Frischer Wind bei Endrich

»Weniger ist mehr, dafür aber umfassend«

16. April 2018, 12:28 Uhr | Karin Zühlke
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Ganzheitliches Denken

„Weniger ist mehr, dafür aber umfassend“, so lautet Ihr Credo – was genau bedeutet das für den neuen Weg von Endrich?

Ich bin der Ansicht, wenn man etwas macht, dann muss man sich auf bestimmte Dinge konzentrieren, um diese ganzheitlich abwickeln zu können. Man kann nicht alles machen und man kann es schon gar nicht allen recht machen. Ein Beispiel aus dem Alltag: Man kann nicht mit einer 5 m breiten Schneeschaufel den Schnee schieben, denn damit man kommt etwa 5 cm weit, dann bleibt man stecken. Ich nehme also nur die 50 cm breite Schippe, muss zwar dafür mehrmals schieben, aber ich komme damit zum Erfolg.

Ganzheitliches Denken wird in der Distribution zukünftig noch mehr an Bedeutung gewinnen. Warum?

Die großen Kunden versuchen möglichst direkt beim Hersteller zu kaufen und fragen: Was macht der Distributor eigentlich und warum brauche ich den Distributor überhaupt? Im KMU-Segment wird man als Distributor nur wahrgenommen, wenn man in der Lage ist, den Kunden zu verstehen, ihm viel abnehmen kann und sich ganzheitlich für seine technischen Probleme interessiert. Das ist ein Punkt, der wird in Zukunft immer weiter an Bedeutung gewinnen. Einerseits wird immer mehr auf den Distributor abgewälzt, andererseits muss der Kunde das Gefühl haben, dass sich der Distributor um das Paket, das er vom Kunden bekommen hat, gut und umfassend kümmert.

Eine Aussage von Ihnen ist „Das Optimum der Kundenbindung heißt: Am Ende zieht der Kunde – wir müssen nicht schieben“. Was meinen Sie denn damit?

Das ist ein Zitat von Dr. Bauer, dem Vorstandsvorsitzenden von Sick, einem meiner früheren Arbeitgeber. Das heißt, wenn ich es schaffe, den Kunden als Lieferant so weit zu überzeugen, dass er sagt, „ich möchte wirklich nur mit genau diesem Distributor arbeiten, und die anderen links und rechts interessieren mich nicht“, dann zieht der Kunde und ich muss nicht ständig hinterherlaufen.

Endrich Bauelemente
© Endrich Bauelemente

Innovationen fördern das Kaufverhalten des Kunden – auch in der Distributionswelt. Welche Chancen ergeben sich daraus?

Viele verbinden mit dem Begriff „Innovation“ gleich „High Tech“. Aber das High-Tech-Produkt ist ja nur ein Teil des Ganzen. Es zählen auch die Beratung und der Service drum herum. Eine Innovation kann also auch sein, dass man die Anforderung des Kunden insgesamt zu betrachten weiß und ihm ein schlüssiges Gesamtkonzept darlegt, das ihm einen echten Benefit bringt. Dann ist der Kunde viel leichter zu überzeugen, auch wenn es z.B. etwas mehr kostet.

Dieser Ansatz wird die Distributionswelt mehr und mehr prägen. Nur das Produkt auf den Tisch zu legen reicht eben nicht. Es geht um das Gesamtkonzept vom Logistikpartner zum Full-Solution-Provider: Produkte/Systeme plus Beratungen plus Services bis hin zu Garantien und Gewährleistungen.

Sie sagen, „Partner sein heißt auch Fairness, Vertrauen, Verlässlichkeit, und zwar auf allen Seiten“. Wie erfüllen Sie diesen hehren Anspruch mit Leben?

Mein oberstes Prinzip ist Ehrlichkeit. Das muss ich natürlich als Vorgesetzter vorleben, denn ich habe eine Vorbildfunktion. Als Chef muss man die Mitarbeiter auch mal machen lassen und nicht alles kontrollieren, sondern Vertrauen an den Tag legen. Und ganz wichtig: Es muss intern in der Firma sauber funktionieren, damit man diese Werte auch nach außen tragen kann.

Wenn man etwas zusammen erreichen will, muss man ganzheitlich denken und Teamgeist beweisen. Es ist wie im Fußball: Wenn man erfolgreich sein will, müssen alle an einem Strang ziehen.

Ein Beispiel sind Verträge: Ich habe festgestellt, dass wir die erfolgreichsten Projekte mit Lieferanten machen, die keine Verträge mit uns haben. Mit Chinesen z.B. sind Verträge eher kontraproduktiv, hier zählt ein Handschlag mehr. Manchmal muss man Dinge etwas lockerer sehen und nicht durch die juristische Brille, sondern mit Fairness, Vertrauen und Verlässlichkeit. Das ist im Privatleben so und auch im Berufsleben.

Die Frage darf angesichts der prekären Situation nicht fehlen: Wie schätzen Sie die Lage bei der Verfügbarkeit von Bauelementen ein?

Bei den Kondensatoren ist die Lage wirklich katastrophal. Das Problem ist, dass ein Hersteller zugesagt hat, den Mehrbedarf decken zu können, was dann leider doch nicht der Fall war, anstatt von vorne herein klar zu kommunizieren: „Wir können real 110 Prozent liefern, aber mehr nicht.“ Vielleicht wurde teilweise nicht unbedingt ehrlich miteinander umgegangen, womit wir wieder beim vorhin besprochenen Thema wären.

Die Situation bei diesem Hersteller sieht so aus, dass am Ende auch nicht 110 Prozent, sondern nur 85 Prozent geliefert werden. Der Hersteller hat schlichtweg nicht im großen Stile investiert, weil er Sorge hatte, dass die Kapazitäten in zwei Jahren nicht mehr gebraucht werden. Aber derzeit wird dort ein weiterer Maschinenpark aufgebaut, was uns hoffen lässt, dass sich die Liefersituation bei diesem Hersteller künftig wieder entspannt.

Wie lösen Sie das Dilemma?

Wir sprechen offen und früh genug mit den betroffenen Kunden, legen ihnen die Situation dar und versuchen gemeinsam, Lösungen zu finden, wie bspw. Verstärkung unseres Koordinationsteams hinsichtlich Logistik oder Ähnliches.


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