Dass Daimler sich für einen mittelgroßen SUV als erstes Fahrzeug der EQ-Familie entschieden hat, sieht Branchenexperte Peter Fuß vom Beratungsunternehmen Ernst & Young als eine gute Entscheidung, um erstmal Geld zu verdienen, weil diese Typen sich in den meisten Regionen der Welt als gleichermaßen beliebt erwiesen hätten. »Ein deutscher Vorstand kann nicht mit hohen Verlusten vor seine Aktionäre treten», hatte er jüngst dem Handelsblatt gesagt – eine Anspielung auf Tesla-Chef Elon Musk. Dass den deutschen Herstellern gleich der ganz große Durchbruch gelingt, glaubt er hingegen nicht. Dazu sei zum Beispiel das Laden noch zu kompliziert.
»Der Zug ist noch nicht abgefahren«
Zu spät sei es laut Autoexperte Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach noch nicht. Mit dem EQC und dem, was die anderen deutschen Hersteller im Köcher hätten, wachse ernstzunehmende Konkurrenz für Tesla heran. Deren Marktchancen schätzt Bratzel als durchaus gut ein: »Es ist nicht so, dass da schon alle Züge abgefahren sind.« Für die Autohersteller sicherlich eine interessante Einschätzung.
Allerdings: Gerade in der Premium-Klasse sei das Thema nicht rechtzeitig und lange nicht mit der nötigen Konsequenz angegangen worden – mit Folgen für das Ansehen der deutschen Autobauer: »Das Thema Elektromobilität hat viele Innovations-Imagepunkte gekostet«, bilanziert Bratzel. Deutschland, lange Zeit in Sachen Auto immer das Nonplusultra, sei diesmal eben nicht ganz vorne mit dabei.
Deutschland muss aufholen
Leitmarkt für die Elektromobilität ist Deutschland allerdings nicht. Gut 17.200 reine Elektrofahrzeuge wurden im ersten Halbjahr 2018 in Deutschland neu zugelassen, dazu noch knapp 16.700 Hybrid-Autos. Zusammen macht das zwar ein Plus von 51 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und einen Marktanteil von immerhin nun 1,8 Prozent, wie Bratzels Institut kürzlich in einer Studie dargelegt hat. Gemessen vor allem an China, dem europäischen Elektro-Primus Norwegen oder auch den Niederlanden ist das jedoch allenfalls Durchschnitt.