Weg vom Öl

GKN Automotive entwickelt »grüne« Schmierstoffe

26. September 2023, 8:34 Uhr | Irina Hübner
© GKN Automotive

Schmierstoffe sind für den Automotive-Sektor von essenzieller Bedeutung, denn ohne sie läuft nichts. Aufgrund des enormen Verbrauchs werden die Forderungen nach grünen oder Recycling-Schmierstoffen lauter. GKN Automotive startet nun ein Projekt zu grünen Schmierstoffen.

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Nicht nur die Kolben, Zylinder, Nocken- und Kurbelwellen eines Verbrennungsmotors müssen mit Motoröl versorgt werden, insgesamt benötigen über 200 bewegliche Teile eines Pkw Fette oder Schmierstoffe, um den einwandfreien Betrieb zu gewährleisten.

Dazu gehört beispielsweise die Mechanik des elektrischen Fensterhebers ebenso wie die Sitzverstellung eines jeden Pkws. Besonders bei Antriebswellen muss auf die exakte Zusammensetzung von Schmierstoffen und deren Additivierung geachtet werden, da sie das Drehmoment des Motors vom Getriebe auf die Achsen und Räder übertragen.

Schmierstoffe sorgen dafür, dass Antriebswellen ein Autoleben lang zuverlässig ihren Job erledigen. Sie müssen mit Temperaturen von -40° bis +150° C zurechtkommen, sind extremen Druckbelastungen ausgesetzt, halten ihre Schmierfähigkeit über Jahre hinweg konstant und dienen zudem als Wärme-Ableiter.

10.000 Tonnen Schmierfette pro Jahr

Der britische Hersteller GKN Automotive verwendet für die Befüllung seiner Antriebsstränge mehr als 10.000 Tonnen Schmierfette pro Jahr. Dieser hohe Bedarf erklärt sich beim Blick auf jedes einzelne Fahrzeug: Ein Mitteleklasse-Pkw benötigt etwa 800 bis 1.000 Gramm an Schmierfetten für die Antriebswellen, ein Kleinwagen bis zu 500 Gramm.

Laut dem National Lubricating Grease Institute (NLGI) betrug das Volumen des weltweiten Marktes für Schmierfette im Jahr 2021 rund 1,2 Millionen Tonnen. Aufgrund dieses enormen Verbrauchs werden die Forderungen nach grünen oder Recycling-Schmierstoffen immer dringender formuliert.

Eigenentwicklungen von Schmierölen und Fetten erforderlich

Abdichtsysteme und Materialien bei GKN Automotive: »Wir müssen unsere CO2-Bilanz schon während des Herstellungsprozesses optimieren, das fordern mittlerweile auch immer mehr Kunden«, sagt Thorsten Scholtz, Leiter der Entwicklungsabteilung Schmierstoffe, Abdichtsysteme und Materialien bei GKN Automotive. »Waren wir in der Vergangenheit reiner Abnehmer von Schmierölen und Fetten, entwickeln wir unsere Schmierstoffe zunehmend selbst. Bei den mineralischen Schmierfetten auf Ölbasis sind wir mit der ersten Eigenentwicklung bereits sehr erfolgreich, zwei weitere Produkte werden in 2024 folgen.«

Elektrofahrzeuge benötigen andere Schmierstoffe

Die zunehmende Verbreitung von Elektrofahrzeugen muss auch in der Entwicklung und Herstellung von Schmierstoffen für Antriebswellen berücksichtigt werden. Aktuell verwendet GKN Automotive bis zu zwölf unterschiedliche Schmierfettsorten für verschiedenste Fahrzeugtypen. Hierbei spielen Gewicht, Antriebsart sowie die Motorleistung eine entscheidende Rolle - je höher die Beschleunigungswerte und Drehmomente, desto komplexer sind die Anforderungen an den Schmierstoff im Inneren der Antriebswellen.

»Elektroautos sind momentan sehr leistungsstark ausgelegt, dementsprechend müssen wir unsere Schmierstoffe anpassen«, so Scholtz. »Die richtigen Additive helfen uns hier bei der Abstimmung und sorgen für die optimale Performance bei  besonders leistungsstarken Elektrofahrzeugen. Eine unserer Aufgaben als Entwicklungspartner der Automobilhersteller ist hier, belastbare Lebensdauermodelle für unsere Produkte in diesen Fahrzeugen zu entwickeln und zu etablieren.«

Erstes Produkt für 2024 geplant

Bis zu 80% des Fetts zur Schmierung von Antriebs- und Seitenwellen besteht aus Mineralölkomponenten, hier sieht GKN Automotive ein großes Potenzial für »grüne« Schmierstoffe.

Dazu Dr. Christoph Lindlahr, Product Development Manager für Schmierstoffe bei GKN Automotive: »Wir sind mittendrin im Entwicklungsprozess zum nachhaltigen, pflanzenbasierten Schmierfett. Im Jahr 2024 wollen wir die Evaluierungsphase für ein erstes Produkt starten. Wenn wir hier den Performance-Unterschied von mineralischen zu pflanzlichen Schmierstoffen überwinden, sind wir ein großes Stück weiter. Auch die Reduzierung des Lithiumgehalts ist ein wichtiger Schritt hin zum ‚grünen‘ Schmierfett. Als vielversprechende Alternativen zu Fetten auf Mineralölbasis erweisen sich beispielsweise Rizinus- und Rapsöl, wobei die größte Herausforderung bei der Entwicklung von pflanzlichen Schmierstoffen die Temperatur- und Oxidationsstabilität sowie die Wasserbeständigkeit darstellt. Langfristig rechnen wir damit, rund 50% unseres Verbrauchs mit nachhaltigen Produkten ersetzen zu können.«


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