»EHLA eignet sich im Prinzip für alles, was rotationssymmetrisch ist und auf einer schnellen Drehkinematik bearbeitet werden kann«, sagt Jonathan Schaible, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer ILT. »Die Frage ist nur: Warum sollten wir uns auf einfache, runde Teile beschränken, wenn eine weitaus größere Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten denkbar ist?«
Aus diesem Grund arbeitet ein Team von Wissenschaftlern seit 2017 daran, eine neue Generation des Verfahrens zu entwickeln. Ihr Vorhaben: die innovative Technologie für den 3D-Druck zu nutzen. Arbeitstitel: EHLA 3D. Schaibles Promotion darüber dürfte spannende Erkenntnisse zutage fördern. »Im Zentrum steht die Frage, welche speziellen Anforderungen für Maschinen- und Systemtechnik zu erfüllen sind, um EHLA mit dem High-Speed-3D-Druck kombinieren zu können.«
EHLA 3D ermöglicht gleich mehrere einzigartige, verfahrenstechnische Vorteile: hohe Aufbauraten, große Flexibilität und Materialvielfalt und gleichzeitig eine hohe Präzision. »In naher Zukunft sollen selbst komplexe, filigrane Strukturen im großen Maßstab einfach und kostengünstig hergestellt werden können«, sagt Schaible. »Auch individualisierte Bauteile sind denkbar.«
Erste Projekte gestartet
Der erste Prototyp der Anlage ist bereits erfolgreich im Einsatz. Er wurde 2019 in Zusammenarbeit mit der Ponticon GmbH aus Wiesbaden fertiggestellt. Das Konzept dafür basiert auf dem kinematischen Prinzip des Tripoden, einer Konstruktion mit drei Linearmotoren, die über Koppelstangen mit der Bauplattform, auf der das zu bearbeitende Bauteil bewegt wird, verbunden sind. »Das funktioniert ähnlich wie bei der Transrapid-Schwebebahn«, erklärt Schaible. »Der spezielle Aufbau gleicht die Trägheitskräfte weitgehend aus. In unserem Fall kann die Bauplattform dadurch sehr schnelle und präzise Bewegungen ausführen, ohne dass dabei große Schwingungen auftreten.« Inzwischen kann die Anlage so bis zu 25 Kilogramm schwere Bauteile bearbeiten – mit bis zu fünffacher Erdbeschleunigung und Geschwindigkeiten von bis zu 200 Metern pro Minute, bei zugleich sehr hoher Präzision von 100 Mikrometern. Beim herkömmlichen Laserauftragschweißen sind gerade einmal 0,5 bis 2 Meter pro Minute üblich.
»Um die Vorteile von EHLA 3D für einen großen Anwenderkreis im industriellen Umfeld nutzbar zu machen, werden am Fraunhofer ILT derzeit zielgerichtete Forschungsarbeiten durchgeführt«, sagt Schaible. »Auf dem Weg dorthin müssen wir die Komplexität beherrschbar machen.« Zentral sind etwa Prozessüberwachungskonzepte und automatisierte Bahnplanungs-Tools; am wichtigsten bleibt zunächst die Parametervariation im Labor. Bei der Prozessentwicklung müssen alle Parameter exakt aufeinander abgestimmt werden: Geschwindigkeit, Laserleistung und Pulvermenge in Abhängigkeit von der jeweils verarbeiteten Werkstoff-Kombination. »Da gibt es noch eine Menge experimenteller und empirischer Vorarbeit zu leisten. Die ersten Interessenten aus der Industrie haben aber schon ihre Fühler ausgestreckt«, ist Schaible optimistisch. »Wir sind also genau auf dem richtigen Weg.«
Derzeit wird EHLA 3D bereits in einem Projekt des Industriekonsortiums ICTM International Center for Turbomachinery Manufacturing unter Beteiligung zahlreicher namhafter Unternehmen aus den Bereichen Luftfahrt und Turbomaschinenbau weiter erforscht; ein Folgeprojekt ist für 2022 beantragt. Weitere bilaterale sowie öffentlich geförderte Konsortialprojekte und Machbarkeitsstudien sind in Planung. Die Bandbreite der Möglichkeiten für die Fertigung und Verarbeitung von Bauteilen wird mit EHLA 3D um ein Vielfaches erweitert, gleichzeitig effizienter und umweltverträglicher.