Elektronik Automotive: Lassen Sie uns zu dem ZVEI-Papier von Ende 2014 kommen.
Zuiderveld: Es tut mir leid, ich persönlich kenne es nicht. Ich bin mir sicher unsere Automotive-Teams hier in Europa und den USA kennen das Papier und haben es analysiert. Aber lassen sie uns gerne darüber sprechen...
Elektronik Automotive: Sie kennen es nicht? Das überrascht mich jetzt doch. Darin warnen immerhin auf Deutsch gesagt die in der Autoindustrie etablierten Halbleiterhersteller gemeinsam vor Emporkömmlingen wie Qualcomm und NVIDIA, die aus der Konsumer-Industrie kommen und jetzt mit Snapdragon und Tegra ins Autogeschäft drängen….es geht um Zuverlässigkeit, Null Fehler, Fertigungsprozesse u.s.w. und am Ende wird auf mögliche Folgen wie verletzte Fahrer bei fehlerhaften Chips hingewiesen. Da müssen Sie doch eine Meinung dazu haben?
Zuiderveld: Hier gibt es einen Denkfehler: Wir setzen natürlich KEINE Konsumer-Chips ein. Die Mikroarchitektur ist die gleiche, das stimmt. Aber natürlich nutzen wir Automotive-qualifizierte Prozesse, Temperaturbereiche u.s.w. Meinen Sie ernsthaft, wir könnten einen Chip an Audi, TESLA oder BMW verkaufen, wenn wir keine Automotive-Qualität liefern würden? So naiv kann doch niemand sein, das zu glauben.
Elektronik Automotive: Audi hatte mir mal erzählt, man würde dem Tegra „eine Wohlfühl-Umgebung“ schaffen, z.B. mit Lüftern, viel Platz zum Verbauen, Untertakten und ähnlichen Methoden. Man hätte daraus ableiten können, dass Sie nicht den Automotive-Qualifizierungen von Freescale, Infineon und anderen Wettbewerbern genügen…
Zuiderveld: Ich darf Ihnen leider keine Details verraten, aber seien Sie gewiss, in Ihrem Auto finden Sie nicht denselben Chip wie im Tablet. Wir liefern Automotive-Grade-Chips und testen sie auch entsprechend. Denken Sie doch mal an unser ADAS-Angebot mit dem Tegra-K1 und stellen Sie sich vor, das ganze fällt in den USA in einem Audi aus. Der Ruf von Audi und natürlich auch unserer wäre ruiniert. Ich verstehe, wie der Wettbewerb reagiert, aber wichtig ist, dass unsere Kunden von unserer Technologie überzeugt sind und nicht die Firmen, die das ZVEI-Papier geschrieben haben. Als Herausforderer haben Sie es nie einfach.
Elektronik Automotive: Indirekt können Sie immerhin aus dem Papier herauslesen, dass Firmen wie Qualcomm und Ihnen die Fähigkeit abgesprochen wird, die notwendige Qualität liefern zu können.
Zuiderveld: Ja und? Wenn unsere Kunden – und nur deren Meinung interessiert uns - glauben, wir müssten etwas verbessern, dann haben wir es verbessert. Wir haben, wie Sie auch an unserer Bilanz ablesen können, eine Menge Geld investiert, da Automotive für uns einer der strategischen Geschäftsbereiche ist.
Elektronik Automotive: Bislang war NVIDIA ja „nur“ in Infotainment und Navigation vertreten, da kann man einen Ausfall irgendwie verkraften, aber ADAS ist eine ganz andere Geschichte.
Zuiderveld: Ja sicher, das ist doch gar keine Frage. Das wissen unsere Kunden, das wissen wir und am Ende des Tages finden Sie unsere Technologie in den Autos. Da können Sie doch ganz einfach daraus schließen, dass wir offenbar keine PC- oder Tablet-Chips liefern und offenbar die Anforderungen begriffen haben. Wissen Sie eigentlich, wie lange NVIDIA schon die Autoindustrie beliefert?
Elektronik Automotive: Nein, weiß ich nicht.
Zuiderveld: Seit über 10 Jahren, auch wenn es oft so kommuniziert wird, als seien wir Newcomer. Das stimmt ganz und gar nicht.
Elektronik Automotive: In dem ZVEI-Papier steht ja noch etwas anderes interessantes, nämlich dass der Top-Down-Ansatz verändert werden muss, bei dem der OEM dem Tier-1 sagt ich brauche das und das und das, und der sagt dem Halbleiterhersteller ich brauche das und das und das.
Zuiderveld: Das ist richtig. Unser Ansatz war schon immer, direkt in ganz frühen Phasen mit dem OEM zu sprechen und ihm zu erklären, wie unsere Produkte ihn in die Lage versetzen können, sich von der Konkurrenz zu differenzieren. Das haben wir schon lange gemacht, als es das ZVEI-Papier noch gar nicht gab.