Elektronik automotive: Gibt es länderspezifische Herausforderungen, zum Beispiel, wenn man Deutschland mit den USA oder China vergleicht?
Rick Flores: Zusätzlich zu technischen Ansprüchen gibt es wachsende Anforderungen von spezifischen Märkten. Daher stellt AUTOSAR sicher, dass konkrete Marktbedürfnisse berücksichtigt werden. Einerseits ist AUTOSAR durch regionale Repräsentanten in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus China, Indien und Japan. Andererseits soll die regionale Zusammenarbeit sicherstellen, dass technische Anforderungen ihren Weg in die Releases finden. Um AUTOSAR als globalen Standard zu stärken, ruft die Partnerschaft bei Bedarf zusätzliche regionale Work Packages ins Leben, um die regionalen Märkte besser zu unterstützen. Eine Schnittstellenfunktion zum regional agierenden Standardisierungsgremium Jaspar existiert bereits. Derzeit gibt es wenige US-basierte Aktivitäten/Konferenzen/Workshops, die Ingenieure zum Austausch rund um AUTOSAR-Themen zusammenbringen. Allerdings besteht ein wachsender Bedarf nach AUTOSAR-Experten in den USA. Die Partnerschaft prüft aktuell, ob es Interesse gibt, ein US-basiertes AUTOSAR Remote Work Package einzurichten, das die globalen Ziele fördern soll. Zu meinen persönlichen Zielen als AUTOSAR-Sprecher und Mitglied des Steering Committee gehört es, die Zusammenarbeit zwischen US-amerikanischen OEMs und Zulieferern auf der Basis von AUTOSAR zu fördern.
Elektronik automotive: Es gibt viele Releases – welche Version sollten die Anwender bevorzugen? Was tun Sie, um den Nutzern Hilfe zu bieten, beispielsweise hinsichtlich Kompatibilität oder der Anwendung in einer gemischten Umgebung?
Rick Flores: Innerhalb des AUTOSAR-Standards sind zu jedem Zeitpunkt nur maximal zwei aktive Release-Zweige erlaubt. Das bedeutet, dass zwei Major Releases gleichzeitig gewartet werden. Eines der Hauptziele von AUTOSAR ist die Sicherstellung von Rückwärtskompatibilität. Dies gibt den Partnern Vertrauen, wenn sie in ihrer Serienproduktion auf spätere Versionen des Standards wechseln. Falls nötig, dienen Revisions der Einführung von Fehlerbehebungen und Qualitätsverbesserungen. Auf diese Weise gelingt es der AUTOSAR-Partnerschaft, die Balance herzustellen zwischen der Einführung aufkommender innovativer Features und Technologien auf der einen Seite und der Forderung nach Stabilität auf der anderen Seite.
Elektronik automotive hat letzten Dezember eine Leserumfrage durchgeführt. Eine der Fragen war: Welche Verbesserungen bei AUTOSAR wären sinnvoll? Die Antwort war „Stabilisierung“. Was machen Sie, um diese Anforderung zu erfüllen?
Rick Flores: AUTOSAR fokussiert sich weiterhin darauf, die Stabilisierung der aktuellen Releases sowie Rückwärtskompatibilität sicherzustellen. Weitere Ziele bestehen in einer kontinuierlichen Funktionserweiterung und der Entwicklung eines effizienten Arbeitsprozesses basierend auf einer flexiblen Work Package-Struktur. Ein wichtiger Schwerpunkt ist auch langfristige Brauchbarkeit, um zukünftige Marktansprüche zu erfüllen. Da eine langfristige Planungsbeständigkeit sowohl für OEM als auch für Zulieferer äußerst wichtig ist, adressiert AUTOSAR dieses Thema mit einer neuen Release-Strategie, die detailliert die Lebenszyklen der Releases definiert. Zusätzlich werden neue AUTOSAR-Konzepte unabhängig von Release-Zeitplänen entwickelt. Der Konzept-Entwicklungsprozess enthält als integralen Bestandteil die Validierung der Konzepte. Nach der Validierung eines Konzepts entscheiden die Work-Package- und Projektleiter-Teams, ob das Konzept den festgelegten Reifegrad erlangt hat und in welches Release es aufgenommen wird. Die Inhalte der Konzepte spiegeln die Anforderungen des Markts wider und zeigen, dass AUTOSAR über viele verschiedene Fahrzeugsegmente hinweg genutzt wird.
Elektronik automotive: Ein anderes Schlagwort ist (Cyber-) Sicherheit. Wie unterstützen Sie dieses Thema?
Rick Flores: AUTOSAR hat 2013 eine neue Konzept-Gruppe ins Leben gerufen, um sich mit der wachsenden Anforderung zu befassen, Fahrzeugnetzwerke sicher zu machen und Schwachstellen zu reduzieren. Um Risiken vorherzusehen und um Integrations- und Qualitätsprobleme zu vermeiden, hat die Partnerschaft begonnen, APIs zu standardisieren. Die Aktivitäten fokussieren in erster Linie auf die Authentizität von Nachrichten, also auf die Identifizierung von einem gesicherten Sender für Nachrichten, die über den Kommunikationsbus im Fahrzeug erhalten werden und die Intaktheit der Nachricht, sprich festzustellen, ob eine Nachricht während der Übermittlung manipuliert wurde.
Elektronik automotive: Quo vadis AUTOSAR – was sind die Ziele für die nächsten zehn Jahre?
Rick Flores: In Zukunft konzentriert sich AUTOSAR auf die Stabilisierung der unterstützten Features und die Verfeinerung der Methodologie. Allerdings werden neue Technologien und die stetig wachsende Komplexität der E/E-Architekturen die Weiterentwicklung von AUTOSAR antreiben. Technologietreiber wie funktionelle Sicherheit, Ethernet-TCP/IP-Kommunikation, Multi-Core, Sicherheit und neue Diagnose-Vorschriften sowie die Unterstützung spezifischer regionaler Bedürfnisse werden den Entwicklungsschwerpunkt in den nächsten Jahren darstellen. Das nächste Minor Release 4.2 ist für Oktober 2014 geplant und wird neue, bereits von den Partnern geforderte Konzepte einführen. Außerdem hat das AUTOSAR Steering Committee die Bildung einer spezifischen Arbeitsgruppe innerhalb der führenden AUTOSAR-Arbeitsgruppen autorisiert, um Anforderungen und Anwendungsbeispiele für künftige Automotive-Anwendungen zu sammeln. Die Ergebnisse dieser Gruppe werden die kurz-, mittel- und langfristige Ausrichtung der Partnerschaft beeinflussen.