Unrechtmäßiges Steuergeschenk

Apple muss 13 Milliarden Euro nachzahlen

30. August 2016, 14:24 Uhr | Karin Zühlke
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Die Steuerstruktur von Apple in Europa

Apple Sales International und Apple Operations Europe sind zwei irische Unternehmen, die zu 100 Prozent im Eigentum der Apple-Gruppe stehen, welche letztlich von der US-amerikanischen Muttergesellschaft Apple Inc. kontrolliert wird. Sie sind berechtigt, das geistige Eigentum von Apple für die Herstellung und den Verkauf von Apple-Produkten außerhalb von Nord- und Südamerika auf der Grundlage eines sogenannten „Cost-Sharing-Agreement“, d. h. einer mit Apple Inc. geschlossenen Vereinbarung über die Kostenteilung, zu nutzen. Im Rahmen dieser Vereinbarung leisten Apple Sales International und Apple Operations Europe jährliche Zahlungen an Apple in den USA, um die im Auftrag der irischen Unternehmen in den USA durchgeführte Forschung und Entwicklung zu finanzieren. Diese Zahlungen beliefen sich im Jahr 2011 auf rund 2 Mrd. US-Dollar und sind im Jahr 2014 deutlich gestiegen. Mit diesen hauptsächlich von Apple Sales International getragenen Aufwendungen wurde mehr als die Hälfte der gesamten Forschung finanziert, die die Apple-Gruppe in den USA betreibt, um ihr geistiges Eigentum weltweit zu entwickeln. Diese Aufwendungen werden im Einklang mit den geltenden Vorschriften jedes Jahr von den Gewinnen abgezogen, die Apple Sales International und Apple Operations Europe in Irland erzielen.

Die steuerpflichtigen Gewinne von Apple Sales International und Apple Operations Europe in Irland werden auf der Grundlage eines irischen Steuervorbescheids aus dem Jahr 1991 ermittelt, der im Jahr 2007 durch einen vergleichbaren zweiten Steuervorbescheid ersetzt wurde. Dieser Steuervorbescheid war gültig, bis Apple Sales International und Apple Operations Europe im Jahr 2015 eine Änderung ihrer Strukturen vornahmen.

Apple Sales International

Apple Sales International kauft Apple-Produkte von Geräteherstellern in aller Welt und verkauft diese Produkte in Europa (sowie im Nahen Osten, in Afrika und in Indien). Apple hatte sein Vertriebsgeschäft in Europa in der Weise gestaltet, dass Kunden ihre Produkte vertraglich von Apple Sales International in Irland erwarben und nicht von den Geschäften, die die Produkte tatsächlich an die Kunden verkauften. So verbuchte Apple alle Verkäufe und die mit diesen Verkäufen erzielten Gewinne direkt in Irland.

Gegenstand der beiden von Irland erteilten Steuervorbescheide waren die interne Zuweisung dieser Gewinne innerhalb von Apple Sales International (und nicht der allgemeinere Aufbau des Apple-Vertriebsgeschäfts in Europa). Mit den Steuervorbescheiden wurde insbesondere eine zu Steuerzwecken erfolgende Aufteilung der Gewinne in Irland gebilligt: Im Rahmen der vereinbarten Methode wurde der größte Teil der Gewinne intern von Irland weg auf einen „Verwaltungssitz" innerhalb von Apple Sales International übertragen. Dieser „Verwaltungssitz“ war weder in irgendeinem Land niedergelassen noch verfügte es über Mitarbeiter oder eigene Geschäftsräume. Ihre Tätigkeiten bestanden lediglich in gelegentlichen Sitzungen des Board of Directors. Nur ein Bruchteil der Gewinne von Apple Sales International wurde seiner irischen Zweigniederlassung zugewiesen und in Irland besteuert. Der verbleibende Löwenanteil der Gewinne wurde dem „Verwaltungssitz“ zugewiesen und dort nicht besteuert.

So wurde nur ein geringer prozentualer Anteil der Gewinne von Apple Sales International in Irland versteuert, während der verbleibende Teil weder in Irland noch anderswo besteuert wurde. Im Jahr 2011 verzeichnete Apple Sales International zum Beispiel (nach im Rahmen von öffentlichen Anhörungen des US-Senats veröffentlichten Zahlen) Gewinne in Höhe von 22 Mrd. US-Dollar (rund 16 Mrd. Euro); davon wurden auf der Grundlage des Steuervorbescheids aber nur rund 50 Mio. Euro als in Irland steuerpflichtig betrachtet, während die verbleibenden Gewinne von 15,95 Mrd. Euro  unversteuert blieben. Infolgedessen zahlte Apple Sales International im Jahr 2011 in Irland Körperschaftsteuern von weniger als 10 Mio. Euro – ein effektiver Steuersatz von rund 0,05 Prozent  auf seinen Jahresgesamtgewinn. In den folgenden Jahren stiegen die von Apple Sales International verzeichneten Gewinne weiter; die auf der Grundlage des Steuervorbescheids in Irland steuerpflichtigen Gewinne nahmen hingegen nicht zu. So ging der effektive Steuersatz weiter zurück, und zwar auf nur 0,005 Prozent im Jahr 2014.

Apple Operations Europe

Auf der Grundlage der beiden genannten Steuervorbescheide aus den Jahren 1991 und 2007 profitierte Apple Operations Europe während desselben Zeitraums von einer vergleichbaren Steuerregelung. Das Unternehmen war für die Herstellung bestimmter Computerserien für die Apple-Gruppe zuständig. Auch bei diesem Unternehmen wurde der größte Teil der Gewinne intern seinem „Verwaltungssitz“ zugewiesen und weder in Irland noch anderswo besteuert.


  1. Apple muss 13 Milliarden Euro nachzahlen
  2. Die Steuerstruktur von Apple in Europa
  3. Beihilferechtliche Beurteilung der Kommission
  4. Auch Amazon im Visier

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