Lanxess und der Automobilzulieferer Kautex Textron haben in einer mehrjährigen Kooperation untersucht, ob sich großformatige Hochvolt-Batteriegehäuse für Elektrofahrzeuge vollständig mit technischen Thermoplasten fertigen lassen. Das Ergebnis ist ein erster technischer Demonstrator.
Ziel des Projektes war es, die Vorteile von thermoplastischen Kunststoffen gegenüber Metallen in puncto Gewichts- und Kostenreduktion, Funktionsintegration und elektrischem Isolationsverhalten darzustellen. »Wir haben dabei vollständig auf den Einsatz von metallischen Verstärkungsstrukturen verzichtet. Außerdem ging es darum, Wege zur wirtschaftlichen Fertigung der komplexen Großbauteile aufzuzeigen«, erklärt Felix Haas, Director Product Development von Kautex Textron. Im nächsten Schritt wollen beide Partner die Ergebnisse der Zusammenarbeit nutzen, um mit Automobilherstellern in Entwicklungsprojekte zur Serienproduktion einzusteigen.
Mit einer Länge und Breite von je 1400 mm handelt es sich beim seriennahen Demonstrator um ein technisch anspruchsvolles Vollkunststoff-Gehäuseteil mit einem Gewicht im mittleren zweistelligen Kilogrammbereich. Der Demonstrator wurde in Anlehnung an das Batteriegehäuse eines Mittelklasse-Elektrofahrzeugs entwickelt. Er besteht aus einer Gehäusewanne mit Crash-Struktur, einem Gehäusedeckel und einem Unterfahrschutz. Die Gehäusekomponenten können in einem einstufigen D-LFT-Formpressprozess (Direct Long Fibre Thermoplastic, Direktverfahren) nacharbeitsfrei hergestellt werden. Der Spezialchemie-Konzern Lanxess hat als Material für die D-LFT-Formmasse „Durethan B24CMH2.0“ optimiert. Kautex Textron compoundiert das Polyamid 6 für den Prozess mit Glasfaser-Rovings. Die lokale Verstärkung der Gehäusestruktur erfolgt über endlosfaserverstärkte thermoplastische Verbundwerkstoffe der Marke „Tepex dynalite“ von Lanxess. »Der Prozess ermöglicht kürzere und damit wirtschaftlichere Zykluszeiten als die Verfahren, bei denen Stahl oder Aluminium verarbeitet werden«, erläutert Haas.
Kein aufwendiges Metallumformen
Gehäuse für Hochvolt-Batterien werden zurzeit vor allem aus extrudierten Strangpressprofilen aus Stahl oder Aluminium gefertigt. Die Gehäuselänge und -breite kann je nach Fahrzeugklasse deutlich über 2000 bzw. 1500 mm liegen. Ihre Größe, die Zahl der Komponenten und die zahlreichen Herstellungs- und Montageschritte machen die Metallgehäuse zu sehr kostenintensiven Bauteilen. So fallen zahlreiche sekundäre Arbeitsschritte – wie Schweißen, Stanzen und Nieten – an, wenn Strukturen aus Strangpressprofilen in komplexe Gehäusebauteile überführt werden. Außerdem müssen die metallischen Bauteile in einem zusätzlichen Prozessschritt durch eine kathodische Tauchlackierung gegen Korrosion geschützt werden.
»Kunststoffe können dagegen ihre Formgebungsfreiheiten voll ausspielen. Durch die Integration von Funktionen – wie etwa Befestigungselementen und Komponenten des Thermomanagements – lässt sich die Zahl der Einzelkomponenten eines Batteriegehäuses stark verringern. Dadurch vereinfachen sich die Montage und der logistische Aufwand, was die Fertigungskosten senkt«, verdeutlicht Dr. Christopher Höfs, Projektmanager e-Powertrain bei Lanxess. Kunststoffe sind zudem korrosionsfest und elektrisch isolierend. Letzteres sorgt zum Beispiel dafür, dass das Risiko von Kurzschlüssen sinkt. Die niedrige Dichte von Kunststoffen und ihr Potenzial zum konstruktiven Leichtbau führen zu deutlich leichteren Gehäusen. Das kommt dann unter anderem der Reichweite der Elektrofahrzeuge zugute.
Spezielle Anforderungen
Hochvolt-Batteriegehäuse haben eine komplexen Mix an technischen Anforderungen zu erfüllen. So müssen sie etwa besonders steif und fest sein und gleichzeitig eine hohe Energieabsorption bei einem Crash zeigen. Dies wird unter anderem in mechanischen Schock- und Crash-Tests geprüft. Weiterhin ist es erforderlich, dass sich die Gehäuse im Fall eines Fahrzeugbrands oder eines thermischen Durchgehens der elektrischen Zellen flammwidrig verhalten. Zudem müssen sich die Gehäuse möglichst einfach in die Fahrzeugstruktur integrieren lassen.
»Wir arbeiten weiterhin gemeinsam daran, die Fertigung und strukturelle Auslegung der Bauteile zu optimieren«, sagt Höfs zum aktuellen Stand der Dinge. Das Ziel sei es, den Großteil der Entwicklungsarbeit dabei virtuell zu leisten, um zum Beispiel beim Prototyp-Design Kosten zu sparen und die Time to Market künftiger Serienbauteile zu verkürzen.«