Das MES wird künftig der Dreh- und Angelpunkt sein, an dem alle Material-, Prozess- und Qualitätsdaten bei cms electronics zusammenlaufen. Die MES-Module haben eine gemeinsame Datenbasis und sind alle miteinander verknüpft. Man muss also nicht in jedem Modul die Daten erneut erfassen. Das ERP-System hat eine Schnittstelle zum MES. Aus dem ERP-System »wandern« Stammdaten wie Stücklisten, Aufträge etc. ins MES. Der Master ist das ERP-System, und die Daten werden alle ins MES-System übertragen. Dieser Vorgang ist nicht nur unidirektional, sondern bidirektional. Und als Folge davon gibt das MES die Fertigungsparameter vor, womit cms electronics dann beim ersten Schritt der smarten Fabrik angekommen wäre. »Wir wollen nicht nur Daten erfassen, sondern auch Prozesse optimieren. So werden der manuelle Wareneingang und dessen Buchungsschritte sukzessive automatisiert.«
Die veränderten Prozesse erfordern natürlich eine andere Zuteilung von Kapazitäten. Dieses Change Management bezeichnet Antonitsch neben der technischen Umsetzung als eine der größten Herausforderungen. In der Vorbereitung wird durchaus mehr Kapazität benötigt, beispielsweise in der Stammdatenpflege. Nach Umstellung der Prozesse soll unterm Strich jedoch nicht mehr Arbeit entstehen.
Als Beispiel für einen automatisierten Prozess vom Bestellvorgang über den Wareneingang bis zur Fertigung zieht Antonitsch ein Automotive-Sound-Modul heran. Dieses fertigt cms electronics für einen Kunden in unterschiedlichen Ausprägungen und spielt darauf jeweils unterschiedliche Firmware auf. Ein solcher Bestell- und Fertigungsprozess könnte nach dem Prinzip der Industrie 4.0 komplett automatisiert werden: Der Kunde löst eine Bestellung im ERP-System beim Händler aus und beeinflusst direkt die Produktionsschritte: Materialberechnung, automatisierte Bestellung des Materials, Fertigung, Aufspielen der Software, Auslieferung zur Weiterverarbeitung. Gleichzeitig können dem Kunden, der das Modul weiterverarbeitet, über ein Web-Portal alle Daten zur Verfügung gestellt werden.
Der Mensch bleibt wichtig – auch in der Industrie-4.0-Produktion
In punkto Automatisierung ist der Mittelständler aus Klagenfurt mit seinen Eigenentwicklungen einer der Vorreiter: Vor einigen Jahren hat cms electronics zum Beispiel eine vollautomatisierte Endprüfanlage auf Roboterbasis konzipiert. Sie übernimmt alle Prozesse der Endprüfung, die der EMS-Dienstleister bis dahin halbautomatisch bewerkstelligte. Zwar wurde die Anlage speziell für eine Aktuator-Baugruppe konzipiert, lässt sich aber auch an andere Produkte anpassen. Der größte Pluspunkt des Systems: Es schafft 2400 Baugruppen pro Stunde. Das teilautomatische Vorgängersystem brachte es »nur« auf 700. Dieses Konzept wurde weiterentwickelt und auf eine modulare roboterbasierte Basisanlage erweitert, um damit unterschiedliche Produkte mit konstant hoher Qualität auch bei kleineren Losgrößen abarbeiten zu können.
Intelligente Automatisierung bedeute aber nicht, dass künftig die komplette Fertigung automatisiert werde, stellt Antonitsch klar. »Das wäre aus wirtschaftlicher Sicht auch gar nicht sinnvoll. Es gibt nach wie vor Vorteile Mensch gegenüber Maschine: Der Mensch ist flexibler und kann individueller handeln. Die Entscheidung, ob etwas automatisiert wird, muss anhand der Vor- und Nachteile getroffen werden.« Aber natürlich unterstützen die Maschinen den Menschen künftig mehr als heute. Wichtig dabei ist nach den Worten von Antonitsch, dass man dabei die Sicherheitsaspekte, also die Safety, im Auge behält: Der Roboter, der den Menschen in einer smarten Fabrik unterstützt, ist nicht mehr hinter einem Schutzkäfig, daher spielen die Sicherheitsaspekte eine noch größere Rolle. »Die Spezialisierung hin zur Automatisierung wird weiter voranschreiten müssen. Die Fertiger werden sich zunehmend mit der Automatisierung auseinandersetzen müssen«, erklärt Antonitsch. Und das vor allem auch vor dem Hintergrund eines intelligenten Zusammenspiels zwischen Mensch und Maschine. »Die Mechatronik wird sich zur IT-lastigeren Infotronik weiterentwickeln«, ist Antonitsch überzeugt.