Einkabelsysteme für Servomotoren werden immer beliebter. Verständlich, denn weniger Anschlusstechnik bedeutet weniger Kosten und Installationsaufwand. Aber welche Eigenschaften müssen die Hybridkabel haben, damit sie auch nach jahrelanger mechanischer Beanspruchung noch zuverlässig funktionieren?
Relevant für die Frage, ob sich der Motor dreht, ist die Qualität des Signals, das beim Empfänger ankommt«, erklärt Thomas Pikkemaat, Produktmanager für Antriebstechnik bei Helukabel und kaufmännischer Betriebsleiter des Werks in Windsbach. »Je weniger Störungen von außen in das Signalelement eindringen, desto sauberer kommen die Daten beim Empfänger an. Verantwortlich für den Schutz vor EMV-Emissionen ist der Schirm des Datenpaares. Je länger dieser im Einsatz intakt bleibt, desto länger bleibt die Schutzfunktion erhalten.« Schon im Frühjahr 2014 hat Helukabel mit realitätsnahen Langzeit-Schleppkettentests nachgewiesen, dass die digitale Datenübertragung via Hiperface-DSL-Protokoll in seinen Hybridkabeln auch nach über fünf Millionen Zyklen funktioniert. Auf der Hannover-Messe präsentierte der Kabelhersteller damals mit seiner Servokabelserie Topserv erstmals ein Standardkabel für die Einkabeltechnik. Zu dem Zeitpunkt fehlte den Antriebsherstellern noch die Langzeiterfahrung mit der Technik im Feld.
Waren Servomotoren bei traditionellen Zweikabelsystemen mit separaten Kabeln für Energieversorgung und Gebersignal an den Regler angeschlossen, wird bei dem Einkabelsystem die Geberleitung für das Motor-Feedback in die Servoleitung integriert. Damit können die Leistungsadern aber auch leichter die Übertragung von Daten stören, zumindest dann, wenn nicht für eine gute und dauerhafte gegenseitige Abschirmung der Leitungen gesorgt wird. In statischen Anwendungen halten solche Schirmungen beinahe unbegrenzt. Anders sieht es hingegen bei Anwendungen mit mitfahrenden Achsen und Kabeln in Schleppketten aus, wie bei Robotern, Werkzeugmaschinen und Handling-Systemen. Eine Reduktion der Schirmwirkung führt schlimmstenfalls zu unlesbaren Gebersignalen. Die Wahl eines ungeeigneten Kabels kann sich so erst Monate nach der Inbetriebnahme einer Maschine zeigen.
Durch welche Maßnahmen lässt sich also für dynamische Anwendungen eine dauerhafte und zuverlässige Schirmung erzielen? »Schirmgeflechte aus blanken oder verzinnten Kupferdrähten können durch mechanische Zugbelastung im Außenradius brechen. Dadurch kann sich die Schirmwirkung mit der Zeit reduzieren«, erläutert Pikkemaat. »Um das zu verhindern, müssen Flechtwinkel und Bedeckungsgrad der Geflechtschirme in Hybridkabeln auf die Dynamik der Anwendung, die erforderlichen Biegeradien und Geschwindigkeits- und Beschleunigungsparameter optimal abgestimmt werden. Nur so lässt sich sicherstellen, dass die EMV-Abschirmung auch nach mehreren Millionen Zyklen erhalten bleibt.« Um eine möglichst dauerhafte Abschirmung sicherzustellen, sollten Hersteller den Geflechtdraht immer in einem stumpfen Winkel um die Adern legen. Das führt zu einem höheren Bedeckungsgrad und einer besseren Elastizität –gleichzeitig werden die Zugkräfte reduziert.
Installationsaufwand deutlich reduziert
Bei der praktischen Einführung der Einkabeltechnik kommt es also auf die Wahl der passenden Spezialkabel an. Das zeigt auch das Beispiel von IMA Klessmann, Hersteller von Maschinen und Fertigungsstraßen für die Holzbearbeitung in der Möbelindustrie. Das Unternehmen verwendet bei seinen Bohrsystemen und Fertigungsmaschinen zur CNC-Bearbeitung die Einkabeltechnik OCT (One-Cable-Technology) von Beckhoff Automation. »Durch die Einkabellösung konnten wir bei unseren Bohrmaschinen den Installationsaufwand um schätzungsweise 20 bis 30 Prozent senken. Kabelkonfektionierung, Montage und Verlegung kosten weniger Zeit«, berichtet Marcel Sulewski, Teamleiter im Elektro-Einkauf bei IMA.
»Der Platzgewinn durch das Einkabelsystem war jedoch geringer, als bei einer Halbierung der Kabelanzahl erwartet, denn es sind auch die größeren Leitungsquerschnitte in den Schleppketten zu berücksichtigen.« Dafür sparen sich Hersteller beim Konfektionieren und Verlegen Zeit: Kabel lassen sich schnell austauschen und die Ersatzteilhaltung wird vereinfacht, weil keine zwei verschiedenen Kabel für Geber und Leistung mehr benötigt werden. IMA setzt die Einkabeltechnik in seinen Anwendungen bis zu 30 Meter abgesetzt vom Schaltschrank ein. Die ersten Maschinen sind mittlerweile seit über einem Jahr im Einsatz. Sulewski sagt: »Auch bei mehreren Millionen Zyklen gab es meines Wissens noch keinen Ausfall.«