Die Verbindung zwischen Fahrzeug und Ladestation an ein öffentliches Energieversorgungsnetz muss sicher sein. Auf keinen Fall darf sich das Fahrzeug während des Ladevorgangs selbständig fortbewegen. Bei Teilen, die beim Laden der Batterie mit Hilfe einer externen Stromquelle zum Einsatz kommen, muss der Ladestrom bei einer Abtrennung unterbrochen werden können - und zwar so, dass die Teile nicht beschädigt werden. Teile des Anschlusssystems, die unter Spannung stehen können, müssen in jedem Betriebszustand gegen direktes Berühren geschützt sein. Die Ladesteckvorrichtung muss sowohl im gesteckten als auch im ungesteckten Zustand gegen direktes Berühren gesichert sein. Es ist notwendig, dass alle freiliegenden, leitenden Teile beim Laden durch einen Schutzleiter elektrisch (galvanisch) verbunden sind. Vom VDE geprüfte und zertifizierte Ladesteckvorrichtungen unterstützen diese Bedingungen von der Ladeseite her. Darüber hinaus stellt die Sicherheit der Infrastruktur - nämlich die Ladeeinrichtung (Ladesäule/Wallbox) für Elektrofahrzeuge selbst - einen wichtigen Punkt dar. Hier hat das VDE-Institut bereits Ladesäulen renommierter Hersteller unter anderem nach EN 61851-1 geprüft und mit dem VDE-Zeichen zertifiziert.
In Hinsicht auf die elektromagnetische Verträglichkeit des Fahrzeuges betrachten die Prüfingenieure bei einem Anschluss an ein konduktives Ladesystem für die Störfestigkeit den zusätzlichen Leitungspfad in das Elektroauto. Die Leitung lässt sich auch als abstrahlende Antenne für die interne Fahrzeugelektronik oder die Ladeelektronik nutzen und kann als Folge das Funkspektrum stören. Daher soll in Zukunft die Störfestigkeit des Fahrzeuges und die Emissionen der Ladeleitung bei der Fahrzeugabnahme geprüft werden. Die aktuelle Revision 04 der ECE-R 10 beinhaltet Prüfungen an der Ladeleitung und darin vorhandenen Kommunikationsleitungen. Der Technische Dienst des VDE-Instituts ist bereits für die Revision 04 der ECE-R 10 vom KBA benannt.
Sicherheit beim Fahren
Nicht nur die hohe Spannung der Batterie und des Antriebes kann eine Gefahr für den Fahrer darstellen, auch der neuartige, zumeist lautlose Elektroantrieb erfordert zusätzliche Sicherheitseinrichtungen, die die ECE-R 100 regelt. So soll das Fahrzeug ausschließlich mit einem Schlüsselschalter eingeschaltet werden können. Es darf auch nicht möglich sein, den Schlüssel in einer Stellung zu entfernen, in der das Antriebssystem eingeschaltet ist oder aktiv gefahren werden kann. Der Fahrer muss zum Fahren und Anhalten - zumindest kurzzeitig - darüber Informationen bekommen, ob das Fahrzeug auf den Fahrzustand „aktiver Fahrbetrieb möglich“ eingestellt ist oder ob eine weitere Maßnahme erforderlich ist, um das Fahrzeug auf diesen Fahrzustand einzustellen. Das lässt sich durch entsprechende Display-Anzeigen signalisieren.
Wenn der Ladezustand der Batterie einen vom Hersteller festgelegten Mindestwert erreicht, muss der Fahrer darauf hingewiesen werden, damit er das Fahrzeug mit der noch verfügbaren Batterieenergie aus dem Verkehrsbereich hinausführen kann.
Des Weiteren muss sich eine unbeabsichtigte Beschleunigung, Verzögerung und Umsteuerung des Antriebssystems ausschließen lassen. Eine Störung, beispielsweise im Antriebsnetz, darf nicht darin resultieren, dass sich ein stehendes ungebremstes Fahrzeug um mehr als 10 cm fortbewegt. Beim Verlassen des Fahrzeuges muss ein deutliches optisches oder akustisches Signal anzeigen, ob das Antriebssystem noch auf dem Fahrzustand „aktiver Fahrbetrieb möglich“ eingestellt ist.
Darüber hinaus darf das Rückwärtsfahren erst nach Betätigung der dafür vorgesehenen Einrichtung erfolgen. Diese Maßnahme erfordert entweder die Kombination zweier Betätigungen oder aber einen elektrischen Schalter. Dieser soll das Einlegen des Rückwärtsganges nur dann zulassen, wenn sich das Fahrzeug mit einer Vorwärtsgeschwindigkeit von maximal 5 km/h bewegt. Auch die Stellung der Fahrtrichtungs-Betätigungseinrichtung ist dem Fahrzeugführer deutlich anzuzeigen. Verfügt das Fahrzeug über eine Einrichtung zum Begrenzen der Leistung im Überlastungsfall, so muss das dem Benutzer eindeutig signalisiert werden.
Bisherige Regelungen nicht ausreichend
Die Erfahrung des VDE-Instituts zeigt, dass die bisherigen Regelungen nicht genügen. So beschreibt die UN ECE-R 100, vor allem die neue Ausgabe, lediglich Mindestanforderungen an die elektrische Sicherheit eines Elektrofahrzeuges. Das VDE-Institut empfiehlt dringend, den Prüfumfang zu ergänzen, zum Beispiel mit Prüfungen der elektrischen Sicherheit in Worst-Case-Szenarien, der Messung des Isolationswiderstandes bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit, Batterieprüfungen sowie die funktionale Sicherheit nach ISO 26262-2 bis -9. Das VDE-Institut hat langjährige Erfahrung im Bereich der EMV- und Sicherheitsprüfungen nach IEC-, EN- und VDE-Normen und ist bereits heute in der Lage, die geforderten Kriterien der UN ECE, inklusive der zusätzlich notwendigen, zu überprüfen. Darüber hinaus stehen nicht nur Elektroautos auf dem Prüfstand: Auch elektrisch unterstützte Fahrräder (EPAC) und E-Bikes (Bild 2) prüft das Prüf- und Zertifizierungsinstitut auf ihre Sicherheit.
Der Autor
| Dr.-Ing. Günter Schipper |
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| studierte Elektrotechnik an der TU Braunschweig und promovierte 1993 am Institut für Elektrische Energieanlagen und Hochspannungstechnik. Nach Tätigkeiten bei ABB und Wöhner GmbH als Entwicklungsleiter begann er 2000 beim VDE Prüf- und Zertifizierungsinstitut im Bereich der Komponenten und leitet heute den Bereich Elektromobilität. |
guenter.schipper@vde.com