Sourceability verdoppelt Kundenzahl

»Verfügbarkeit ist oft nur eine Frage des Preises«

26. April 2022, 14:38 Uhr | Karin Zühlke
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Verfügbarkeit aufgrund des Russland-Ukraine-Krieges ?

Kommen wir nochmal zurück zum Anfang. Ihr Umsatz ging quasi raketenartig nach oben. Welche Auswirkungen hatten die Lieferengpässe auf Ihr Angebot?

Die Ware, die im Markt wirklich verfügbar ist, hat sich reduziert, weil mehr Ware in Lagerbeständen angelegt wurde. Wir sehen also, dass deutlich mehr bevorratet wird.

Das heißt, das Kundenverhalten hat sich in Bezug auf die Supply Chain in den letzten beiden Jahren spürbar verändert?

Die Kunden wurden mehr oder weniger gezwungen, sich neue Beschaffungswege zu suchen, weil ihre bestehende Supply Chain nicht mehr funktioniert hat.

Die Kunden wollen definitiv mehr Informationen, auch in Echtzeit, und sind auch bereit, für Informationen Geld zu bezahlen.

Außerdem sehen wir, wie bereits erwähnt, dass die Kunden ihre Lagerbestände vergrößern. Sie haben inzwischen gern mal sechs bis zwölf Wochen, teilweise sogar bis zu sechs Monate Lagerbestand für ihre Produktion vorrätig, sodass sie nicht jeden Tag Feuer löschen müssen.

Gut ersichtlich ist das über unser neues Produkt Datalynq, eine Funktion, die zeigt, wie sich Lagerbestände auf Artikelnummern-Ebene entwickelt haben, und entsprechend Alerts setzt. Wir haben 2021 große Stückzahlen gesehen, wo sich Bestände von einer Million durchschnittlichem Lagerbestand in der Distribution innerhalb von vier Wochen auf 200.000 reduziert haben und der Nachfluss nicht mehr gegeben war.

Wie stark leidet die Verfügbarkeit aufgrund des Russland-Ukraine-Krieges?

Russland hat ein Prozent des Weltbedarfs im Elektronikkomponenten-Bereich, das ist nicht viel. Wenn ein Automobilhersteller keine Kabelbäume mehr aus dem Kriegsgebiet geliefert bekommt, wird er auch die Elektronik nicht so schnell brauchen. D. h. auf Elektronikseite wird sich die Situation etwas entspannen. Aber es wird Verschiebungen geben. Was mir Bauchschmerzen bereitet, sind die Handelsbeschränkungen – damals beginnend mit Trump und China. Jetzt sehen wir, dass die Welt sich vereint mit Beschränkungen gegen Russland. Diese werden vermutlich keinen so großen Einfluss auf die Elektronik-Branche haben.

Aber der Bedarf an Mil-Spec-Bauteilen für den Militär-Bereich wird weltweit deutlich steigen. Deutschland allein hat bekanntlich 100 Milliarden Euro für Rüstung freigegeben. So etwas war bislang undenkbar. Auch Osteuropa wird seine Militärausgaben erhöhen. Da werden wir sehen, wie wir diesen Bedarf bedienen können.

Sehen Sie dazu bereits Early Indicators auf der Sourcengine?

Der Fokus auf die Militär-Elektronik wurde vielfach nicht mehr gesetzt. Das hat sich inzwischen schlagartig verändert. Der Markt ist eng begrenzt, da wird natürlich jetzt nach Kapazitäten Ausschau gehalten. Also: Ja, derartige Bedarfe wurden bei uns innerhalb von einer Woche sichtbar. Darüber hinaus brauchen Sie nur die Börsenkurse von Firmen wie Rheinmetall zu verfolgen. Auch da werden die Bedarfe evident.

Wo werden darüber hinaus noch Frühindikatoren sichtbar?

Im Grunde bei allem, was längere Produktlebenszeiten hat, etwa Automotive und das Medical-Segment. Interessant ist dabei auch, dass die Automobilhersteller erwägen, sich direkt Ware zu inventarisieren und für die Produktion den Zulieferern beizustellen.

Solche Überlegungen kommen meines Erachtens sehr spät.

Sie müssen bedenken, Kapitalbindung für Inventar, also Lagerbestände, hat unmittelbar Einfluss auf den Börsenkurs; hauptsächlich bei deutschen Autoherstellern spielt das eine große Rolle.

Abschließend: Was empfehlen Sie den Kunden aufgrund der aktuellen geopolitischen Lage?

Als globales Unternehmen sind wir natürlich zutiefst betrübt über den Krieg in der Ukraine und vor allem über seine Auswirkungen auf Millionen von Menschen. Die vollständigen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die Branche der elektronischen Bauelemente werden sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen. Die Kunden werden sich auf anhaltende Lieferengpässe einstellen müssen, die durch das geopolitische Umfeld noch verschärft werden. Wir werden die Situation weiterhin genau beobachten und mit unserem globalen Lieferantennetzwerk unsere Kunden bei der Bewältigung dieser Auswirkungen unterstützen.


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