Sensordaten per Software nutzbar machen

»IT beißt sich die Zähne aus«

2. Dezember 2016, 16:15 Uhr | Markus Haller
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Daten aus Bestandsmaschinen auslesen

Allein um Maschinendaten zur Produktionssteigerung nutzen zu können, werden sich gerade kleine und mittelständische Unternehmen wohl keine neuen Maschinen oder Anlagen anschaffen. Wie steht es um das Auslesen von Sensordaten aus alten Maschinen?

Papenfuss: Technisch ist das kein Problem. Auch alte Maschinen sind in der Regel mit Sensoren ausgestattet, die relevante Daten liefern, und auch die notwendigen Schnittstellen sind vorhanden. Da wir schon sehr lange Sensordaten auslesen, umfasst unsere Datenbank auch die Kommunikationsprotokolle, die in sehr alten Anlagen genutzt werden.
Die von Ihnen beschriebene Situation trifft allerdings vornehmlich auf Deutschland zu. In den USA werden Anlagen nach einer gewissen Zeit komplett neu angeschafft und nicht runderneuert, wie es in der deutschen Industrie häufig der Fall ist.
Viele Unternehmen haben Schwierigkeiten damit, aus ihren Maschinendaten Informationen zu ziehen.

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Christoph Papenfuss (links) im Gespräch mit Elektronik-Redakteur Markus Haller.
»In der Prozessindustrie kann ein defektes Ventil, das 150 Euro kostet, eine Charge im Wert von einer halben Millionen Euro ruinieren.« Christoph Papenfuss (links) im Gespräch mit Elektronik-Redakteur Markus Haller.
© S. Lermann

Woran liegt das?

Papenfuss: Sensordaten sind sehr kompliziert, da sie nicht im äquidistanten zeitlichen Abstand anfallen und meist hohe Frequenzen aufweisen. Um sie überhaupt in eine Datenbank laden zu können, ist ein hoher Aufwand erforderlich. Das PI-System haben wir für die Analyse von industriellen Zeitreihen-Daten entwickelt. Es bringt die Sensordaten in das richtige Format, um sie in eine Datenbank zu laden und dann mit Big-Data-Applikationen auszuwerten. Die Sensordaten bei diesem Vorgang nicht zu verfälschen, erfordert viel Erfahrung im Umgang mit Automatisierungstechnik. Mittlerweile werden immer mehr IT-Fachkräfte in den Unternehmen mit der Umsetzung von Industrie-4.0-Konzepten betraut, die naturgemäß keine Experten für die Automatisierungstechnik des Unternehmens sind. Was dann häufig passiert, ist, dass sich die ITler beim Beschaffen und Aufbereiten der Sensordaten die Zähne ausbeißen.
Für die Auswertung eines Sensor­signals ist auch der jeweilige Kontext wichtig. Damit ist die Beschreibung gemeint, um was für eine Messgröße es sich handelt, von welchem Messpunkt sie erhoben wurde usw. Diese Zuordnung ist über einen Tag-Namen möglich, der mit dem Signal mitgeliefert wird. Ein Ingenieur, der seine Maschine sehr gut kennt, kann diese Tags auch interpretieren. Damit auch jemand etwas mit den Maschinendaten anfangen kann, der die betreffende Anlage nicht in- und auswendig kennt, muss dem Signal einmal der richtige Kontext zugeordnet werden und das ist bei der schieren Menge an verschiedenen Signalen ohne Unterstützung sehr aufwändig. Eine Turbine erzeugt beispielsweise etwa 5000 verschiedene Signaltypen.


Wie lässt sich diese Arbeit für den Maschinenbetreiber erleichtern?

Papenfuss: Das ist zum Beispiel über ein vorkonfiguriertes Software-Template möglich, das die Informationen zur Intepretation der Signal-Tags enthält. Ist der Standardisierungsgrad in einer Maschine oder eine Anlage sehr hoch, ist der Arbeitsaufwand für die Kontext-Zuordnung für den Betreiber relativ gering. Und auch dann, wenn Sensordaten aus Komponenten verschiedener Hersteller ausgelesen werden müssen, ist das Maß an Arbeit überschaubar.


Eine Vielzahl an periodisch aufgezeichneten Signaltypen muss eine hohe Datenmenge nach sich ziehen.

Papenfuss: Ja, das bleibt nicht aus. Deshalb werden die Maschinendaten bereits an der Schnittstelle zwischen Maschine und Datenspeicher vorkomprimiert und erst dann gespeichert. Das reduziert das Datenvolumen auf ein Maß, das auch mit einer handelsüblichen Festplatte bewältigt werden könnte.
 


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