Neben MLCCs und Widerständen sieht Joachim Pfülb, Vertriebsleiter bei Beck Elektronik, inzwischen auch Dioden auf dem Weg zu sehr langen Lieferzeiten, hauptsächlich am Automotive-Markt. Bei Widerständen ist nach seinen Informationen die Marktnachfrage derzeit einfach größer als auch die ausgeweiteten Produktionskapazitäten. Für das 1. Quartal dieses Jahres rechnet er mit sehr vielen Lieferproblemen und weiteren Preiserhöhungen: »Die Unterversorgung bleibt auch 2018 bestehen und zusätzlich belasten Preiserhöhungen die Kundenbeziehungen. Bei den MLCCs haben sich inzwischen die Preise zum Teil mehr als verdoppelt«. Pfülb verneint auch die Frage, ob es sinnvoll sei, die Linecard um neue Hersteller zu erweitern: »Aktuell betrifft die Situation weltweit alle Hersteller. Es ist kein Hersteller zu finden, der die Qualität und Lieferfähigkeit hat, um jetzt aktiv vermarktet zu werden.«
Auch Harald Sauer, Director Sales & Technical Support bei Taiyo Yuden Europe, rechnet für 2018 mit keiner Entspannung der Liefersituation: »Wie das Vorjahr wird 2018 durch Engpässe am Markt geprägt sein und die Hauptaufgabe wird sein, die Produktionen bei den Kunden aufrecht zu erhalten.« Sauer bestätigt, dass MLCCs die bei Weitem am stärksten betroffene Produktgruppe war und ist, wenn es um verlängerte Lieferzeiten geht. Einzig positiver Aspekt der derzeitigen Situation ist für ihn die Tatsache, »dass die Bereitschaft beim Kunden, Neufreigaben zu verwirklichen, deutlich größer geworden ist«.
Alexander Schenkel, General Manager Sales EMEA & Japan bei AVX, ist sich sicher, »dass 2018 auf jeden Fall die Ceramic Hi CVs knapp bleiben werden, weil der Bedarf am Markt momentan einfach höher ist als die zur Verfügung stehenden Fertigungskapazitäten.« Der Unterschied zwischen 2016 und 2017 besteht für ihn darin, »dass der Fokus Anfang 2016 noch auf dem Preis und optimaler Lagerhaltung lag; 2017 erhöhten sich die Bedarfe der Kunden nochmals, aber die Lager waren fast leer«. Ging es 2016 noch um Kostenoptimierung, hatte 2017 das Thema Verfügbarkeit oberste Priorität. Auch er bewertet es positiv, »dass Freigaben 2017 einfacher gingen und sowohl von Kunden als auch von Distributoren angestoßen wurden«.
Olaf Lüthje, Senior Vice President Business Marketing Vishay Passives, weist darauf hin, »dass es speziell Standardbauelemente wie MLCCs und Dickschicht-Chipwiderstände sind, die besonders von der Verknappung am Markt betroffen sind: »Bei diesen Produkten haben viele Kunden, besonders im Automobil- und Industriebereich, nur einige wenige Hersteller freigegeben«. Bei diesen Standardbauelementen mit ihren im Allgemeinen niedrigen Preisen und den entsprechend geringen Margen sieht er von Seiten der Branche wenig Interesse an Kapazitätserhöhungen. »Die langen Lieferzeiten sind zum Teil ja auch deshalb entstanden, weil sich einzelne Hersteller von diesen Produkten distanzieren.« Er geht aktuell davon aus, »dass selbst eine Beruhigung der Auftragseingänge für einige Produktlinien aufgrund der hohen Auftragsbestände erst mittelfristig zu einer Entspannung führen würde«.