Kommentar

Alles andere als befriedigend

17. Mai 2024, 9:11 Uhr |
Ingo Kuss, Chefredakteur Markt&Technik
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Abgewatscht: Warum die deutsche Automobilindustrie bei der Bewertung im Rahmen einer VDE-Studie so schlecht abschneidet und was sich für ein besseres Ergebnis ändern muss.

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Unter Juristen gilt die Gesamtnote 3+ bzw. »voll befriedigend« schon als überdurchschnittlich gutes Ergebnis – ein sogenanntes Prädikatsexamen. Auch aus meinem Elektrotechnikstudium habe ich das eine oder andere Fach in Erinnerung, wo bereits ein »ausreichend« als Auszeichnung galt, weil so viele an der Prüfung scheiterten. Doch für die lange erfolgsverwöhnte deutsche Automobilindustrie ist eine 3+ als Bewertung für ihre Wettbewerbsfähigkeit ein Schlag ins Gesicht. »Damit können wir uns nicht zufriedengeben«, kommentiert Dr. Ralf Petri, Geschäftsbereichsleiter Mobility beim VDE, das Ergebnis einer Studie, für die der Verband hochrangige Führungskräfte, Unternehmenschefs und Politiker befragt hat.

Bewertung des Automobilstandorts Deutschland

Der Automobilstandort Deutschland sei nicht ausreichend auf den tiefgreifenden Wandel in Richtung neue Technologien vorbereitet, so das wesentliche Ergebnis der Studie zum »Automobilstandort Deutschland 2035«. Insbesondere in den Kernbereichen Software und Batterietechnologie bestehe großer Nachholbedarf. Gleichzeitig beklagen die befragten Experten auch einen eklatanten Fachkräftemangel in Bereichen wie Software und KI. Erschwert werde die Suche nach neuen Mitarbeitern durch die Sünden der Vergangenheit: »Die deutsche Automobilindustrie hat sich zwar finanziell vom Dieselskandal weitgehend erholt, aber den Image-Makel ist sie nie ganz losgeworden«, so Petri. Daher sei der Ruf der Autobranche bei der jungen Generation nicht unbedingt der beste.

Imageproblem der Auto-Branche und der zugehörigen Ausbildungen

Ein Imageproblem hat indes nicht nur die Branche selbst, sondern auch die zugehörigen Ausbildungen. Zwar gilt das Jurastudium ähnlich wie etwa das Elektrotechnikstudium als schwieriges Fach mit einer hohen Abbrecherquote. Trotzdem war im Wintersemester 2022/2023 die Zahl der Studierenden in den Rechtswissenschaften fast doppelt so hoch wie die im Bereich E-Technik. Vor dem Hintergrund, dass Elektromobilität als »Bewährungsprobe für den Automobilstandort Deutschland« gesehen wird, ist das eine denkbar schlechte Ausgangslage.

Und was schlagen die befragten Experten vor? Neben u. a. dem Ausbau des Dialogs zwischen Politik und Wirtschaft sowie dem Start einer Produktivitätsoffensive bedürfe es eines neuen positiven Narrativs, das Technologien als Teil der Lösung insbesondere für die ökologischen Herausforderungen positioniert. Dagegen ist an sich auch nichts einzuwenden – schade nur, dass gerade die Automobilbranche selbst aktuell so wenig positive Schlagzeilen produziert.


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