Interview mit Axel Meyer, Photocad

»Das war eigentlich alles ein Missverständnis«

9. März 2022, 11:45 Uhr | Markus Haller
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Veränderung des Produktionsmanagements

Wie hoch ist die Fehlerrate bei SMD-Schablonen?

Wir produzieren pro Woche einige hundert Schablonen, und davon tauchen bei zwei bis drei Schablonen Fehler auf. Bei dieser Zahl ist alles mitgezählt: Fehler und kleinere Beeinträchtigungen, die wir noch während der Produktion selbst korrigieren, Transportschäden und Reklamationen an der Schablone durch unsere Kunden. Für eine Produktion mit Losgröße eins ist das ein guter Wert.

Wie hat sich das Produktionsmanagement verändert? Um kurze Lieferzeiten zu garantieren, müssen ja Produktionskapazitäten vorgehalten werden, aber Stillstandzeiten möchte man auch vermeiden.

Das war eine der ganz großen Fragen, als wir darüber beraten haben, wie wir Fertigung und Versand am selben Tag anbieten können. Wir hatten damals die Wahl zwischen besserer Anlagenauslastung durch Schichtbetrieb oder Anschaffen von zusätzlicher Produktionskapazität. Wir haben uns für zusätzliche Anlagen entschieden und halten aktuell bei Einschichtbetrieb 30 Prozent Produktionskapazität vor. Wir arbeiten mit drei Laserschneideanlagen und liefern jährlich insgesamt etwa zwanzigtausend SMD-Schablonen aus, könnten aber dreißigtausend fertigen. Das Management hatte die Aufgabe, die Produktion so zu straffen, dass alle bis Mittag eingegangenen Aufträge bis 14 Uhr abgeschlossen sind, damit sie ein paar Stunden später versandfertig sind. Das haben wir geschafft.

Wenn es um Liefergeschwindigkeit geht, darf man die Lieferdienste nicht vergessen. Sie müssen immer mehr Pakete ausliefern und sind darauf angewiesen, dass wir uns stärker an ihre Fahrten anpassen als früher. Konkret haben wir das gemerkt, als vor einiger Zeit die Abholung um eine Stunde auf 17 Uhr vorgezogen wurde. Damit hatten wir auch eine Stunde weniger Zeit für die Abarbeitung aller Aufträge.

Kunden können auch SMD-Schablonen über ihr Smartphone oder Tablet bestellen. Wie hoch ist dafür die Nachfrage und wie viele Personen haben Schablonen-Layout-Daten auf dem Smartphone?

Genau wissen wir das nicht. Ob eine Bestellung über PC oder Smartphone getätigt wird, unterscheiden wir nicht. Eine Bestellung über einen mobil optimierten Webshop oder Smartphone-App bieten wir an, damit unsere Kunden einen schnelleren Bestellweg haben. Wir arbeiten viel mit kleineren und auch größeren EMS-Fertigern, bei denen die Aufträge oft mit Termindruck verbunden sind. Per Smartphone können sie schneller als vorher die passende SMD-Schablone für ihren Fertigungsauftrag bestellen. Der Zugriff auf die Schablonen-Daten ist heute kein Problem mehr. Meist liegen sie auf einem Server oder einer Cloud, auf die ein Mitarbeiter per Smartphone zugreifen kann.

Photocad
SMD-Druckschablone mit Nanobeschichtung aus der »Performance«-Reihe von Photocad.
© Photocad

Wie schätzen Sie den Digitalisierungsgrad und auch die Digitalisierungs-Bereitschaft in der SMT-Fertigung ein?

Gerade beim Umgang mit Daten ist das Interesse an standardisierten Prozessen zu spüren. Eine übliche Vorgehensweise im Projekt ist, dass der Kunde seine Spezifikationen an die Schablone übermittelt, wir diese Daten bearbeiten und ihm zurückschicken. Die Daten gehen dann ins System des Kunden zurück, damit er prüft, ob die Schablone zu seinem Projekt passt. Dazu müssen die Daten mit unserem und dem Kundensystem kompatibel sein. Das erfordert eine gewisse Abstimmung. So eine Art der Vernetzung besteht in der Branche schon an vielen Stellen, und dieser Trend wird weitergehen. Ähnlich ist es mit Schablonen-Daten, die von uns stammen und vom Kunden für dessen automatisierte Inspektionssysteme genutzt werden.

Neben der Digitalisierung ist Miniaturisierung und höherer Produktionsdurchsatz schon lange ein Trend in der Fertigung. Wie bedienen Sie die Kundenanforderungen hier?

Durch die Einführung von Produktgruppen. Wir haben eine Basisvariante namens »Basic Plus«, mit der wir alle Standard-Anforderungen für Bauteile bis 0603 abdecken können. Für kleinere Bauteile bis 0402 sind die Schablonen aus der Reihe »Advanced« zusätzlich elektropoliert. Dadurch verbessert sich das Auslöseverhalten, und Lotpaste kann für kleinere Bauelemente aufgebracht werden. Für sehr hohe Stückzahlen ist die »Performance«-Reihe ausgelegt. Sie ist mit einer schmutzabweisenden Nanopartikelschicht überzogen, sodass die Schablone seltener gereinigt werden muss und der Durchsatz beim Lotpastendruck steigt.

Wo ist die Grenze der Miniaturisierung, die mit Schablonen noch machbar ist?

Die prinzipielle Grenze ist die Dicke des Laserstrahls, aber praktisch ist das Flächen-Seitenverhältnis der limitierende Faktor. Wenn das nicht mehr stimmt, lässt sich mit der Schablone keine Paste mehr drucken. Über ein Software Tool in unserer App lässt sich das im Vorfeld prüfen.

Inwieweit spüren Sie die anhaltende Bauteileknappheit?

Wir merken es indirekt. Unsere Kunden verschieben Projekte oder passen sie an. Verschiebungen spüren wir durch ausbleibende Aufträge und Anpassungen durch unerwartete Auftragseingänge, denn jede Projektanpassung in der SMT-Fertigung erfordert eine neue Schablone. Insgesamt halten sich diese Veränderungen in unseren Auftragsbüchern in etwa die Waage.

Wie geht bei Ihnen die Digitalisierung weiter?

Kurz- und mittelfristig werden wir die Online-Bestellvorgänge stärker automatisieren, um den Aufwand für manuelle Prüfprozesse von eingegangenen Daten zu reduzieren. Langfristig wollen wir unsere einzelnen Fertigungsstationen stärker durch Standard-Schnittstellen miteinander kommunizieren lassen – letztlich den Industrie-4.0-Gedanken umsetzen. Daten müssen dann nicht mehr per Barcode auf einem Laufzettel von Station zu Station übertragen werden, und wir versprechen uns davon eine noch geringere Fehlerrate in der Produktion.


 


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