Unrechtmäßiges Steuergeschenk

Apple muss 13 Milliarden Euro nachzahlen

30. August 2016, 14:24 Uhr | Karin Zühlke
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Beihilferechtliche Beurteilung der Kommission

Steuervorbescheide sind als solche absolut legal. Sie werden von den Steuerbehörden ausgestellt, um einem Unternehmen Klarheit über die Berechnung der von ihm zu entrichtenden Körperschaftsteuer oder die Anwendung bestimmter Steuervorschriften zu verschaffen.

Mit Hilfe der Beihilfenkontrolle will die EU erreichen, dass die Mitgliedstaaten bestimmten Unternehmen keine günstigere steuerliche Behandlung gewähren als anderen Unternehmen, sei es über Steuervorbescheide oder auf andere Weise. Insbesondere müssen die Gewinne den Unternehmen einer Unternehmensgruppe und den verschiedenen Teilen eines Unternehmens in einer Weise zugewiesen werden, die der wirtschaftlichen Realität entspricht. Das bedeutet, dass die Zuweisung so erfolgen sollte, wie es unter normalen Geschäftsbedingungen zwischen unabhängigen Unternehmen der Fall wäre (sogenannter „Fremdvergleichsgrundsatz“).

Gegenstand der beihilferechtlichen Prüfung der Kommission waren insbesondere zwei aufeinanderfolgende Steuervorbescheide der irischen Behörden, mit denen eine Methode der internen Zuweisung von Gewinnen innerhalb der beiden irischen Unternehmen Apple Sales International und Apple Operations Europe gebilligt wurde. Die Kommission hat geprüft, ob diese Methode zur Berechnung der steuerpflichtigen Gewinne für die einzelnen Unternehmen in Irland dem Unternehmen Apple einen ungerechtfertigten Vorteil verschafft hat, der nach den EU-Beihilfevorschriften unzulässig ist.

Die Untersuchung der Kommission ergab, dass die irischen Behörden mit den Steuervorbescheiden eine künstliche und weder sachlich noch wirtschaftlich gerechtfertigte interne Zuweisung von Gewinnen innerhalb von Apple Sales International und Apple Operations Europe billigten. Auf der Grundlage der Steuervorbescheide wurde der größte Teil der von Apple Sales International im Verkaufsbereich erwirtschafteten Gewinne seinem „Verwaltungssitz“ zugewiesen, das jedoch weder über operative Kapazitäten für die Bewältigung und Verwaltung des Vertriebsgeschäfts noch über andere nennenswerte einschlägige Geschäftstätigkeiten verfügte. Nur die irische Zweigniederlassung von Apple Sales International verfügte über ausreichende Kapazitäten, um Einnahmen aus dem Handelsgeschäft, d. h. aus dem Vertrieb von Apple-Produkten, zu erzielen. Deshalb hätten die von Apple Sales International im Verkaufsbereich erwirtschafteten Gewinne bei der irischen Zweigniederlassung verbucht und dort besteuert werden sollen.

Der „Verwaltungssitz“ verfügte weder über Mitarbeiter noch über eigene Geschäftsräume. Die einzigen Tätigkeiten, die mit den „Verwaltungssitzen“ in Verbindung gebracht werden können, sind begrenzte Entscheidungen ihrer Direktoren (von denen viele gleichzeitig auf Vollzeitbasis als Führungskräfte für Apple Inc. arbeiteten) über Dividendenausschüttungen, administrative Vereinbarungen und Liquiditätsmanagement. Diese Tätigkeiten generierten Gewinne in Form von Zinsen, die der beihilferechtlichen Beurteilung der Kommission zufolge die einzigen Gewinne sind, die den „Verwaltungssitzen“ zugewiesen werden können.

Ebenso hatte nur die irische Zweigniederlassung von Apple Operations Europe ausreichende Kapazitäten, Einnahmen aus dem Handelsgeschäft, d. h. aus der Produktion bestimmter Computerserien der Apple-Gruppe, zu erzielen. Deshalb hätten die von Apple Operation Europe im Verkaufsbereich erwirtschafteten Gewinne bei der irischen Zweigniederlassung verbucht und dort besteuert werden sollen.

Auf der Grundlage des Vorstehenden zog die Kommission den Schluss, dass die irischen Behörden mit den Steuervorbescheiden billigten, dass die im Verkaufsbereich erwirtschafteten Gewinne von Apple Sales International und Apple Operations Europe in künstlicher Weise ihren „Verwaltungssitzen“ zugewiesen wurden, wo sie nicht besteuert wurden. Infolgedessen zahlte Apple aufgrund der Steuervorbescheide erheblich weniger Steuern als andere Unternehmen, was nach den EU-Beihilfevorschriften unzulässig ist.

Mit diesem Beschluss stellt die Kommission weder das allgemeine Steuersystem Irlands noch den in Irland geltenden Körperschaftsteuersatz in Frage.

Die Steuerstruktur von Apple in Europa als solche und die Frage, ob die Gewinne in den Ländern hätten verbucht werden können, in denen die Produkte tatsächlich verkauft wurden, fallen nicht unter die EU-Beihilfevorschriften. Sollten Gewinne in anderen Ländern verbucht werden, so könnte sich dies jedoch auf die Höhe des von Irland zurückzufordernden Betrags auswirken (weitere Einzelheiten siehe unten).

 


  1. Apple muss 13 Milliarden Euro nachzahlen
  2. Die Steuerstruktur von Apple in Europa
  3. Beihilferechtliche Beurteilung der Kommission
  4. Auch Amazon im Visier

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