Inwieweit wirkt sich die schwierige Liefersituation bei bestimmten elektronischen Bauelementen auch auf SVS-Vistek aus?
Weißer: Das unerwartet hohe Wachstum der Elektronikproduktion hat die Lieferzeiten für bestimmte elektronische Bauelemente massiv verlängert – ein Problem, das natürlich auch uns betrifft. Bei CCD-Bildsensoren wurde die Produktion in der Krise stark gedrosselt. Jetzt zieht die Nachfrage schneller an als erwartet, so dass die Unternehmen mit der Produktion nicht mehr hinterherkommen und sich die Lieferzeiten bis zu 90 Tagen ausdehnen. Betroffen sind auch Bausteine, die für die geräteinterne Intelligenz verantwortlich sind, etwa FPGAs und CPLDs, aber auch scheinbar einfache Komponenten.
Angesichts dessen sind gute Forecast-Strategien nötig: Wir haben auch in der Krise an Wachstum geglaubt und unsere Lager ausgeweitet, um im Aufschwung die Nachfrage befriedigen zu können. Unser Lagerbestand hat sich innerhalb von eineinhalb Jahren verdoppelt. Deshalb haben wir unsere Key-Kunden und -Partner stets in akzeptabler Zeit bedienen können.
Herr Schaarschmidt, Sie sind vor etwa eineinhalb Jahren von Stemmer Imaging zu SVS-Vistek gewechselt. Jetzt beteiligen Sie sich am Unternehmen ...
Schaarschmidt: Tatsächlich werde ich mich in die Firma SVS-Vistek nun auch unternehmerisch einbringen, und zwar als Geschäftsführer und Mitgesellschafter. Ich weiß mich mit Herrn Denk und Herrn Weißer einig, dass dieser Schritt auch angesichts unserer Wachstumsstrategie sinnvoll ist und meinen Willen dazu und meine Ziele unterstreicht. Das Zusammenspiel unserer Fähigkeiten klappt in der Praxis hervorragend.
Welche neuen Techniken und Produkte wird SVS-Vistek auf der diesjährigen Vision vorstellen?
Schaarschmidt: Wir ergänzen unsere »SVCam-HR«-Baureihe um die schnellsten am Markt verfügbaren Kameras mit 4-Tap-Sensoren von Kodak. Erhältlich sein werden Versionen mit Auflösungen von 4 und 8 Megapixel mit einer Dual-Gigabit-Ethernet-Schnittstelle mit Link-Aggregation-Technik. Darüber hinaus präsentieren wir ein Upgrade unserer Serie »SVCam-CF« mit dem Titel »SVCam-EVO«. Diese neue Spitzenserie wird mit Auflösungen von 1, 2 und 4 Megapixel bereitstehen und ziemlich sicher die Bildraten-Weltmeisterschaft im Gigabit-Ethernet-Segment übernehmen. Ihre Dual-Gigabit-Ethernet-Schnittstelle mit Link-Aggregation-Technik schöpft das Datenraten-Limit von 240 MByte/s aus. Auch bei den Kompaktkameras der »SVCam-eco«-Familie gibt es Neues: Sie werden zwar keine Dual-Gigabit-Ethernet-Schnittstelle haben, weil die eingebauten Sony-Sensoren keine benötigen, dafür aber mit Power over Ethernet ausgestattet sein. Genauer gesagt: Den bisherigen Geräten ohne PoE stellen wir jeweils eine Variante mit PoE an die Seite.
Welche Vorteile hat die Power-over-Ethernet-Technik Ihres Erachtens?
Weißer: In Standard-Anwendungen ist sie sehr sinnvoll, weil sie es erlaubt, die Kamera mit nur einem Kabel an den PC zu koppeln. Wenn aber Faktoren wie große I/O-Kapazität, exaktes Timing und harter Determinismus entscheidend sind, ist die bisherige Lösung mit zwei getrennten Kabeln für Daten, I/O-Kanäle und Strom im Vorteil (in jeder SPS sind 24 V vorhanden).
Als Blickfang erweisen wird sich auf unserem Vision-Messestand auch der Prototyp einer Kamera mit dem 29-Megapixel-CCD-Bildsensor KAI-29050 von Kodak. Der Sensor ist momentan als Sample erhältlich.
Für welche Anwendungen sind derart hohe Auflösungen überhaupt nötig?
Denk: Die Inspektion von Solarzellen-Wafern ist eine klassische Anwendung für 11- oder 16 Megapixel-Kameras. Auch Geräte mit 29 Megapixel Auflösung werden dort ihren Markt finden. Dasselbe gilt für die Inspektion von TFT-LCD-Displays und Flachbildschirm-Fernsehgeräten. Auch in der Medizin, etwa bei Mammographie oder Röntgen, sind besonders hohe Auflösungen gefragt.
Welche Pixelgröße hat der 29-Megapixel-Bildsensor?
Schaarschmidt: Die Bildsensoren der neuen Produktlinie von Kodak, auch der KAI-29050, haben allesamt 5,5 ?m Pixelgröße, so dass sich bei 29 Megapixel das volle Kleinbildformat (24 x 36 mm) ergibt. Die Pixelstruktur des KAI-29050 entspricht also derjenigen der anderen neuen Familienmitglieder, so dass die Smear-Effekte ebenso gering sind.
Könnten CMOS-Bildsensoren ihre Pendants in CCD-Technik irgendwann verdrängen?
Schaarschmidt: Nach wie vor, und erst recht mit der Einführung der neuen Kodak-Baureihe, stehen CCD-Bildsensoren in Sachen Bildqualität an der Spitze. Problematisch bei CMOS-Sensoren sind mögliche White Spots und Dark Spots, also Ausreißer bei den Bildpunkten, die technisch ausgeglichen werden müssen. Preislich nähern sich CCD- und CMOS-Sensoren bei vergleichbarer Qualität an. Momentan sind völlig neue Bildsensortechniken in der Entwicklung – welche Vorteile sie bringen, wird sich zeigen.
In welchen neuen Märkten außerhalb der klassischen industriellen Qualitätssicherung will sich SVS-Vistek künftig verstärkt engagieren?
Denk: Schon vor etwa vier Jahren sind wir in den Markt für Verkehrstechnik eingestiegen, vor zweieinhalb Jahren dann in den für Medizintechnik und Life Science. Interessant sind für uns auch die Märkte Geodäsie, Vermessung und Geographie-Dokumentation sowie Umwelt- und Agrarwissenschaften. Wir verfolgen die Entwicklungen in diesen Märkten, um gegebenenfalls spezielle Produkte bereitstellen zu können. Bisher nutzen wir dafür aber noch hauptsächlich unsere Standardprodukte.
Planen Sie, mit SVS-Vistek in neue Produktbereiche einzusteigen?
Weißer: Längerfristig wollen wir mehr FPGA-Intelligenz für kundenspezifische Funktionen integrieren. Die Kameras sollen eine kundenspezifische Vorverarbeitung auch bei hohen Bildraten durchführen können. Ein Einstieg in das Produktsegment der frei programmierbaren, »intelligenten« Kameras ist aber nicht vorgesehen. Außerdem wollen wir unsere Kompetenz in Sachen kundenspezifische Software-Algorithmen als Ergänzung zu den Standard-Software-Algorithmen stärken.