Die derzeitige Situation der Leiterplattenindustrie in Deutschland und Europa zeigt es deutlich: Es droht die Deindustrialisierung.
Zuletzt 2020/2021 war ein gutes Jahr für die deutsche Leiterplattenindustrie, die Hersteller durften sich über steigende Umsätze freuen. Damals hatten viele Leiterplattenwerke in China wegen Corona geschlossen. Zudem hatten die Kunden der Leiterplattenhersteller hierzulande deren Preisgefüge akzeptiert.
Doch zu diesem Zeitpunkt braute sich bereits etwas zusammen, worunter die gesamte Industrie heute leidet. Plötzlich machte das Gerücht die Runde, dass Halbleiter knapp seien – und jeder bestellte kräftig, um auf der vermeintlich sicheren Seite zu sein. Jetzt sitzen die OEMs und viele andere auf riesigen Lagerbeständen. Weil auch die Nachfrage schwächelt, leidet die gesamte Branche.
Speziell für die Leiterplattenindustrie bedeutet das in diesem Jahr: Die Umsätze werden im Durchschnitt um 10 bis 15 Prozent zurückgehen. Manche Hersteller, zu deren Absatzmärkten nicht die boomenden Sektoren Smart Metering oder Verteidigung zählen, müssen einen Umsatzeinbruch von 25 Prozent verkraften – oder verkraften ihn eben nicht mehr, siehe Würth in Schopfheim.
Zumal dies in einem wirtschaftlichen Umfeld geschieht, das durch weitere hausgemachte Negativfaktoren bestimmt wird. Sie reichen von den Energiepreisen hierzulande bis zur Regulierungswut, die die Industrie insgesamt und die Leiterplattenbranche im Speziellen lähmt.
So müssen die Leiterplattenhersteller, die die fast nur noch aus Asien zu beziehenden Grundmaterialien dort einkaufen, dafür Einfuhrzölle bezahlen. Auf die fertigen Leiterplatten aus Asien werden dagegen keine Zölle erhoben.
Das klingt abstrus, lässt aber einen winzigen Lichtblick aufscheinen. Denn müsste es nicht relativ einfach und schnell umsetzbar sein, für gleiche Wettbewerbsbedingungen zu sorgen, indem für Importe aus bestimmten Regionen Zölle erhoben werden?
Zudem wird in Asien kräftig subventioniert. Auch auf dieser Ebene müssten gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden. Ein Blick auf den Inflation Reduction Act zeigt, wie es geht: Die USA unterstützen nicht nur den Bau von Front-End-Fabs, sondern auch Packaging und Test sowie die Leiterplattenhersteller. Plötzlich sind die USA wieder zu einem attraktiven Industriestandort geworden.
Wenn es der Politik jetzt nicht schnell gelingt, Deutschland und Europa attraktiv für Investitionen und Innovationen zu machen, droht die Deindustrialisierung – vor der der BDI-Präsident Siegfried Russwurm gerade eindringlich gewarnt hat.