Interview: Thomas Ulbrich, Volkswagen

»E-Autos für Millionen, nicht nur für Millionäre«

18. Oktober 2018, 10:52 Uhr |
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Welche Rolle die Fahrzeugintelligenz spielt

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»Sowohl die neuen Player als auch die OEMs haben in Bezug auf die Kundenattraktivität von E-Fahrzeugen noch einiges zu tun.«
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Dann lassen Sie uns einen Blick auf die Produktionen werfen. Der e.Go Life wird nach Firmenaussagen in einer „Industrie-4.0-Vorzeigefabrik“ hergestellt, die zu den modernsten Automobilproduktionen in Deutschland gehört. Kann VW da mithalten?

Bei Volkswagen setzen schon heute alle Fabriken auf Industrie-4.0-Technik, das geht gar nicht anders. Wir schauen uns natürlich mit Interesse an, was das e.Go-Life-Team in Aachen macht. Dabei muss man allerdings immer die völlig unterschiedlichen Zielsetzungen der Fahrzeugkonzepte im Blick behalten. Wir gehen in die Volumenproduktion mit 1500 Fahrzeugen arbeitstäglich an einem einzigen Standort – eine Zielsetzung, die es bei dem von Ihnen genannten Startup so nicht gibt. Wir machen mit dem MEB massive Fortschritte in der Produktionstechnik und der Automatisierung – aber immer so abgesichert, dass die Risiken überschaubar bleiben und wir unsere angestrebten Produktionsziele einhalten können. Wir tragen schließlich eine große Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitern – und unseren Kunden.

Das Zwickauer VW-Werk wird zu einem reinen Fertigungsstandort für Elektrofahrzeuge umgebaut. Ende 2019 sollen dort die ersten ID-Modelle vom Band rollen. Wie liegen Sie im Zeitplan?

Wir starten Ende 2019 mit dem kompakten ID. Ab Ende 2020 rollen in Zwickau dann nur noch E-Autos vom Band. Insgesamt werden wir in Zwickau sechs verschiedene E-Modelle fertigen, die letzten beiden kommen im Jahr 2021 dazu. Mit ihnen erreichen wir dann die volle Auslastung.

VW investiert mehr als eine Milliarde Euro in Zwickau. Doch für E-Mobilität in China ist ein weitaus größeres Budget eingeplant, zuletzt war die Rede von 15 Milliarden Euro. Inwieweit sind durch dieses Engagement heimische Standorte bedroht?

Die beiden von Ihnen genannten Zahlen kann man nicht direkt miteinander vergleichen. Richtig ist, dass der Konzern in China rund 15 Milliarden Euro in die E-Mobilität, die Digitalisierung, neue Mobilitätsdienste und das autonome Fahren investiert. Außerhalb von China investieren wir weitere 34 Milliarden Euro in diese Bereiche, wobei der Schwerpunkt ganz klar auf Deutschland liegt. Die deutschen Standorte haben also hervorragende Perspektiven. Aber natürlich ist China wichtig: Wer dort nicht vertreten ist, hat es auch in den anderen Weltregionen schwer. Insofern sind wir für die Zukunft gut aufgestellt.

Interessanterweise schätzt Ihr Chef, der VW-Vorstandsvorsitzende Herbert Diess, die Gewinnchancen der deutschen Autobauer beim Wettrennen um die E-Mobilität auf gerade einmal 50 Prozent ein. Mit einer aufschlussreichen Begründung: Der Elektroantrieb biete zu wenige Differenzierungsmöglichkeiten, entscheidend sei vor allem die Intelligenz des Autos. Und da seien Unternehmen wie Google oder Amazon noch deutlich besser. Wie wollen Sie das ändern?

Ich stimme der Aussage von Herbert Diess voll und ganz zu. Sowohl die neuen Player als auch die OEMs haben in Bezug auf die Kundenattraktivität von E-Fahrzeugen noch einiges zu tun. Das ist ein Wettrennen mit offenem Ausgang. Und genau deshalb gibt es bei Volkswagen einen eigenen Vorstand für E-Mobilität, der diese Herausforderung annimmt.

Wäre vor diesem Hintergrund nicht ein eigener Vorstandsbereich Autointelligenz sinnvoller?

Wir haben den MEB von Anfang an so ausgelegt, dass er auch die entsprechende Vernetzung und Fahrzeugintelligenz ermöglicht. Von daher ist die Zuordnung dieses Themas auf den E-Mobilitäts-Vorstand nur logisch. In die weitere Entwicklung sind natürlich auch andere Vorstandsbereiche einbezogen. Starre Abgrenzungen sind hier, wie schon erwähnt, nicht zukunftsfähig. Darüber hinaus können gerade beim Thema Fahrzeugintelligenz auch Partnerschaften mit anderen Unternehmen sinnvoll sein. Gerade erst haben wir uns mit Microsoft zusammengetan, um gemeinsam die Entwicklung der Volkswagen Automotive Cloud voranzutreiben.

Aus aktuellem Anlass noch eine Frage zum Schluss: Herbert Diess will den Anteil von E-Fahrzeugen bei den konzerneigenen Dienstwagen durch entsprechende Vorschriften deutlich erhöhen. Was für ein Auto fahren Sie?

Einen e-Golf – und zwar aus Überzeugung.


  1. »E-Autos für Millionen, nicht nur für Millionäre«
  2. Es fehlen Gesetzgebungsdetails...
  3. Welche Rolle die Fahrzeugintelligenz spielt

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