Entwickelt wurden diese Antriebssysteme ursprünglich für Eisbrecher. Hier konnten sie ihre Vorteile am besten ausspielen: Die Elektromotoren geben ein hohes Drehmoment ab und sie sind über Frequenzumrichter einfach regelbar. Was für die Eisbrecher besonders wichtig ist: Unabhängig davon, in welche Richtung die Pods gelenkt werden, bringen sie immer die volle Energie ins Wasser. Weil die Motoren sich nicht am Heck des Schiffes befinden, sondern sich fast beliebig am Bauch des Schiffes montieren lassen, befinden sich die Propeller – anders als die Propeller am Heck – immer in günstigen Strömungsbedingungen, was die Effizienz des Antriebs erhöht.
Und sie können je nach Einsatz des Schiffes Schub geben oder es ziehen. Das ist ein weiterer entscheidender Effekt. Denn es hat sich herausgestellt, dass mit diesem Antrieb versehene Frachtschiffe durch hohes Eis fahren können, ohne selber Eisbrecher zu sein. Denn wenn die um 180 Grad gedrehten Pods das Heck praktisch in das Eis ziehen, kann das Schiff sich relativ einfach seinen Weg bahnen. Dabei kommt es nicht zuletzt auf die Kunst des Steuermanns an: Werden die Pods in einem gewissen Rhythmus ausgelenkt, dann »tanzt das Schiff durch das Eis«, wie es Eero Lehtovaara formuliert. »Damit können Frachtschiffe durch die Nordwest-Passage fahren. Ein Eisbrecher lässt sich komplett einsparen, was die Kosten enorm senkt!«
Elektrische Gondelantriebe sparen Energie
Weil sich mit diesem Antrieb in Kombination mit den neuen Möglichkeiten von IoT die Betriebskosten großer Schiffe deutlich senken lassen, findet sie seit einigen Jahren auch auf Kreuzfahrtschiffen Einsatz. »Gegenüber konventionellen Antrieben reduzieren die Azipods den Treibstoffverbrauch um bis zu 20 Prozent«, sagt Sakari Sorsimo. Außerdem sind diese Schiffe extrem manövrierfähig und wendig, so dass sie in relativ kleine Hafenanlagen einfahren können. Deshalb werden praktisch alle neuen Kreuzfahrschiffe mit diesem Antrieb ausgestattet. »Und zwar vor allem mit den Azipods von ABB«, wie Sorsimo erklärt. »Im Sektor der Gondelantriebe kommen wir auf einen Marktanteil von 80 Prozent.«
Energieeffizient und einfach zu bedienen – deshalb ist der Antrieb auch unter den Kapitänen der Schiffe sehr beliebt. »Mit dem Azipod von ABB sind wir der Ferrari unter den Schiffen«, freut sich Massimo Pennisi, Kapitän der Costa Luminosa anlässlich eines Rundgangs, auf dem er die Technik seines 2009 getauften Schiffes vorstellt. Im Kontrollraum zeigt er, wie EMMA und OCTOPUS die Schlüsselparameter so visualisieren, dass die Crew sofort erkennt, wie die derzeitige Situation – etwa der Energieverbrauch – aussieht und welche Maßnahmen zu treffen sind, um das Schiff energieeffizient zu betreiben. »Das Gesamtsystem führt nicht nur zu hoher Energieeffizienz und damit günstigen Betriebskosten, es erhöht auch die Zuverlässigkeit und die Sicherheit des Schiffes. Effizienz, Zuverlässigkeit und Sicherheit – das sind die Schlüsselbegriffe für die künftigen Schiffe«, so Massimo Pennisi.
Das wiederum freut seinen ehemaligen Kapitänskollegen Eero Lehtovaara: »Die globale Schifffahrt hat sich über die vergangenen Jahre dank der schnell voranschreitenden Automatisierung schon enorm verändert und der Einzug von elektrischen Antrieben und IoT wird diese Entwicklung noch beschleunigen.« Unter dem Aspekt, dass 90 Prozent des weltweiten Warenverkehrs über Schiffe transportiert wird und der Seehandel mit rund 4 Prozent pro Jahr wächst, sind das keine schlechten Aussichten.