Unter dem Strich soll es im Anschluss zwei unabhängig voneinander agierende Konzerne geben: einerseits Daimler Truck für das Lastwagen- und Busgeschäft, andererseits Mercedes-Benz für das Auto- und Vangeschäft. Auch wenn es das Ende der gelebten Tradition eines Mischwarenladens unter einer Daimler-Dachgesellschaft ist, wird der Schachzug am Markt positiv bewertet. »Die Separierung wird Daimler Truck die Chance geben, das Geschäft konsequent auf die Anforderungen der Lkw-Industrie und deren Nutzergruppen auszurichten«, meint Mobilitätsexperte Joachim Deinlein vom Beratungsunternehmen Oliver Wyman. Eigenständig habe Daimler Truck die Chance, einfacher Partnerschaften mit anderen Firmen einzugehen und auch den Vertriebs- und Serviceauftritt konsequenter einer »Lkw-Logik« zu unterwerfen.
Tatsächlich ist es so, dass die Trucksparte öffentlich bisher meist als Anhängsel des Pkw-Geschäfts bei Daimler betrachtet wurde. Letztlich steht das Thema Auto beim Endverbraucher mehr im Fokus, und auch zahlenmäßig sind die Unterschiede gewaltig: So steuerte der Auto- und Vanbereich im ersten Halbjahr 55 Milliarden Euro zum Gesamtumsatz bei, der Truck- und Busbereich gerade mal 18,7 Milliarden Euro.
Daimler Truck sei laut Technologievorstand Gorbach bisher eher im Windschatten der Pkw-Sparte unterwegs gewesen. Das werde sich ändern. »Wir können unser Geschäftsmodell und unsere Wertigkeit künftig transparenter machen – für die Investoren, aber auch für die Kunden und die Öffentlichkeit, vielleicht sogar für die eigenen Mitarbeiter.«
So ist wohl nur Branchenkennern bekannt, dass Daimler Truck bei schweren Nutzfahrzeugen Weltmarktführer ist: Vor allem auf dem wichtigen nordamerikanischen Markt sind die Schwaben mit der Marke Freightliner stark vertreten. Ob das Unternehmen diese Stellung verteidigen kann, dürfte auch vom Erfolg der Strategie mit alternativen Antrieben abhängen. Hier setzen die Stuttgarter auf klassische Elektro- sowie Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lkw. Die Konkurrenz experimentiert teils auch mit Fahrzeugen, die auf der Straße aufwendig über Oberleitungen mit Strom versorgt werden.
Daimlers Hauptzielmarkt für die alternativ angetriebenen Lkw ist zunächst Europa. Im Oktober soll die Serienproduktion des Mercedes-eActros, eines ersten elektrisch angetriebenen 25-Tonners für den schweren Verteilverkehr, starten. Bei den von Wasserstoff und Brennstoffzellen angetriebenen Lastwagen peilt man einen Serienstart erster Modelle bis 2027 an. Diese 40-Tonner sollen dann Reichweiten von bis zu 1000 Kilometern ohne Tank-Zwischenstopp haben.
Wann sich damit unter dem Strich Geld verdienen lässt, bleibt eine wichtige Frage. Im Lkw-Geschäft geht es den Firmenkunden noch viel stärker als im privat dominierten Pkw-Geschäft um schlichte Kostenvergleiche, und da ist der Diesel-Lkw führend. »Wir müssen dahin kommen, dass es sich für den Kunden betriebswirtschaftlich lohnt, auf einen CO2-neutralen Lkw umzusteigen«, sagt Gorbach. Heißt: Die Masse der Kunden wird wohl erst dann umsteigen, wenn es sich für sie rechnet. So also, wie es vor 125 Jahren auch der Fall war.