Kommentar

Von der Kunst des Einkaufs

27. März 2018, 13:33 Uhr | Engelbert Hopf Chefreporter • EHopf@markt-technik.de
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Partnerschaftliches Verhalten war die Sache von José Ignacio López nicht. Als Vorstand für Produktionsoptimierung und Beschaffung bei VW änderte er in den 1990er Jahren den Verhandlungsstil mit Zulieferern: Fallende Einkaufspreise auf 5 Jahre festzuschreiben, war neu.

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In Zeiten eines Einkäufermarktes, wie es ihn die letzten sieben, acht Jahre im Elektronikbereich gab, lassen sich Kostenreduzierungen in Verhandlungen einfach umsetzen. Wessen Jahresprämien an Einsparungsvorgaben gebunden waren, der konnte diese relativ einfach erreichen. Nur funktioniert das jetzt nicht mehr. Wichtigste Aufgabe des Einkäufers ist heute die Preisstabilisierung und vor allem die Wahrung der Versorgungssicherheit.

Viele Vertriebsleiter stellen jedoch fest, dass es offenbar gerade die großen Unternehmen sind, die sich mit dem aktuellen Wandel schwer tun, nach der Devise: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Dabei hätte es schon geholfen, sich nur die Auftragsbestätigungen durchzulesen. Wenn es aber nicht sein kann, dass der global tätige Automobilzulieferer durch einen fehlenden Widerstand stillgelegt wird, dreht sich die Eskalationsschraube ganz schnell hoch. Vertriebsleiter großer Hersteller passiver Bauelemente dürfen dann CEOs oder CTOs erklären, was eigentlich ein Widerstand ist.

Ideal wäre in dieser Situation sicher ein proaktiv reaktives Handeln. Der Einkäufer, der es sich leisten kann, versucht, sich die Komponenten und Subsysteme, die für ihn kritisch sind, aufs Lager zu legen. Einzelne Brände werden sich so nicht vermeiden lassen, aber wenn inzwischen selbst Komponentenhersteller Second-Sourcing-Freigaben einfordern, dann ist es zu spät, sich nur auf seinen Firmennamen zu verlassen.

Es ist ja nicht so, dass die Komponentenhersteller nicht versuchen zu helfen, aber mit dem großen Hammer erhöhen sich die Produktionskapazitäten nicht. Langfristige partnerschaftliche Zusammenarbeit manifestiert sich auch darin, ob wie im Fall japanischer Hersteller die Kunden zumindest noch mit dem beliefert werden, was sie volumenmäßig in den Vorjahren erhalten haben, oder ob ein Komponentenhersteller seine Produktionskapazitäten versteigert.

Alles, was sich im Vorfeld eventueller Eskalationen regeln lässt, hilft. Wer sich auf einen Hersteller oder einen Versorgungskanal festlegt, wird schneller in der Versorgungsfalle sitzen als derjenige, der rechtzeitig für alternative Produktfreigaben sorgt. Der zudem proaktiv ein Risikomanagement betreibt, der Bauelemente für die Entwicklung dann sperrt, wenn sie sich absehbar dem Ende ihres Lebenszyklus nähern. Im Prinzip klingt das einfach, doch ein proaktiver strategischer Einkauf scheint eher die Ausnahme als die Regel zu sein. Und wer rechnet denn auch schon damit, dass sich am Bauelementemarkt mal was ändern könnte?


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