Interview mit Axel Meyer, Photocad

»Das war eigentlich alles ein Missverständnis«

9. März 2022, 11:45 Uhr | Markus Haller
Laserautomaten in der Produktion.
© Photocad

Photocad aus Berlin fertigt und verschickt SMD-Schablonen noch am selben Tag – ohne Aufpreis. Den Grundstein für diesen Service legte ein Missverständnis, verrät Vertriebsleiter Axel Meyer.

Im Interview spricht er über die Verzahnung zwischen Bestelleingang und Produktion, Digitalisierung und die Grenzen der SMD-Schablonen.

Markt&Technik: Herr Meyer, wo stehen Sie bei der Lieferzeit im Branchenvergleich?

Axel Meyer: Unsere Standard-Produktlinie versenden wir innerhalb Deutschlands einen Tag schneller, als es innerhalb der Branche üblich ist. Geht eine Bestellung bis Mittag bei uns ein, produzieren und verschicken wir sie noch am selben Tag. Am nächsten Tag ist sie dann beim Kunden. Normalerweise zahlt man dafür eine Express-Gebühr; wir machen das schon lange als Standard, ohne Aufpreis. Wir beliefern europaweit, und da dauert der Transport, zum Beispiel nach Ungarn oder in die Ukraine, etwas länger. Dafür müssen Bestellung und Produktion eng verzahnt sein – SMD-Schablonen sind ja immer Einzelstücke.

Es sind viele Arbeitsschritte nötig, bis eine Schablone in den Versand gehen kann, und die müssen sorgfältig optimiert sein. Die positiven Rückmeldungen zeigen aber, dass sich der Aufwand lohnt. Eine kurze Lieferzeit ist auch eine gute Grundlage, um neue Kunden zu gewinnen, denn sie wird als Indikator für die Fähigkeiten eines Lieferanten angesehen.

Warum bieten Sie diesen Service an? Die Umstrukturierung der Produktion bedeutet ja auch Aufwand.

Das war eigentlich alles ein Missverständnis. Vor einiger Zeit haben mich Kunden häufiger darauf angesprochen, dass viele Anbieter SMD-Schablonen gleich am nächsten Tag liefern, und gefragt, ob wir das auch können. Was sie aber in Wirklichkeiten meinten, war, dass die SMD-Schablonen am nächsten Tag in den Versand gehen und am übernächsten Tag beim Kunden sind. Letztlich haben wir unsere schnelle Lieferfähigkeit diesem Missverständnis zu verdanken.

Wie sieht die Digitalisierung des Bestellvorgangs aus? Und wie eng sind die Systeme zum Bestelleingang und die Produktion miteinander verbunden?

Die Verzahnung zwischen Bestelleingang und Produktion ist eng, aber wir haben keine durchgängige Digitalisierung in der Form, dass ein Bestellvorgang vollautomatisiert einen Produktionsvorgang auslöst. Das ist zwar eine attraktive Idee, aber für uns ist sie nicht sinnvoll umsetzbar. Wir haben zum Beispiel keine standardisierten Formulare, über die ein Kunde seine Bestellung aufgibt. In den meisten Fällen erhalten wir eine E-Mail, in der die Anforderungen an die Schablone frei definiert werden. Wir schreiben auch kein Datenformat für die Datenanlieferung vor. Mit beidem würden wir unsere Kunden stark beschränken, und das wollen wir nicht. Solche frei definierbaren Bestellungen lassen sich nicht effizient maschinell kontrollieren, sondern hier vertrauen wir auf die Erfahrung unserer Mitarbeiter.

Gerade beim Laserschneiden darf man einen Punkt nicht vergessen: Die angelieferten Daten müssen auf ihre Verträglichkeit mit den Maschinen überprüft werden. Manche Geometrien machen den Laserschneidern Probleme, und bei ungünstigen Kombinationen aus hoher Laserleistung und bestimmten Schablonen-Blechstärken kann es vorkommen, dass sich beim Schneiden das Blech verformt. Im schlimmsten Fall resultieren daraus Maschinen-Stillstände. Solche Konsistenzprüfungen hängen von vielen Parametern ab, die sich nur mit sehr viel Aufwand durch eine automatisierte Kontrolle übernehmen lassen. Unsere Mitarbeiter beherrschen solche Dinge deutlich besser. Eine Automatisierung macht an dieser Stelle keinen Sinn.

Nach der manuellen Auftragsprüfung werden die Daten, ebenfalls manuell, in ein zentrales System eingepflegt. Produziert wird an einzelnen Inseln. Die Fertigung an einer Insel ist dann weitestgehend automatisiert, bis auf das Einspannen des Blechs in den Werkzeugrahmen und das Entgraten nach dem Laserschneiden. Die Auftragsparameter werden über Barcodes auf Laufzetteln an den einzelnen Inseln eingescannt, die Maschine übernimmt die Daten und der Fertigungsmitarbeiter muss in den meisten Fällen nur noch überwachen.

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Axel Meyer, Vertriebs- und Marketingleiter bei Photocad: »Gerade beim Umgang mit Daten ist das Interesse an standardisierten Prozessen zu spüren.«
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Es gibt also keine direkte Verbindung zwischen Bestellvorgang und Produktion.

Das stimmt. Unsere Produktion ist nicht über IT-Technik von außen zu erreichen. Wir haben auch schon über eine Schnittstelle für Kunden mit direkter Verbindung zur Produktion nachgedacht, es aber aus verschiedenen Gründen nicht umgesetzt – einer ist Sicherheit. Auch bei der Bestellung über den Webshop, bei der die Dateneingabe stärker standardisiert und der Aufwand für eine automatisierte Weiterverarbeitung geringer wäre, erfolgt eine manuelle Prüfung und Übertrag ins zentrale System. Der händische Aufwand ist hier deutlich geringer, daher möchten wir auch so viele Bestellungen wie möglich über diesen Weg laufen lassen. Der bevorzugte Bestellweg ist aber nach wie vor die E-Mail.

Gibt es neben dem Geschwindigkeitsvorteil weitere Vorteile durch die Digitalisierung?

Die Fehleranfälligkeit wird spürbar reduziert. Jedes händische Übertragen von Informationen birgt die Gefahr von Fehlern, und da ist eine Automatisierung durch Digitalisierung ein sehr großer Vorteil.


  1. »Das war eigentlich alles ein Missverständnis«
  2. Veränderung des Produktionsmanagements

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