Obsoleszenzmanagement

Die Digitalisierung dauert leider noch

10. Juni 2022, 13:59 Uhr | Heinz Arnold
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Digitalisierung mit smartPCN

Genau dieser Überzeugung ist auch Robert Juricic von D+D+M: »Mitarbeiter damit zu beschäftigen, die eintrudelnden PCNs, oft über 200 pro Monat, händisch einzugeben, ist einfach Verschwendung von Ressourcen.« Diese Daten müssen den internen Produktnummern zugeordnet werden, auf die Produkte gemapt werden, und mithilfe von Daten aus anderen Quellen wird dann versucht, die Auswirkungen zu untersuchen, um dann zu Aktionen zu kommen, die diese Auswirkungen möglichst minimieren. »Das muss ohne Medienbrüche digitalisiert werden.«

Dazu setzt er auf smartPCN – und warnt sogleich: »smartPCN ist kein Tool, sondern ein Format für die Datenbeschreibung, angelehnt an den Standard IEC 62402, basierend auf XML – und Royalty-free.«

Das Team der D+D+M hatte sich überlegt, wie sich die Flut der eingehenden E-Mails automatisch bearbeiten ließe. Daraus sind über die vergangenen sechs Jahre »pcn.cockpit« und die Datenbank »pcn.gobal« entstanden. Bei pcn.global werden alle eingehenden konventionellen PCN-E-Mails in das smartPCN-Format umgewandelt. Das pcn.cockpit empfängt dann alle PCNs aus der pcn.global Datenbank. Die einfache Weiterleitung aller Meldungen ohne Herausgabe der eigenen Daten und das Matchen gegen die globale Datenbank bieten eine extrem hohe Sicherheit.

Juricic
Robert Juricic, D+D+M: »Wir können jetzt konventionelle PCN-E-Mails ins smartPCN-Format bringen, es gibt keine Medienbrüche mehr, der Return of Invest kommt schnell, denn alle Unternehmen können jetzt weltweit dieselbe Sprache sprechen.«
© IIOM

pcn.cockpit arbeitet in dem Unternehmen, das die E-Mails empfängt. Es führt die automatische Zuordnung der Produktnummern durch und zeigt alle passenden PCNs, auch die, die aus anderen Quellen stammen. Der PCN-Administrator bestätigt die Treffer und erhält alle davon betroffenen Produkte angezeigt. Mit wenigen Klicks werden Workflows generiert, um den Einfluss auf die Produkte zu analysieren. Daraus wird entschieden, welche Aktionen durchgeführt werden sollen, z. B. Last Time Buy oder Redesign. Das geht schnell und effizient, und es handelt sich um einen definierten Prozess. Kann die Produktnummer des Herstellers nicht zu 100 Prozent der internen Produktnummer zugeordnet werden, genügt ein Klick und das System kennt ab sofort die Zuordnung.

Besteht keine Zuordnung, dann wird dieses Teil mit wenigen Klicks ausgeschlossen. Ein weiterer Vorteil: Alle Informationen der klassischen PCN bleiben erhalten. Textteile, die nicht in das Format passen, werden in einem Anhang gespeichert und lassen sich dort jederzeit einsehen. Das System ist also zu 100 Prozent digital End-to-End, basiert auf smartPCN, ist sicher und bietet den direkten Zugang zum jeweiligen ERP-System. »Unsere Kunden sagen uns, dass sie damit bis zu 90 Prozent des früher erforderlichen Aufwands sparen können, der Return of Invest kommt schnell – und alle Unternehmen weltweit können jetzt dieselbe Sprache sprechen«, so Juricic.

Richter
Dr. Detlev Richter, TÜV Süd: »Auf PCNs zu warten, die per E-Mail in den unterschiedlichsten Formaten eingehen oder auch mal verloren gehen, um sie händisch einzugeben, kann nicht mehr funktionieren, das muss automatisiert und digitalisiert werden.«
© IIOM

Die Produktionsmaschinen nicht vergessen!

Doch Obsoleszenzmanagement darf nicht nur eine Frage der Risikoabschätzung für Komponenten, deren Komponenten und der Substanzen durch die Lieferkette sein. Martin Steinleitner, Partner von Syliom Consulting, machte darauf aufmerksam, dass sich das Obsoleszenzmanagement notwendigerweise auf die Maschinen erstrecken muss, auf denen die jeweiligen Produkte gefertigt werden: »Produktionsmaschinen können auch obsolet werden, das muss unbedingt abgebildet werden. Es muss vorausberechnet werden, welche Anpassungen vorgenommen werden müssen hinsichtlich dem, was in ein oder zwei Jahren kommen wird.«

Die Supply Chain wird besser

Doch wenn die Herausforderungen wachsen, so nimmt aller Erfahrung nach auch die Aufmerksamkeit zu, die einer Sache gewidmet wird. Für die Teilnehmer der IIOM war das keine Frage, sie kennen die Problematik. Aber es scheint sich durchaus etwas zu tun. »Vor 35 Jahren, als ich mit der Elektronikindustrie in Kontakt kann, war Obsolescence Management ein Problem – jetzt ist es eine Industrie, wenn ich mich hier so umschaue«, sagte Georg Steinberger vom FBDi in seiner Keynote. Und wie Scott Wilson von S&P Global (bis vor Kurzem IHS Markit) beobachtet hat, ist nicht nur die Obsolescence-Gemeinde gewachsen, sondern durchaus auch die Aufmerksamkeit, die dem Thema jetzt geschenkt werde: »Die gute Neuigkeit ist: Die Supply Chain wird besser darin, die Informationen zur Verfügung zu stellen, alle sind sich der Lieferkette mit all ihren Lieferrisiken bewusster geworden.«

Trotz der enormen Arbeit, die noch vor allen Beteiligten liegt, um die Lieferketten transparenter zu machen und zu einer gemeinsamen, digitalen Sprache zu kommen, ein versöhnlicher Ausklang der Veranstaltung, auf dessen Networking-Höhepunkt – ein bayerischer Abend in einer Traditionsgaststätte – sich nun die Teilnehmer freuen durften.


  1. Die Digitalisierung dauert leider noch
  2. Digitalisierung mit smartPCN
  3. Das war die fünfte internationale Obsoleszenz-Konferenz

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