Von V2G über Festkörperbatterien bis zur Cybersecurity: Die Automobil-Branche steht vor vielen Herausforderungen. Hwee Yng Yeo, Automotive Solutions Lead bei Keysight Technologies, wagt einen Blick in die Zukunft.
Einer der wichtigsten Investitionsbereiche des öffentlichen und privaten Sektors sind die dezentralen Energieressourcen. Im Oktober 2023 kündigte das US-Energieministerium an, 3,5 Milliarden Dollar für den Ausbau von Wind- und Solarenergiekapazitäten, den Schutz von Stromleitungen vor extremen Wetterbedingungen, die Integration von Batterien und Elektrofahrzeugen sowie den Aufbau von Microgrids zur Aufrechterhaltung des Stroms bei Stromausfällen bereitzustellen. Das ist Teil der 10,5 Milliarden Dollar, die für den Ausbau von Übertragungsleitungen, die Verbesserung der Netzresilienz und die Einrichtung von Smart-Grid-Technologien zur Verfügung stehen.
Elektrofahrzeuge werden allmählich Vehicle-to-Grid- (V2G-) fähig. So wird das Fahrzeug zu einem »Batteriepack«, der einen bidirektionalen Stromfluss ermöglicht und in der Lage ist, gespeicherten Strom zurück ins Netz zu leiten. Der Anschluss von V2G-fähigen Elektrofahrzeugen an das Netz ist jedoch äußerst komplex, und die Hersteller von dezentralen Energiequellen für Elektrofahrzeuge müssen diverse Normen und Zertifizierungsverfahren erfüllen, bevor sie als V2G-kompatibel auf den Markt kommen können.
Es hat fast 30 Jahre gedauert, bis sich SSDs (Solid-State-Drives) durchgesetzt haben. Obwohl die Arbeit an Festkörperbatterien für Elektrofahrzeuge erst vor gut einem Jahrzehnt begann, befinden sie sich jetzt bereits in der Endphase der Feinabstimmung und bieten den Autoherstellern eine Reihe von Vorteilen, darunter:
Dieses Jahr wird die Forschung im Bereich der Festkörperbatterien intensiviert, wobei das Marktwachstum im asiatisch-pazifischen Raum – gefolgt von Europa und Amerika – am stärksten sein wird. So kündigte Südkorea eine Investition von 15 Milliarden Dollar an, um Festkörperbatterien bis 2030 zu kommerzialisieren. Die chinesische Guangzhou Automobile Group verfolgt einen noch aggressiveren Zeitplan: Sie will bis 2026 alle Fahrzeuge mit Festkörperbatterien ausstatten.
Seit November 2023 hat BMW wie zuvor Mercedes die SAE-Level 3 für bedingt autonomes Fahren im Portfolio. Der Fahrer kann unter bestimmten Bedingungen legal die Hände vom Lenkrad nehmen, muss aber die Kontrolle wieder übernehmen, wenn er dazu aufgefordert wird. Andernfalls steuert das Auto selbstständig einen sicheren Haltepunkt an.
In naher Zukunft werden die Automobilhersteller die Fähigkeiten des selbstfahrenden Fahrens im Level 3 weiter verfeinern, um sie in zunehmendem Maße in Privatfahrzeugen verfügbar zu machen. Parallel dazu wird die Kommerzialisierung des selbstfahrenden Fahrens auf Level 4 fortgesetzt.
Um jedoch die Risiken und Haftungen für selbstfahrende Fahrzeuge zu minimieren, müssen die Sensoren und Algorithmen, die den menschlichen Fahrer ersetzen, in zahlreichen Iterationen des Designs validiert und getestet werden. Eine der größten Herausforderungen besteht darin, die Algorithmen für den Umgang mit realen Verkehrsszenarien zu trainieren, von langsamen Landstraßen bis hin zu hektischem Stadtverkehr zu Stoßzeiten und der einmaligen Situation, dass ein Elch die Straße überquert.
Je mehr Systeme und Technologien in Fahrzeuge integriert werden, desto größer wird die Angriffsfläche für Cyberkriminelle. Mit der Weiterentwicklung von Cyber-Hacking-Tools stehen Sicherheitsteams vor der Herausforderung, Bedrohungen zu entschärfen, die über direkte Angriffe auf Fahrzeuge hinausgehen und Flotten, Mobilitätsanwendungen und -dienste sowie die Ladeinfrastruktur von Elektrofahrzeugen ins Visier nehmen.
Im Jahr 2024 wird das Ökosystem der Automobilindustrie weiterhin in die Verbesserung und Erhöhung der Cybersecurity während des gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs investieren – vom Design über die Produktion bis hin zur Wartung. Dazu gehören strenge Fahrzeugtests – von der Bitübertragungsschicht, wie Bordnetze, Kommunikation und Elektrofahrzeug-Ladeanschlüsse, bis hin zur Sicherung von Protokollen auf der Anwendungsebene.
Hwee Yng Yeo
ist eine Fürsprecherin für Clean-Tech-Innovationen und arbeitet mit dem Keysight-Team für Design- und Testlösungen für Elektromobilität zusammen, um Endanwender in diesem komplexen Energie-Ökosystem mit Lösungen zu verbinden, die ihre nächste Innovation ermöglichen. Sie ist Solutions Marketing Manager innerhalb des Automotive- und Energieportfolios von Keysight.
Bevor sie zu Keysight kam, war Hwee Yng Nachrichtenjournalistin mit einer Leidenschaft für die Themen Umwelt und Nachhaltigkeit. Sie schloss ihr Studium der Botanik an der National University of Singapore mit Auszeichnung ab und hat ein besonderes Interesse an Ökologie. In ihrer Freizeit arbeitet sie mit Nichtregierungsorganisationen auf den Philippinen zusammen, um kostengünstige netzunabhängige Elektrifizierungs- und technische Ausbildungsprogramme zu unterstützen.