Gleichspannungs-Gerätestecker

Höhere Energie-Effizienz mit IEC TS 62735

28. September 2018, 15:00 Uhr | Alfred Goldbacher
Entsprechend der Norm IEC TS 62735 gibt es von Seiten der Firma Schurter u. a. das DC-Netzsteckermodul GP21.
© Schurter

DC-Gerätestecker nach IEC TS 62735 sind (noch) Neuland. Vorderhand auf eine ganz spezifische Klientel zugeschnitten und aufgrund der neuen Technologie anspruchsvoll, ebnen sie den Weg für eine zukunftsgerichtete Spannungsversorgung mit enormem Potenzial für diverse Anwendungsfelder.

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Im klassischen Leistungsbereich 250 V(AC), 10 A – also bei Geräteleistungen bis 2500 W – positioniert sich Schurter mit seinen Gerätesteckern seit Jahrzehnten mit Erfolg. Diese Technologie ist standardisiert nach IEC 60320, ausgereift und in fast allen Belangen bald auch ausgereizt. Hier und dort finden sich Ansätze für Verbesserungen und Zusatzfunktionen wie Schalter, Sicherungshalter, Auszugsicherungen oder Lichtleiter zur Statusanzeige.

Mangelnde Energie-Effizienz

Mit zunehmender Anzahl der Verbraucher, welche direkt mit Gleichspannung versorgt werden wollen, muss dieser klassische Ansatz aber vermehrt hinterfragt werden. Grund: Die Energie-Effizienzbei Wechselspanung ist mäßig. Transformationen und Umwandlungen verheizen einen nicht unbeträchtlichen Teil der Energie ohne den geringsten Nutzen.

Im Zeitalter der Energiewende, in welchem eine Abkehr von Kernkraft und fossilen Brennstoffen von Politik und Gesellschaft mehrheitlich gefordert wird, gerät eben diese Energie-Effizienzverstärkt in den Fokus. Auf jedem elektrischen Haushaltsgerät prangt ein Label, wie effizient dieses Gerät mit Energie verfährt. Dasselbe Bild bei Automobilen. Die Liste lässt sich beliebig erweitern. Die Zeiten des sorglosen Umgangs mit Energie sind vorbei.

Treibende Kräfte

Kühle Rechner und Innovatoren sind die treibenden Kräfte hinter dieser Technologie: Im digitalen Zeitalter stehen Unmengen DC-betriebener Geräte im Einsatz. Die Palette erstreckt sich von der Unterhaltungselektronik über die Informationstechnologie, die Kommunikationstechnik oder künftig die Elektromobilität. Und das sind ja nur die Verbraucher. Am anderen Ende der Energieversorgungskette etablieren sich Technologien wie Photovoltaik, Windparks oder Brennstoffzellen, welche direkt Gleichstrom erzeugen.

Selbst bei der Stromübertragung wirft DC ein gewichtiges Argument in die Waagschale: die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ). Sie ermöglicht eine verlustarme Übertragung hoher Leistungen über große Distanzen. Wird Energie in Form von Gleichspannung erzeugt, übertragen und verbraucht, so wäre es nicht bloß unökologisch sondern auch unökonomisch, einen Teil dieser Energie durch Transformation zu verpuffen.

Vorreiter: Data Center

Eine Vorreiterrolle in der konsequenten Nutzung von Gleichstrom nimmt die Informations- und Kommunikationstechnologie mit ihren Rechenzentren ein. Der Ansatz, ein Datacenter mit effizienter Gleichspannung zu versorgen, liegt somit nahe. Wenn die Rechner am Ende der Kette schon mit DC arbeiten, so wäre es nur vernünftig, diesen durchgängig so zu verarbeiten. Vom Netz bis zum Chip.

Die DC-Architektur enthält deutlich weniger Komponenten als ihre Wechselstrom-Variante. Sie wird somit weniger störungsanfällig. Durch den Wegfall diverser Transformationen und Umwandlungen ergibt sich gemäß Berechnungen und Studien (ABB, Stulz und andere) bereits eine Effizienzerhöhung von der Einspeisung bis hin zum Server von 10 %. Bei den reinen Investitionen für die elek­trische Infrastruktur wird eine Reduktion von 15 % angenommen.

Es geht um Energie

Das Schlüsselwort für den effizienten und ökonomischen Einsatz von Gleichstrom darf aber nicht Datacenter lauten. Es muss Energie heißen! Neben dem Datacenter bietet sich ein weites Feld an Anwendungsfeldern an, welches noch gar nicht vollumfänglich abgeschätzt werden kann. Naheliegend wäre etwa die komplette Gebäudetechnik – oder Smart- und Microgrids.

Gerade Letztere sind durch die Möglichkeit eines autarken Betriebs auf eigene Stromerzeuger oder -speicher angewiesen, die in DC anfallen. Beispiele für Microgrids wären etwa kritische Infrastrukturen, Krankenhäuser oder Blaulichtzentralen. Doch auch in Entwicklungsländern werden Microgrids eine zentrale Rolle einnehmen. Insbesondere in schwierig zu erschließenden Regionen. Sie bilden regelrechte Energie-Inseln, die sich selbst versorgen müssen. Mit erneuerbarer Energie.

Der neue DC-Standard: IEC TS 62735

Schurter ist seit Jahren an der Entwicklung des neuen IEC-Standards TS 62735 beteiligt. Seit August 2015 existiert auf Seiten der Leistungsverteilung der Standard IEC TS 62735-1 für Stecksysteme bis 2,6 kW. Für höhere Leistungen bis 5,2 kW, welche nicht mehr unter Last (Lichtbogen) getrennt werden dürfen, wurde der Standard IEC TS 62735-2 im Dezember 2016 verabschiedet. Auch geräteseitig sind die Normierungen in vollem Gange. Einer Lösung auf der Netzseite wird also eine auf der Seite der Geräte hinzugefügt.

Kompatibilität fördert den Umstieg

Bei der Ausrüstung von IT-Infrastruktur, z.B. in einem Datacenter, müssen sämtliche Geräte sicher betrieben werden können. Entsprechend ist es bei einer Umstellung von AC zu DC wichtig, dass die verwendete Hardware sowohl an 230 V(AC) wie auch an 400 V(DC) betrieben werden kann. Zur Sicherstellung, dass die Versorgung im Gerät richtig abgegriffen wird, werden neu mechanisch codierte Stecksysteme vorbereitet, welche die beiden Versorgungssysteme AC und DC sicher gewährleisten sowie ein Verpolen in jedem Fall verhindern.

Auszugsicherung unterbindet potenzielle Gefahren

In den höheren Leistungsbereichen bis 5,2 kW ist ein Unter­brechen unter Last zu unterbinden. IEC 62735-2 beschreibt Komponenten mit einem automatischen oder mechanischen Interlocking. Das bedeutet: Entweder wird der Stromkreis bei Trennung unter Last frühzeitig durch einen Schalter o. ä. automatisch unterbrochen, oder ein mechanischer Schalter sorgt für die Ver-/Entriegelung und gleichzeitige Stromkreisschließung respektive -trennung.

Die gängigen Auszugsicherungen, welche man von den AC-Produkten nach IEC 60320 kennt (V-Lock, SecureLock, Verriegelungsbügel etc.) haben damit nur wenig gemeinsam.

Lastverteilung

In einem Datacenter müssen sehr viele Geräte an die Stromversorgung angeschlossen werden. Aus diesem Grund sind auch die Lastverteilung und Verteileinheiten bezüglich der angeschlossenen Lasten richtig zu dimensionieren, damit sowohl die elektrische wie auch die thermische Belastung der Komponenten innerhalb der sicherheitstechnischen Grenzen zu liegen kommen. Mittels Aktivitätsanzeigen und der Kenntnisse aus den thermischen Verhältnissen können so die Erfahrungen in die neuen AC/DC-Stecksysteme übernommen werden.

Norm-konforme Schnittstellen für die Geräteseite

Verschiedene Firmen wie Schurter konzentrieren sich auf die weltweit standardisierte Steckverbindung auf der Geräteseite. Demzufolge darf man davon ausgehen, dass der neue DC-Netzstecker GP21 kein Schattendasein wird fristen müssen.

Die Entwickler erarbeiten bereits Konzepte für geräteseitige Lösungen für Gerätesteckdosen, (Inlet-Kombielemente) Power Entry Modules, Filter und berücksichtigen die sicherheitsrelevanten Schutzeinheiten für 400 V(DC) vor Überstrom und Überspannung. (nach Unterlagen von Schurter)


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