenn alle CPU-Features verfügbar sein sollen, bieten lötbare Computermodule das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis.
Bei Defekten und der damit einhergehenden Reparatur bieten steckbare System-on-Modules den Vorteil, dass gegebenenfalls nicht die gesamte Baugruppe inklusive SoM zu entsorgen ist. Stattdessen kann ein Servicetechniker lediglich das Computermodul vor Ort austauschen, was die Reparatur deutlich kosteneffizienter macht. Zusätzlich kann der Hersteller auf dem steckbaren SoM bereits vor dem Ausliefern die kundenspezifische Software installieren. Auch das bietet den Vorteil, dass am Einsatzort Zeit und Aufwand eingespart werden können und der Techniker nur noch das SoM ins Trägerboard einsetzen muss. Im umgekehrten Fall, also wenn das Mainboard Defekt ist, kann der Techniker das funktionsfähige Computermodul beibehalten und einfach in ein neues Trägerboard stecken. Auch das schont die Umwelt und spart Kosten.
Weiterhin hängt die Austauschbarkeit eines Moduls vom Formfaktor ab. Hierbei setzt DH electronics nicht auf Standard-Formfaktoren wie SMARC oder OSM, sondern hat mit der »DHCOM«-Familie einen eigenen Standard für steckbare System-on-Modules etabliert. Das DHCOM-Familienkonzept ist speziell auf Arm-Prozessoren abgestimmt und hat aufgrund eines vorausschauenden Planens bei der Pinbelegung bis heute unverändert Bestand. Mit dem herstellerspezifischen Standard bringt DH electronics bestehende Systeme seit 2010 mit überschaubarem Aufwand stets auf den aktuellen Stand.
Beispielsweise kann das Unternehmen hierdurch bestehende Applikationen mit i.MX6-Prozessor von NXP Semiconductors auf Designs mit dem aktuellen i.MX8M Plus upgraden. In Zeiten der Bauteilknappheit bietet die Flexibilität Vorteile: Ist der gewünschte System-on-Chip (SoC) nicht verfügbar, kann DH die Testphase mit einer lieferbaren CPU starten und anschließend auf die Zielhardware umsteigen. Jedoch bieten nicht alle Hersteller steckbare SoMs an, die Pin-kompatibel zueinander sind, gleichzeitig gibt es lötbare Computermodule, die einfach austauschbar sind. Hier lohnt es sich, beim SoM-Hersteller genau nachzufragen.
Der hohe Grad an Flexibilität bei steckbaren SoMs geht mit einer geringeren Anzahl an verfügbaren Pins einher. Im Gegensatz dazu bieten lötbare System-on-Modules von DH electronics den Vorteil, dass alle Features des SoC in vollen Umfang auf dem Modul bereitstehen – das ermöglicht eine individuelle Pinbelegung und somit Freiraum beim Entwickeln. Einige Standards wie Open Standard Module (OSM) bieten in der lötbaren Variante nicht alle SoC-Features, da sie aufgrund der Standardisierung bereits belegt sein können.
Ein weiteres Thema, das bei SoMs nicht zu unterschätzen ist, ist das Thema Kühlung. Weil die CPUs immer leistungsstärker und die Platzverhältnisse immer enger werden, besteht die Gefahr des Überhitzens. Aus dem Grund sind einige CPUs je nach Anwendungsfall zu kühlen, was in der Regel mit zusätzlichen Kühlkörpern auf dem Mainboard passiert. Für die steckbare DHCOM-Produktfamilie hat DH electronics eine
clevere Alternative zum herkömmlichen Kühlkörper entwickelt. Bei der DHCOM »5-Cent Cooling Solution« wird über eine 5-Cent-große Kupferfläche mithilfe eines Gap Pads die Wärme vom Prozessor über sogenannte Thermal Vias in die inneren Kupferschichten der Leiterplatte des Trägerboards abgeleitet. Von dort wird die Wärme über das Gehäuse nach außen transportiert. Entwicklerinnen und Entwickler, die eine kosten-, platz- und zeitsparende sowie robuste Kühllösung suchen, sollten die 5-Cent Cooling Solution (Bild 1) im Hinterkopf behalten.
Lötbare Computermodule von DH electronics weisen eine geringere Verlustleistung und somit Wärmeentwicklung auf, da weniger Features auf dem SoM realisiert sind. Grundsätzlich ist die Ground-Anbindung zwischen Modul und Mainboard bei lötbaren Modulen besser, da sie direkt angelötet sind und nicht über einen Sockel verbunden sind. Hiermit kann sich die Wärme besser über das Mainboard und das Gehäuse verteilen, zudem ist das Anbringen eines Gap Pads bei der Variante ohne Sockel einfacher. Zugleich ist das direkte Kontaktieren über das Modul jedoch kritischer. Bei einem Sockel hingegen ist das Verwenden eines Gap Pads oft nicht so einfach zu realisieren, weshalb man manchmal auf teure und platzintensive Kühlkörper zurückgreifen muss.
Bei Verwenden derselben CPU ist die Software für die steckbare und lötbare Version eines SoMs im Kern identisch. Unterschiede treten lediglich bei verschiedenen Schnittstellen auf. Gerade beim Prototyping bietet das Vorteile. Beispielsweise lassen sich erste Tests mit dem steckbaren »DHCOM STM32MP15« (Bild 2) in Kombination mit dem Premium Developer Kit von DH electronics durchführen und gegebenenfalls die Software anpassen, bevor in der Serie das lötbare »DHCOR STM32MP15« (Bild 3) zum Einsatz kommt. Die nötigen Anpassungen, um von der steckbaren auf die lötbare Variante umzusteigen, sind in dem Fall sehr überschaubar.
Abschließend lässt sich sagen, dass weder steckbare noch lötbare SoMs grundsätzlich besser oder schlechter sind. Wie so oft kommt es auf die individuellen Anforderungen und Rahmenbedingungen an, welche bei der Auswahl des SoMs anhand dieses Leitfadens zu berücksichtigen sind. Einige Beispiele aus dem Alltag von DH electronics dienen als Inspiration.
Zum Beispiel stattet DH electronics das Herzstück des »maveo«-Ökosystems der Marantec Company Group mit dem passenden Einlötmodul »DHCOR i.MX6UL(L)« aus. Hierbei fungiert die »maveo box« als Gateway im Ökosystem. DH electronics liefert mit dem platzsparenden (29 mm x 29 mm x 3,2 mm) und energieeffizienten (0,5 W) Einlötmodul hierfür das passende Computermodul. Über das System-on-Module werden alle Daten innerhalb des Systems zusammengetragen und weiterverarbeitet. Eine Bluetooth- und WiFi-Antenne ist bereits auf dem Modul integriert. Crypto Engine und Secure Boot ermöglichen darüber hinaus ein sicheres und verschlüsseltes Übertragen der Daten – ein wichtiges Feature, wenn es um die Gebäudesicherheit geht. [1]
Der Dienstleister Aviloo bietet derzeit den einzigen objektiven und unabhängigen Batterietest für gebrauchte Elektrofahrzeuge an. Mit ihm lassen sich sowohl Lithium-Batterien in reinen Elektroautos als auch in Fahrzeugen mit Plug-in-Hybrid auf ihre Qualität überprüfen. Aviloos Dataplattform wertet millionenfach komplexe Daten zum Batteriezustand aus und berechnet den Gesundheitszustand der Batterie. Für das Verarbeiten der Daten ist ein Embedded-Computer notwendig, der die Daten von diversen Sensoren abgreift und zum weiteren Verarbeiten in die Cloud schickt. Hierfür kommt derzeit das steckbare Computermodul »DHCOM STM32MP15« zum Einsatz. Erste Tests konnte Aviloo mit dem »Avenger96« Development Board
durchführen, auf dem das DH-Modul aufgelötet ist. Nach ausführlichem Beraten vonseiten DH entschied sich Aviloo für das steckbare »DHCOM STM32MP1« mit SODIMM-200-Sockel. Hierdurch benötigt das Unternehmen kein eigenes Trägerboard und konnte direkt mit dem Design-in beginnen. [2]
Das Unternehmen Total EV Charge bietet AC-Charger an, die eine hohe Qualität und einfach zu bedienende Ladepunkte für eine nahtlose Benutzererfahrung ermöglichen, sowie DC-Charger für anpassbare und hochwertige Ladepunkte. Die Ladesäulen adressieren B2B- und B2C-Kunden und ermöglichen das Aufladen am Arbeitsplatz, unterwegs, an Tankstellen und zu Hause. Im Allgemeinen enthält jedes Ladegerät zwei Platinen: die Kommunikationsplatine sowie die Leistungsplatine. Für die neue Generation des Kommunikationsboards war Total EV Charge auf der Suche nach einem platzsparenden, leistungsfähigen und mit Ethernet, I/Os
und diversen anderen Schnittstellen ausgestatteten System-on-Module mit Linux-Betriebssystem. All diese Anforderungen erfüllt das lötbare »DHCOR STM32MP15« mit 29 mm x 29 mm x 3,2 mm von DH electronics. Es ermöglicht die Produktion in großen Stückzahlen bei einem attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis. [3]
Literatur
[1] DH electronics. Smarte Garage: Automatisierung von intelligenten Toren. 2023. https://www.dh-electronics.com/knowledge-center/case-studies/detail/smarte-garage-automatisierung-von-intelligenten-toren. Aufgerufen am 10.02.2023, 11:30 Uhr.
[2] DH electronics. Unabhängiger Batterietest für gebrauchte Elektrofahrzeuge. 2023. https://www.dh-electronics.com/knowledge-center/case-studies/detail/unabhaengiger-batterietest-fuer-gebrauchte-elektrofahrzeuge. Aufgerufen am 10.02.2023, 11:31 Uhr.
[3] DH electronics. Case Studies. 2023.
https://www.dh-electronics.com/knowledge-center/case-studies. Aufgerufen
am 10.02.2023, 11:32 Uhr.
Die Autoren
Andres Geisreiter ist Teil des Hardware-Development-Teams bei DH electronics. Als Produktmanager für die »DHSOM«-Produkte ist er erster Ansprechpartner im Bereich System-on-Modules. Dank seiner langjährigen Erfahrung berät er Kunden zu den Vorteilen, Besonderheiten und Anwendungsbereichen der DHSOM-Produkte.
ageisreiter@dh-eletronics.com
Magdalena Daxenberger vereint als Marketing- und Innovationsmanagerin im Familienunternehmen DH electronics ihre Begeisterung für Embedded-Systeme und die Leidenschaft für Innovation, Strategie und Unternehmertum.
madaxenberger@dh-electronics.com