Das IoT als Servicepunkt wird im Zeitalter der Digitalisierung immer wichtiger. Mit der Software-Plattform »Clea« erreicht Seco viele Kunden und stellt ihnen ein umfassendes Service-Paket bereit. Warum das für einen Hardware-Anbieter so wichtig ist, erklärt Geschäftsführer Dirk Finstel im Interview.
Markt&Technik: Herr Finstel, welche Vorteile erwarten Sie sich von Clea für den Seco-Konzern?
Dirk Finstel: Mit der Kombination aus dem Werteversprechen von Clea sowie dem KI-Dienst von Google Cloud können wir Applikationen im industriellen Bereich anbieten. Sie sollen es Unternehmen ermöglichen, ihr Geschäftsmodell weiterzuentwickeln, neue Werte aus Prozessdaten zu schöpfen und Nutzern Produkte mit hohem Mehrwert als Service zu bieten.
Mit den Tools und Services für künstliche Intelligenz (KI) von Google Cloud, die wir in Clea integrieren, soll es möglich sein, umfangreiche Erkenntnisse zu gewinnen, indem zusätzliche Informationen aus allen Datenquellen des Unternehmens wie Enterprise-Resource-Planning (ERP) oder Customer-Relationship-Management (CRM) und verteilten Geräten nutzbar sind.
Was ist neu für Entwickler?
Clea ist eine Open-Source-IoT-Applikation. Sie wurde von Grund auf für Entwicklerteams mit den oben genannten Anforderungen konzipiert und entwickelt. Der gesamte Umfang von Clea basiert auf Kubernetes, einem von Google entwickelten Open-Source-System zum Verwalten von Container-Applikationen, und ist nicht nur Cloud-agnostisch, sondern lässt sich zudem vor Ort und in anderen Einsatzszenarien ausführen. Clea stellt außerdem Funktionen wie Anwendungsverwaltung, Ferndiagnose oder Dienste bereit, die für große, unternehmenskritische Flotten entwickelt wurden (Bild).
Wie steht es um die Sicherheit? Insbesondere wenn man Google integriert, öffnet man Hackern doch Tür und Tor? Wie geht Seco damit um?
Google ist ein führender Anbieter von Cloud-Infrastruktur- und Plattformdiensten und investiert in ein sicheres, leistungsfähiges und zuverlässiges Netzwerk. Google setzt das mit der Definition von branchenweiten Rahmenbedingungen und Standards um.
Auf der Clea-Seite sind die verbundenen Geräte vertrauenswürdig und tauschen dank einer Reihe integrierter Funktionen sicher Informationen aus. Jedes Gerät ist über eine eindeutige ID identifiziert und verwendet moderne Mechanismen, um einen vertrauenswürdigen und sicheren Kommunikationskanal zu gewährleisten.
Clea garantiert nicht nur einen sicheren Kanal, sondern ebenfalls eine sichere und darüber hinaus fälschungssichere Identität. Ist das Edge-Gerät ebenfalls mit einem sicheren Chip ausgestattet, lassen sich alle Sicherheitsfunktionen von Clea ebenfalls in das Gerät integrieren. Außerdem verhindert Clea von sich aus, dass ein einzelnes Gerät die gesamte Flotte gefährdet – sollte sich ein Gerät aus irgendeinem Grund falsch verhalten, kann es isoliert werden und beeinträchtigt somit nicht den Betrieb der restlichen Flotte.
Welche weiteren Funktionen bietet Clea?
Mit Clea haben unsere Kunden die volle Kontrolle über ihre Daten – vom Erfassen über das Verarbeiten bis hin zum Speicherort. Clea ist für das Skalieren auf eine große Anzahl verbundener Geräte und auszutauschender Nachrichten ausgelegt und macht es im Gegenzug möglich, KI-Modelle in Minutenschnelle zu implementieren. Zu den Funktionen für das Verwalten der Geräte gehören Over-the-Air-Software-Updates mit Unterstützung für Rollout und Rollback, Verwalten der mobilen Konnektivität, Übertragen von Dateien sowie Protokollprüfung.
Unterstützt Clea ebenfalls das Entwickeln von KI-Applikationen und, wenn ja, in welchem Umfang?
Clea bietet den Nutzern alle Werkzeuge, um ihre eigenen maßgeschneiderten KI-Applikationen in jeder beliebigen Sprache zu erstellen – entweder von Grund auf oder auf Grundlage einer der vorgefertigten Strukturen, die im Framework der Clea App verfügbar sind. Zudem stellen wir einen umfangreichen Satz an Programmierschnittstellen (APIs) sowie Clients bereit, um die Arbeit der Data-Engineers und Scientists zu erleichtern. So können sie ihre eigenen bevorzugten Frameworks zum Erstellen ihrer Modelle verwenden, selbst wenn einige vorgefertigte Integrationen schon bereitgestellt werden wie »Tensorflow« und »Spark«.
Was setzen Entwickler von Embedded-Applikationen mit Clea um? Geht es lediglich um die Hardware oder mehr?
Wie bereits erwähnt, bietet Clea dem Embedded-Entwickler Tools für das Fernverwalten einer Geräteflotte und das einfache Übertragen von Daten aus dem Feld in die Cloud. Mit dem passenden Software-Development-Kit (SDK) können Entwickler einzelne Sensor- bis hin zu umfangreichen Telemetrie- und Prozessdaten mit Alarmen an die Cloud-Plattform senden, ohne sich um die Schritte kümmern zu müssen, die erforderlich sind, um beispielsweise Informationen auf Clea zu veröffentlichen: Sie können sich auf die jeweilige Anwendungsentwicklung für den Business- und Use-Case konzentrieren und alle Basis- und Technologieinteraktionen der Plattform nutzen. Das Clea-SDK selbst kümmert sich um das mögliche erneute Übertragen von Nachrichten oder das Wiederherstellen der Verbindung.
Können Sie ein konkretes Projekt nennen, bei dem Clea bereits erfolgreich zum Entwickeln eines eingebetteten Geräts beigetragen hat?
Clea wurde bereits in vielen Projekten mit Seco-Hardware implementiert – in Industriemaschinen, Verkaufsautomaten, Kaffeemaschinen oder Kühlschränken. Einige Kunden setzen Clea zudem auf ihrer eigenen beziehungsweise Third-Party-Hardware ein. So verwaltet die Clea-Plattform beispielsweise erfolgreich unterbrechungsfreie Stromversorgungen und komplexe Überwachungsinfrastrukturen, bei denen der Kunde das Gerät direkt über das Clea-SDK anschließt.
Wie sieht ein typischer Clea-Kunde aus? Arbeitet er auf Systemebene, zum Beispiel mit HMIs oder Box-PCs, oder auf Board- und Modulebene?
Der typische Clea-Kunde ist entweder ein OEM oder ein Service-Anbieter, der nach einer zentralen Plattform sucht, die alle Daten und Interaktionen im Feld verwalten kann – normalerweise mit dem Ziel, durchgängige und transparente Prozesse zu gewährleisten oder sie in ein Ökosystem von Diensten zu integrieren. Ebenso kann es ein Softwareunternehmen sein, das ein eigenes vertikales IoT-Produkt oder einen Service aufbauen möchte.
Welche Ihrer Edge-Produkte sind bereits für Clea vorbereitet?
Clea ist vom Design her mit allen Seco-Edge-Produkten kompatibel: Benutzer können Clea in wenigen Schritten mit jedem Gerät aus unserem handelsüblichen Edge-Portfolio in Betrieb nehmen, von lüfterlosen Embedded-Computern und HMIs bis hin zu System-on-Modules und Single-Board-Computern mit eingebauter Konnektivität. Aufgrund Cleas Hardware-Agnostik lässt sich die Software zudem leicht in Geräte von Drittanbietern integrieren. Das Wichtigste, was vor der Integration in eine Hardwareplattform zu berücksichtigen ist, ist immer die Konnektivität. Daher ist es zwingend erforderlich, dass das Gerät über integrierte Konnektivität wie LAN, WiFi oder möglicherweise über ein mobiles Modem mit globaler Abdeckung verfügt.
Wie gehen Applikationsentwickler Clea-Projekte an – was machen sie selbst, was liefert Seco, welche API gibt es?
Clea liefert eine Reihe von SDKs und Clients, die Entwickler verwenden können, um ihre eigenen Projekte zu erstellen. Unser Ansatz besteht darin, eine modulare Plattform bereitzustellen, sodass Entwickler wählen können, wie viel sie selbst erstellen und wie viel sie aus dem Stack verwenden möchten. Bei Verwenden des vollständigen Clea-Stacks können Entwickler ihre eigenen Business- und Use-Case-spezifischen Datenmodelle definieren und deklarieren, ihre Datenerfassungs-Tools mit einem der vielen bereitgestellten Geräte-SDKs integrieren und ihre eigenen Front-End-Applikationen innerhalb des Clea-Portals schreiben. Alles andere erledigt die Plattform.
Wie sieht das Geschäftsmodell von Clea aus? Was kostet die Plattform, und gibt es ein Abonnementmodell für die monatliche oder jährliche Nutzung?
Entwickler können Clea als Platform as a Service (PaaS) nutzen, entweder vollständig verwaltet oder auf der jeweils bestehenden Infrastruktur des Entwicklers. Sie wird darüber hinaus ab diesem Sommer über eine reine SaaS-Version für kleinere Projekte verfügen. Wir stellen das System als monatliches Abonnement bereit, das sich nach Verbrauch und Bereitstellungsmodell bemisst. So ermöglicht die Flexibilität von Clea eine große Vielfalt an Szenarien, die auf die betrieblichen Anforderungen des Kunden zugeschnitten sind. Die SaaS-Preise sind vergleichbar mit bestehenden Marktangeboten.
Gibt es Einschränkungen gegenüber Google Cloud?
Derzeit arbeiten wir direkt mit Google Cloud in Europa zusammen, jedoch gibt es keine Einschränkungen, Clea in anderen Regionen, mit anderen Cloud-Anbietern oder im eigenen Rechenzentrum zu betreiben. Die Partnerschaft mit Google Cloud ist auf kommerzieller Basis und impliziert keine technischen Einschränkungen.
Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Finstel.
IoT-Herausforderungen für Entwickler lösen |
---|
Anbieter von Geräten, Anlagen und Maschinen – also OEMs – sowie damit verbundene Dienstleister versuchen, die eigenen Prozesse effizienter und transparenter zu gestalten oder mit neuen digitalen Geschäftsmodellen Mehrwerte zu bieten. OEMs müssen diese Mehrwerte flexibel und schnell an die jeweiligen Markt- und Kundenanforderungen anpassen. Für Entwicklerteams bedeutet das, plattformübergreifende Applikationen für die Integration von Hard- und Software in der Cloud zu ermöglichen. Mittlerweile hat sich hierfür der Begriff des IoT etabliert. Das bedeutet, dass Entwickler vorgefertigte Bausteine, Funktionen und Services suchen, die sie nur noch für die jeweilige Aufgabenstellung anpassen müssen, um eine schnelle Markteinführung mit einer hohen Qualität zu gewährleisten. Mittlerweile gibt es viele Anbieter für Hard- und Software, die ihren eigenen Teil dazu beitragen können. Verantwortlich für den Erfolg und der schwer abschätzbare Aufwand, die Technologien erfolgreich zu verbinden, bleiben jedoch die Entwickler des OEM. Die Herausforderungen für IoT-Applikationen:
Mit diesen Voraussetzungen und Ansprüchen hat sich Seco auseinandergesetzt und daraus resultierend »Clea« entwickelt. Clea ist eine durchgängig integrierte und dennoch offene IoT-Plattform, welche sogar Out-of-the-Box mit den Google Cloud Services nutzbar ist. |