Laut einer Marktanalyse aus dem Hause Roland Berger haben die weltweiten Umsätze der europäischen Automobilzulieferer fast wieder ihr Niveau von vor der Wirtschaftskrise erreicht. Treiber ist und bleibt China. Doch wer sich auf ein Fortschreiben der Geschichte verlässt, ist wohl verlassen!
"Etwa 18 Prozent des Gesamtumsatzes eines typischen europäischen Automobilzulieferers hängen von der Entwicklung des chinesischen Marktes ab", erklärt Roland Berger Partner Marcus Berret. Und Roland Berger Experte und Studien-Co-Autor Marcus Hoffmann, warnt gleich dazu: "Das China-Geschäft wird 2011 für europäische Zulieferer kein verlässlicher ausgleichender Faktor mehr sein, um Umsatzeinbußen im Heimatmarkt zu kompensieren."
Gemäß der Analyse haben die letzten zehn Wachstumsjahre in China dazu geführt, dass der chinesische Pkw-Markt im letzten Jahr auf über 11 Mio. Fahrzeuge gekommen ist. Und bis 2015 sind die Zeichen auf sogar weiteres Wachstum gestellt. So sollen bis zu diesem Jahr in China mehr als 18 Mio. Fahrzeuge an Privatpersonen verkauft werden. Und trotz aller Wachstumseuphorie verliert China laut der Studie an Kraft. Denn wesentliche Antriebskräfte der zukünftigen Entwicklung auf dem Privatwagenmarkt sind das rasche BIP-Wachstum und das steigende Haushaltseinkommen.
Berret geht natürlich davon aus, dass Chinas Wirtschaft auch in den kommenden Jahren weiterhin stark wächst, allerdings müssten auch einige Hürden genommen werden, etwa die Aufwertung des Renminbi, auslaufende Konjunkturförderungsprogramme, straffere Geldpolitik, Arbeitslosigkeit und steigende Arbeitskosten.
Nachlassende Wachstumsraten beim Pkw-Absatz erwartet
"Nach dem starken Wachstum des Privatwagenmarkts von jährlich 35 Prozent zwischen 2001 und 2007, das vor allem auf die noch geringe Pkw-Penetration zurückzuführen war, sind die Privatwagenverkäufe infolge der weltweiten Wirtschaftskrise 2008 deutlich zurückgegangen", sagt Roland Berger Experte und Studien-Co-Autor Marcus Hoffmann. "Dank des staatlichen Programms zur Förderung des Automobilabsatzes konnte in 2009 ein Absatzplus von über 50 Prozent erzielt werden." Diese Wachstumsraten sind nicht zu halten. Berret stellt nicht die Stabilität der chinesischen Wirtschaft grundlegend in Frage stellt, aber er erwartet, dass die bereits angesprochenen Herausforderungen die Geschwindigkeit im Vergleich zu den vergangenen Jahren deutlich verringern wird.
Bereits 2011 ist Vorsicht angesagt
Aus der Sicht von Berret und Hoffmann ergeben sich für westliche Automobilzulieferer vor allem drei Erfolgsfaktoren. Zunächst sollten die Zulieferer ihre Absatzmengen für 2011 sehr vorsichtig planen und dazu Szenario-Methoden nutzen, weil die Wachstumsraten in den kommenden Jahren deutlich geringer ausfallen werden. "Das China-Geschäft wird 2011 für europäische Zulieferer kein verlässlicher ausgleichender Faktor mehr sein, um Umsatzeinbußen im Heimatmarkt zu kompensieren", sagt Hoffmann. Außerdem verlagern die Automobilhersteller immer mehr Produktionskapazitäten nach China. Daraus ergibt sich für die OEMs ein starker Druck, Zulieferteile direkt in China zu beziehen. Die Lokalisierungsquote dürfte jährlich um 3 bis 5 Prozent steigen und schmälert die Menge der aus Europa bezogenen Teile. "Westliche Automobilzulieferer sollten die potenziellen Auswirkungen der weiter zunehmenden Verlagerung in Richtung der lokalen chinesischen Märkte genau beobachten. Nicht zuletzt machen auch die steigenden Arbeitskosten und die anziehenden Wechselkurse Teileexporte aus China weniger attraktiv. Außerdem steigen die fachliche Kompetenz und die F&E-Kapazitäten in China ständig. Der Trend bei chinesischen Zulieferern geht daher klar hin zu Aktivitäten mit höherer Wertschöpfung", erklärt Hoffmann. Und Berret fasst zusammen: "Westliche Automobilzulieferer sind gut beraten, das Geschäftsmodell für ihr China-Geschäft genau zu prüfen und anzupassen, um ihre Position auf dem chinesischen Markt halten zu können."