Bislang ticken die Uhren in den traditionellen B2B-Branchen, die stark vom Mittelstand geprägt sind, oft langsamer als in der digitalen Wirtschaft. Entwicklungszyklen umfassen oft mehrere Jahre, grundsätzliche Strategieentscheidungen zu Veränderungen des Geschäftsmodells fallen nur selten. In vielen Branchen, aber auch in der Gesellschaft, nimmt die Veränderungsgeschwindigkeit jedoch rapide zu: Die Digitalisierung gilt zu Recht als vierte industrielle Revolution - sie verändert viele Unternehmen und Branchen grundlegend. »In der Vergangenheit waren Nutzen und Einsatz von IT-Techniken nur auf die Verbesserung und Beschleunigung von Geschäftsprozessen reduziert«, führt Höhmann aus. »Industrie 4.0 und aktuelle Techniken wie Cloud-Services, das Internet of Things, Big Data oder mobiles Internet schaffen heutzutage die Grundlage dafür, dass konventionelle Geschäftsmodelle über Nacht auf den Kopf gestellt werden können.« Das gelte für die digitale Wirtschaft wie Software-Unternehmen, Musik- und Filmindustrie, Fernsehen oder Online-Handel, aber auch für bislang konventionelle Branchen wie Hotellerie, Automobilindustrie oder das Taxiwesen. »Die Digitalisierung hat in kürzester Zeit schon viele Branchen transformiert – andere Sektoren könnten daraus wertvolle Erkenntnisse für konkrete Unternehmenssituationen ableiten.«
Aber nutzt der deutsche Mittelstand diese Chancen? In der Realität erleben Berater von TÜV Rheinland häufig sehr unterschiedliche digitale Reifegrade und Veränderungsgeschwindigkeiten, sowohl von Unternehmen zu Unternehmen als auch in den verschiedenen Unternehmensbereichen. »Der Einsatz von Smartphones und Tablets für Mitarbeiter sagt noch nichts über den digitalen Reifegrad eines Unternehmens aus«, erläutert Höhmann. »Trotz moderner Ausstattung arbeiten viele Unternehmen in der Praxis faktisch analog.«
Prozesse haben erfahrungsgemäß oft noch viele Medienbrüche. Digitale Datenkreisläufe, die wertvolle Informationen über Zielgruppen, Kundenwünsche und mögliche neue Geschäftschancen enthalten, sind unterbrochen. Sie lassen sich häufig weder effektiv beschleunigen noch nachhaltig auswerten.
Das bedeutet: Viele Potenziale bleiben ungenutzt. Deutlich wird das zum Beispiel dort, wo Daten manuell von einem System in ein anderes übertragen werden müssen. »Lassen sich Unternehmen auf den digitalen Wandel ein und entwickeln sie neue Produkte und Dienstleistungen, weichen übergreifende Prozesse die vorhandenen Grenzen zwischen Unternehmensbereichen meist auf«, legt Höhmann dar. »Herrschen in einem Unternehmen jedoch unterschiedliche digitale Reifegrade und Veränderungsgeschwindigkeiten, kann das die erfolgreiche digitale Transformation blockieren. Hinzu kommen die organisatorischen Veränderungen durch eine neue Verteilung von Verantwortungen – ein Change-Prozess, der erfahrungsgemäß stets ressourcenintensiv ist.«
Die Standortbestimmung allein reicht natürlich nicht. »Wer sich auf den Weg durch die digitale Transformation macht, muss eine solide Strategie entwickeln, die sich an Geschäftszielen und Investitionsvolumen orientiert und dennoch in einem wettbewerbsorientierten Zeithorizont umzusetzen ist«, erklärt Höhmann. »Weil es an Erfahrung oder an der technischen Expertise fehlt, scheuen sich viele mittelständische Unternehmen, Digitalisierungsprojekte oder gar eine gesamte Strategie konsequent in Angriff zu nehmen. Gleichzeitig spüren sie den steigenden Handlungsdruck und die Sorge, von der Konkurrenz überholt oder gar abgehängt zu werden.« Ein Weg, solche Defizite auszugleichen, ist, externe Ressourcen hinzuzuziehen. Der Vorteil: Speziell geschulte Digitalisierungs-Teams haben einen objektiven Blick auf die Organisation. Diese profitiert wiederum von der Projektkompetenz und dem branchenübergreifenden Erfahrungsschatz der externen Berater und baut zugleich interne Kompetenz auf. Weil die Anforderungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung so vielfältig sind, kommt es darauf an, die richtige Unterstützung zu finden. »Die Experten sollten die Branche kennen, die Komplexität verstehen und auch bei der Arbeit an Spezialthemen und (Teil-)Prozessen das große Ganze für den Kunden im Blick behalten«, stellt Höhmann klar. »Entscheidend für die Unternehmen ist, dass sich Investitionen schnell auszahlen. Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern muss immer im Zeichen einer nachhaltigen Wertschöpfung stehen.«