Dass das Thema IoT bei den Reedern jetzt angekommen ist, zeigt das Abkommen, das Maersk kürzlich mit ABB geschlossen hat: Der weltweit größte Betreiber von Containerschiffen wird die OCTOPUS-Software von ABB in Kombination mit dem Wettervorhersagesystem der MeteoGroup auf 140 Containerschiffen einsetzen, um die Fahrwege der Schiffe unter Berücksichtigung der jeweilig vorhergesagten Wetterbedingungen zu optimieren. OCTOPUS stellt die Bewegung des Schiffes dar, kennt aber auch die jeweiligen Ladungen, die Rumpfform und die Eigenheiten der Schiffe. Die Routen, die OCTOPUS vorschlägt, sind also auf das jeweilige Schiff genau zugeschnitten, weil die Software nicht nur die äußeren Bedingungen berücksichtigt, sondern auch vorhersagt, wie sich das Schiff unter den äußeren Bedingungen verhalten wird und ob die Ladungen für diese Bedingungen ausgelegt sind.
Dies ist laut Heikki Soljama, Managing Director der Business Unit Marine & Ports von ABB, ein gutes Beispiel dafür, was IoT für die Schifffahrt künftig bedeutet: »Wir können ein riesiges Reservoir bisher brachliegender Daten nutzbar machen, um sowohl die Effizienz als auch die Sicherheit zu erhöhen und die Betriebskosten zu senken.«
Der nächste Schritt besteht darin, das Energiemanagementsystem EMMA mit OCTOPUS zu einer Plattform zusammenzuführen. »In ein bis zwei Jahren dürfte es soweit sein«, erklärt Mikko Lepistö. »Damit realisieren wir die Data-Cloud auf dem Schiff. Hier stehen die Daten, die die Elektromotoren liefern, die Daten der Frequenzumrichter, die die Antriebsmotoren regeln, die Daten zum Treibstoffluss, die Daten der Sensoren, über die die Klimaanlagen geregelt werden, die Daten über die Höhe der Wellen und Wasserströmungen, die Daten über die Bewegung des Schiffs, die Daten zur Wettervorhersage und GPS zur Verfügung. »Dieses riesige Reservoir ist nun der holistischen Analyse zugänglich«, so Mikko Lepistö. »Um dazu die richtigen Algorithmen entwickeln zu können, muss man einen tiefen Einblick in die Prozesse auf dem Schiff haben. Diese Erfahrung haben wir, und deshalb betrachten wir unsere Algorithmen als unser Kernwissen. Wir werden sie also eigenständig weiter entwickeln.«
Zusammenspiel von IoT und Hardware
IoT bedeutet aber nicht nur Software, sondern die Verbindung der Software mit flexibler Hardware, die dann im Zusammenspiel ein möglichst optimal angepasstes System realisiert. ABB fasst seine Strategie deshalb auch unter dem Begriff „Internet der Dinge, Dienste und Menschen“ (IoTSP) weiter als andere. »Bis zu 30 Prozent Produktivitätssteigerung sind durch den integrierten Einsatz der ABB-Technologien rund um das Internet der Dinge, Dienste und Menschen realistisch«, sagte Ulrich Spiesshofer, CEO von ABB auf der diesjährigen Hannover Messe. Dafür sind die Schiffsantriebe ein gutes Beispiel. Traditionell wurden im Schiffsbau die Propeller hinten am Schiff angebracht. Die einzige Möglichkeit, in die Propeller etwas Flexibilität zu bringen, bestand darin, den Anstellwinkel der Propellerblätter zu ändern.
Der Einsatz von Elektromotoren eröffnet jetzt ganz neue Möglichkeiten und gibt nicht zuletzt der Automatisierung und IoT auf dem Schiff neuen Schub. ABB hat eine besondere Form des elektrischen Antriebs entwickelt, der zu den sogenannten Gondelantrieben zählt. Die Elektromotoren, die das Schiff vorantreiben, sitzen in diesen Gondeln (in der Fachsprache Pods genannt), die unter das Schiff montiert werden. Es stehen Elektromotoren mit einer Leistung bis 22 MW zur Verfügung. Das Interessante dabei: Die rund 300 t schweren Pods – ABB nennt sie »Azipods« – sind um 360 Grad drehbar aufgehängt. Der Steuermann lenkt sein Schiff nicht mehr über ein Ruder – das Ruder entfällt komplett –, sondern einfach über einen Joystick, der die Pods in die gewünschte Position dreht.