Eine Lichtverteilung kann umso feiner dargestellt werden, je mehr einzeln ansteuerbare Pixel zur Verfügung stehen. Aus dem Grund wird in Zukunft die Anzahl der Scheinwerferpixel weiter steigen, denn völlig neue Lichtfunktionen und Ansätze zur Lichterzeugung werden erst durch eine noch höhere Auflösung ermöglicht [3][4].
Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Scheinwerfer, bei dem eine Linse oder ein Reflektor das einfallende Licht bündelt und in die gewünschte Richtung lenkt, wird beim hochauflösenden Scheinwerfer die Lichtverteilung primär durch die Software-Ansteuerung einzelner Pixel bestimmt. Die Rolle des herkömmlichen Reflektors zur Lichtformung übernehmen mehrere hundert einzeln ansteuerbare Pixel. Durch die Digitalisierung der Lichtquelle wird die Lichtgestaltung flexibel; so können vorhandene Lichtfunktionen wie das blendfreie Fernlicht verbessert werden. Dynamische Lichtfunktionen wie die Leuchtweite-Regulierung oder das Kurvenlicht lassen sich durch Verschiebung der Hell-Dunkel-Grenze oder durch Anpassung der Lichtschwerpunkte frei von Mechanik realisieren. Beispielhafte Techniken sind LCD (Bild 5) [5][6], DLP [7] und μAFS [7]. Außerdem lassen sich neue Lichtfunktionen durch ein Software Update erweitern, ohne die Hardware eines Lichtmoduls anpassen zu müssen. Der hochauflösende Scheinwerfer gleicht mehr einem universellen Lichtgenerator und die charakteristischen Eigenschaften der Lichtverteilung werden durch die entsprechende Software bestimmt.
Durch den Trend hin zu hochauflösenden Scheinwerfersystemen ergeben sich für die Lichtelektronik neue Herausforderungen. In Bild 6 ist der beispielhafte Signalfluss eines Fahrzeugs mit einem hochauflösenden Scheinwerfer dargestellt. Wesentliche Bestandteile sind eine gute dreidimensionale Umfeld-Erfassung, eine Aktor-unabhängige Datenverarbeitung für die Lichtfunktion und die anschließende Aktor-abhängige Umsetzung der Daten für die HD-Lichtmodule.
Um mit dem Licht zielgenau die Umgebung auszuleuchten, wird ein 3D-Umfeldmodell benötigt, das die Umgebung in einer Reichweite von bis zu 200 m vor dem Fahrzeug gut präsentiert. Neben einer Klassifikation von Objekten im Verkehrsraum – wie Verkehrsteilnehmer, Fußgänger, Infrastruktur – sind auch Informationen wie Entfernungen und Reflexionseigenschaften im Raumwinkelbereich vor dem Fahrzeug die wichtigsten Eingangsgrößen für die Lichtsteuerung. Die benötigten Datenmengen zur Ansteuerung der Lichtmodule stiegen von einigen kbit/s auf mehrere Mbit/s. Dadurch sind die etablierten Schnittstellen – wie CAN-Bus – nicht mehr geeignet und es werden sich neue Schnittstellen wie Ethernet [8] oder LVDS am Scheinwerfer etablieren. Nicht nur die physikalische Schnittstelle, sondern auch das Datenprotokoll muss an die neuen HD-Lichtmodule angepasst werden. Da die Anzahl der Pixel von 1000 bis 1.400.000 stark variiert, muss das Datenprotokoll unabhängig vom eingesetzten Aktor sein, damit Anpassungen an der Lichtelektronik in Abhängigkeit von der eingesetzten Lichttechnik vermieden werden. Ein Ansatz ist die Verwendung einer funktionsbasierten Schnittstelle. Bei einer funktionsbasierten Schnittstelle werden Funktionswerte über die Schnittstelle übertragen und die Pixelinformation am Scheinwerfer berechnet. Dadurch können unterschiedliche Lichttechniken angesteuert werden, ohne die Fahrzeugarchitektur anzupassen. Die Abhängigkeit der Elektronik von der Lichttechnik wird erst am Scheinwerfer kompensiert. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass die funktionsbasierte Schnittstelle die hohe Flexibilität der zukünftigen HD-Lichtmodule nicht beschränkt – ein wesentlicher Vorteil der Lichtmodule. Ein alternativer Ansatz besteht im Einsatz von Kompressionsverfahren. Eine Lichtverteilung folgt gewissen Regeln, weshalb eine Komprimierung der Pixeldaten möglich ist.
Die Pixeldaten müssen in Echtzeit – alle 20 ms – berechnet werden. Durch die hohe Anzahl von Pixeln und der Berechnung der Pixel in Abhängigkeit von der Entfernung und des Reflexionsgrades steigt die benötigte Rechenleistung des Mikrocontrollers deutlich. Zusätzlich benötigt auch die Komprimierung der Daten einen nicht unwesentlichen Anteil der Rechenleistung [9]. Dadurch ergibt sich ein wesentlicher Sprung in der Komplexität der einzusetzenden Mikrocontroller. Aktuell liegen die Frequenzen zur Ansteuerung der Pixel bei etwa 10 MHz. Die Frequenz steigt durch die neuen HD-Lichtmodule auf bis zu 600 MHz. Daraus entwickelt sich eine neue räumliche Aufteilung von Funktionen im Scheinwerfer, da die Kabellängen reduziert werden müssen, um EMV-Robustheit zu erreichen.
Durch die HD-Techniken erhalten neue Themen wie Kompression, Echtzeitberechnung, Lichtverteilungsberechnung Einzug in die Lichtelektronik. Außerdem wird die Komplexität der Steuergeräte einen großen Sprung nach oben erfahren. Durch die hohe Flexibilität in der Lichtverteilung, die durch die Elektronik generiert wird, wird auch die Rolle der Lichtelektronik an Bedeutung gewinnen.
Literatur
[1] Moisel, B.; et al.: Adaptive Headlights utilizing LED-Arrays. Proceedings of the 8th International Symposium on Automotive Lighting, 2009.
[2] Kleinkes, M.; et al.: Nächste Schritte in der Entwicklung von LED Scheinwerfern. Hella KGaA, ATZ, November 2012.
[3] Hoffmann, I.; et al: Artikel in Proceedings of the 10th International Symposium on Automotive Lighting, 2013.
[4] Funk, C.; et al: Software & Funktionsentwicklung für Audi Matrix LED-Scheinwerfer als weltweit erste Serienanwendung. Audi AG, Ingolstadt, Elektronik im Fahrzeug 2013.
[5] BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung Germany): Announcement of the project: Volladaptive Lichtverteilung für eine intelligente, effiziente und sichere Fahrzeugbeleuchtung (VoLiFa2020).
[6] Fischer B.: Ansatz zur Realisierung eines hochauflösenden und mechanikfreien, adaptiven Frontscheinwerfers. Licht 2014, Den Haag.
[7] Schmidt C.; et al.: High Definition Concepts for Next Generation ADB Module. Hella KGaA Hueck & Co., International Conference VISION 2014.
[8] Röder J.: Automotive Ethernet – Die Zukunft der vernetzten Fahrzeugarchitektur. Continental Automotive GmbH, Regensburg.
[9] Saralajew S.; et al.: Matrix-Beam-Algorithmus: Welche Laufzeiten sind erreichbar? Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG, Weissach, Optische Technologien in der Fahrzeugtechnik 2016.
Die Autoren
Dr. rer. nat. Carsten Wilks |
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ist Leiter der Vorentwicklung der Lichtelektronik bei Hella. |
Dipl.-Ing. Boris Kubitza |
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ist Leiter des Projekts Innovative Lichtelektronik mit dem Themenschwerpunkt lichtbasierte Assistenzsysteme bei Hella. |
Boris.Kubitza@hella.com