BYD will sein neues Einstiegsmodell Seagull als Dolphin Mini bald nach Europa bringen. Das Elektroauto kostet auf dem Heimatmarkt nur etwa 9.000 Euro und soll die Konkurrenz auch in Europa mit einem Kampfpreis gehörig unter Druck setzen.
Als BYD vor wenigen Wochen die »Glory Edition« seines vor einem Jahr eingeführten Einstiegsmodells Seagull vorstellte, sorgte der Kleinwagen für außergewöhnlich viel Aufmerksamkeit in der Branche und auch der weltweiten Öffentlichkeit. Die Augen der Mitbewerber und potenziellen Kunden richten sich dabei weniger auf die Technik oder das Design, als vielmehr auf den Preis: Denn in China ist das E-Auto schon ab 9.000 Euro zu haben. Selbst für den von einem extrem harten Preiskampf geprägten Markt ist das ein echtes Schnäppchen. Zumal dafür vergleichsweise viel Auto geboten wird.
Die Basisvariante wird von einem Motor mit 55 kW (75 PS) angetrieben, der 30 Kilowattstunden fassende Natrium-Ionen-Akku soll umweltschonend ohne Kobalt, Nickel und Lithium hergestellt werden und eine Reichweite von etwas mehr als 300 Kilometern schaffen. Gegen Aufpreis sind ein kräftigerer Motor mit 75 kW (102 PS) sowie ein Lithium-Eisenphosphat-Speicher verfügbar, dessen mit 38 Kilowattstunden sogar für mehr als 400 km (CLTC-Zyklus) reichen sollen. Trotz aller Sparsamkeit finden sich im Innenraum einige bei Kunden beliebte Annehmlichkeiten wie ein solides Instrumentendisplay (5 Zoll), ein schwenkbares Touch-Display (12,8 Zoll) vor der Mittelkonsole und eine kabellose Lademöglichkeit für Smartphones. Zudem sorgen kleine Details wie das unten abgeflachte Multifunktionslenkrad und durchgehende Rückleuchten für einen modernen Look.
Mehrere westliche Tester und Experten lobten die überraschend gute Verarbeitungsqualität des 3,78 Meter langen, 1,72 Meter breiten und 1,54 Meter hohen Fünftürers mit vier Sitzplätzen. Während etwa Ford-Chef Jim Farley von einem »verdammt guten Auto« sprach, sieht der Consultant und ehemalige General-Motors-Manager Terry Woychowski ihn gar als »Weckruf für die gesamte Autoindustrie«. Solche Aussagen belegen eindrücklich, wie viel Kopfzerbrechen hiesigen Automanagern die Vorstellung bereitet, nach der aktuellen E-Auto-Flut aus China könnte bald auch die Seemöwe in anderen Märkten angeboten werden.
Zu Recht, wie sich jetzt zeigt. Ab sofort verkauft BYD das Fahrzeug in einigen Ländern Südamerikas und spätestens im nächsten Jahr soll es auch in Europa verfügbar sein. Allerdings wird das Auto hier unter dem Namen Dolphin Mini als kleiner Bruder des Dolphin vermarktet und ist etwas größer und besser ausgestattet, um den strengeren Sicherheitsvorschriften zu genügen. Damit wächst allerdings auch der Preis. In Brasilien kostet der Dolphin Mini in der Basisversion weniger als 18.000 Euro, aber auch in den Nachbarländern bleibt er durchwegs unter 20.000 Euro. Das dürfte auch der Preispunkt sein, den BYD für Europa anstrebt. Für solche Beträge ist bislang ausschließlich der ebenfalls in China gefertigte Dacia Spring zu haben. Um sich gegen drohende Strafzölle der EU zu wappnen, arbeitet BYD daran, Optionen für eigene Produktionskapazitäten in Europa auszuloten. Als wahrscheinlichster Standort dafür gilt derzeit Ungarn.