Versorgungsengpässe weiten sich 2018 aus

Produktionsstörungen drohen

1. Februar 2018, 12:51 Uhr | Engelbert Hopf
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Beruhigung der Auftragseingänge

Bei TDK Europe führt Josef Vissing, Deputy Head of Sales, die Engpässe und langen Lieferzeiten vor allem bei MLCCs vor allem auf den weltweit deutlich gestiegenen Bedarf an diesen Kondensatoren speziell für Automotive-Applikationen wie Fahrerassistenzsysteme und andere elektronische Steuereinheiten zurück. Das Marktumfeld war aus Sicht von Vissing 2017 ausgesprochen günstig: »Insbesondere ist unser Geschäft in Europa nach wie vor von einem starken Geschäft mit Produkten für die Automobilelektronik sowie von einem sehr guten Industrie-Geschäft geprägt.« Er erwartet deshalb für 2018 ein deutliches Wachstum für TDK in Europa. Wie er bestätigt, gibt es auch bei TDK Lieferengpässe; diese betreffen MLCCs und Induktivitäten in kleinen Bauformen für Automotive-Sicherheitsanwendungen sowie Leistungskondensatoren für Industrieanwendungen. Er geht aber nicht davon aus, dass sich die Lieferzeiten in nächster Zeit deutlich verkürzen werden.

Markt & Technik
Josef Vissing, Deputy Head of Sales bei TDK »...starkes Geschäft mit Produkten für die Automobilelektronik sowie sehr gutes Industrie-Geschäft.«
© Markt & Technik

Für Oliver Konz, CEO von Würth Elektronik eiSos, bleibt die Liefersituation auch 2018 die große Herausforderung. »Wir haben bereits 2017 und wir werden auch 2018 kräftig in F&E, Produktion und Logistik investieren«, versichert er, »aktuell planen wir etwa die Verdoppelung unseres Zentrallagers für passive Bauelemente am Standort Waldenburg, das 2020 in Betrieb gehen wird«. Aus seiner Sicht waren 2017 vor allem SMD-Ferrite und MLCCs von Lieferengpässen betroffen. »Der Grund lag im sprunghaft gestiegenen Mehrbedarf zu Beginn 2017 und den Abkündigungen im Markt«. Mit einer baldigen Entspannung der Situation rechnet er nicht: »Die Situation wird sich weiter zuspitzen und bei mehr und mehr Bauteilen zu Allokation führen. Der aktuelle Marktbedarf ist real und lässt sich nicht von heute auf morgen abbilden«.

Markt & Technik
Oliver Konz, CEO von Würth Elektronik eiSos »Wir werden auch 2018 kräftig in F&E, Produktion und Logistik investieren.«
© Markt & Technik

Welche negativen Auswirkungen die aktuelle Liefersituation haben kann, auch wenn man selbst lieferfähig ist, macht Anton Roth, Sales Director Components der Isabellenhütte Heusler, deutlich: »Ein Kunde kann nur so viele PCBs verarbeiten, wofür er alle Komponenten erhalten hat. Lieferanten, die mehr liefern könnten, sind dadurch in ihrem Wachstum limitiert.« Auch als Hersteller eines Nischenprodukts wie Shunts profitiert das Unternehmen von den Megatrends im Automotive-Bereich wie der steigenden Elektrifizierung, dem autonomen Fahren und den höheren Sicherheitsstandards. Auf Seiten der Kunden hat Roth in den letzten Monaten eine Veränderung des Einkaufsrichtlinie beobachtet, einen verstärkten Trend zu Dual-Source- und Multiple-Source-Strategien.

»Mit einer Entwicklung wie dieser hat keiner gerechnet«, gibt Joachim Klingler, Stellvertretender Vertriebsleiter bei Frizlen, zu. Verrückt, anders könne man 2017 nicht beschreiben, und eine Entspannung der Situation ist für ihn nicht in Sicht: »Im Gegenteil, wir sehen weitere Verschärfungen in manchen Bereichen.« Positiv bewertet er den Umstand, dass in der aktuellen Marktsituation bei den Kunden neue Hersteller und Lieferanten freigegeben werden. »Anstrengend«, mit diesem Wort charakterisiert Dr. Thomas Ebel, Geschäftsführer von ­FTCAP, das Jahr 2017. Auch als Nischenanbieter beobachtet er eine Verlängerung der Lieferzeiten bei Elkos und Filmkondensatoren. »Mittelfristig«, so seine Hoffnung, »werden in Asien einige Teile der Lieferkette ihre Hausaufgaben machen«.

Nach Einschätzung von Falko Ladiges, verantwortlich für das Produktmarketing PEMCO bei WDI, dürfte die Situation für die großen Bedarfsträger derzeit weniger dramatisch sein als für die Mittelstandskunden: »Das Volumen­geschäft wird im Großen und Ganzen weiter beliefert, was allerdings zu Lasten anderer Kunden geht«. Besonders eng ist es aus seiner Sicht bei Melf-Widerständen, Präzisionswiderständen sowie Induktivitäten und Keramik-Chipkondensatoren: »Fakt ist, die Fertigungskapazitäten sind vielfach komplett ausgelastet. Natürlich hat die Situation auch dazu geführt, dass die Kunden bereitwilliger waren, Alternativ-Produkte zu qualifizieren«, stellt er fest. Für das 1. Quartal 2018 rechnet er mit einer weiteren Verschärfung der Liefersituation bei bestimmten Produkten.

»2017 wurden viele initiative Lösungsvorschläge bei den Kunden mit der Begründung abgelehnt, man müsse sich um die Beschaffung kümmern«, schildert Falko Neubert, CTO von Endrich Bauelemente, ein Phänomen des Vorjahres. Er hofft darum, dass seine Mitarbeiter 2018 wieder genügend Termine und Zeit bei den Kunden bekommen, um den Kunden lösungsorientiert die neuesten Produkte ihrer Hersteller vorstellen und entsprechende Lösungen erarbeiten zu können. Aus seiner Sicht sind die Probleme im Bereich Dickschichtwiderstände dadurch entstanden, dass die Preise zu niedrig waren und darum nicht in neue Maschinen und Fertigungskapazität investiert wurde. Viele Kunden seinen deshalb von Dick- auf Dünnschicht-Widerstände umgestiegen, was auch dort zu Knappheit führte. Bei Shunts und Strom-Messwiderständen sieht er den Grund der Knappheit darin, dass diese Produkte erst in den letzten Jahren wirklich populär wurden und deshalb nun viele Projekte gleichzeitig gestartet sind. Er rechnet deshalb für die nächsten Monate mit einer anhaltend schwierigen Liefersituation.

Ferdinand Leicher, Vice President Sales EMEA bei Bourns, rechnet – vor dem Hintergrund der eigenen Investitionen in die Steigerung der Produktionskapazität sowie die entsprechenden Maßnahmen der Wettbewerber – ab dem 2. oder 3. Quartal 2018 mit einer Reduzierung der Lead-Times. »Wir haben uns deshalb bei Bourns nach dem Wahnsinnsjahr 2017 auf eine mögliche Abschwächung ab dem 3. oder 4. Quartal 2018 vorbereitet.« Aufgrund des hohen Order-Books wird nach seiner Einschätzung das 1. Quartal für Bourns in Europa sehr gut werden. Er verweist auch darauf, dass nach seiner Beobachtung nach wie vor viele Kunden gezwungen seien, alternative Hersteller freizugeben, um ihre Lieferfähigkeit sicherzustellen. Ob das auch noch in einigen Monaten notwendig ist, wird die Zukunft zeigen.


  1. Produktionsstörungen drohen
  2. Entspannung der Liefersituation erst ab 2019.
  3. Beruhigung der Auftragseingänge
  4. Branchenbarometer: Ein Wahnsinnsjahr für Hersteller und Distributoren

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!