Interview mit Dr. Ulrich Eichhorn, VDA

"Wer bekommt beim hochautomatisierten Fahren den Strafzettel?"

13. September 2013, 14:58 Uhr | Ingo Kuss
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Die Haftungsfrage ist der Knackpunkt

Die Leistungen moderner Assistenzsysteme sind inzwischen nicht mehr weit vom hochautomatisierten Fahren entfernt.
© Daimler

Wie groß ist das Interesse bei den Arbeitsgruppen der UNO, die rechtlichen Rahmenbedingungen in Richtung automatisiertes Fahren zu aktualisieren?

Eichhorn: Dieses Thema ist für alle Länder mit einer wettbewerbsfähigen Automobilindustrie wichtig. Aber auch viele Nationen, die Probleme mit der wachsenden Verkehrsdichte haben, sind daran interessiert. Da es hier aber um weltweite Regelungen geht, handelt es sich nicht um eine übertrieben schnelle Arbeitsgruppe. Hinzu kommt, dass vor allem Juristen zahlreiche Probleme bei der Anpassung sehen, weil diese sich wesentlich vom bisherigen System unterscheiden wird. Bislang gab es immer einen oder mehrere Verantwortliche, die juristisch belangt werden konnten. Beim automatisierten Fahren wird es schwieriger zu entscheiden, an wen man sich halten soll – ein Algorithmus kann ja nicht wirklich verklagt werden.

Lässt sich schon abschätzen, wie lange es noch bis zu einer Einigung dauern wird?

Eichhorn: Angesichts der Komplexität der Materie ist eine konkrete Einschätzung derzeit noch nicht seriös machbar. Wir reden hier auf alle Fälle über Jahre. Zudem geht es in den Arbeitsgruppen auch schon um das Thema vollautomatisiertes Fahren. Bis dahin müssen zwar noch viele technische Probleme gelöst werden, aber die rechtlichen Rahmenbedingungen sollten auch diese Möglichkeit bereits berücksichtigen. Da tauchen ganz neue Fragen auf, etwa ob man für solche Fahrzeuge überhaupt noch einen Führerschein braucht.

Wie sollte denn nach Ansicht des VDA eine zukünftige Regelung idealerweise aussehen?

Eichhorn: Der wichtigste Punkt bei den juristischen Änderungen ist eine klare Regelung der Haftung. Dem untergeordnet sind weitere Fragen: Wann darf ein Assistenzsystem überhaupt die Kontrolle übernehmen? Wie wird die Übernahme bzw. die Rückgabe protokolliert? Oder, ganz konkret: Wenn ein Autobahnassistent die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht erkennt und mit überhöhter Geschwindigkeit fährt – wer bekommt dann den Strafzettel? Die Haftungsfrage ist momentan mit Abstand der größte Stolperstein. Dementsprechend sind da noch viele Hausaufgaben zu machen. Auch der VDA hat derzeit zur Haftungsfrage noch keine endgültige Position. Letztendlich könnte es darauf hinauslaufen, dass es, wie in der Luft- und Raumfahrt, bestimmte akzeptierte Fehlerraten bei den Assistenzsystemen gibt, die nicht überschritten werden dürfen, die aber auch nicht wesentlich unterschritten werden müssen.


  1. "Wer bekommt beim hochautomatisierten Fahren den Strafzettel?"
  2. Die Haftungsfrage ist der Knackpunkt
  3. Gesetzliche Anpassung in kleinen Schritten

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