Trotz der Wirtschafts- und Finanzkrise hat der Industriekamera-Hersteller SVS-Vistek das Geschäftsjahr von April 2009 bis März 2010 mit einem zweistelligen Umsatzwachstum gegenüber dem Vorjahr abgeschlossen. Wie dies gelingen konnte und welche Strategie das Unternehmen für die kommenden Jahre verfolgt, darüber informieren die beiden geschäftsführenden Gesellschafter Walter Denk und Ulf Weißer sowie der frisch berufene Geschäftsführer und Mitgesellschafter Andreas Schaarschmidt.
Markt&Technik: Wie hat sich der Umsatz Ihres Unternehmens im vergangenen Geschäftsjahr entwickelt?
Weißer: Wir haben im Geschäftsjahr 2009, das am 31. März 2010 endete und mit der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise einherging, 23 Prozent Umsatzwachstum gegenüber dem Vorjahr erzielt und damit unsere ursprüngliche Prognose deutlich übertroffen. Ein interessanter Aspekt ist dabei, dass wir in Asien erstmals schneller gewachsen sind als in Europa.
In den nächsten Jahren wollen wir dieses Steigerungsniveau zumindest annähernd halten; zwischen 15 und 20 Prozent Wachstum sind für das laufende und die kommenden Geschäftsjahre realistisch. Den Anspruch, uns zum Marktführer zu entwickeln, haben wir aber nicht. Grundlage für weiteres Wachstum wird auch die Förderung und Weiterentwicklung unserer Mitarbeiter sein.
Schaarschmidt: Unwägbarkeiten liegen vor allem in der Entwicklung auf den Finanzmärkten. Deren Akteure orientieren sich ja trotz der Krisenerfahrung nach wie vor hauptsächlich am kurzfristigen Profit. Prognosen sind und bleiben daher schwierig.
Wie hat Ihr Unternehmen auf die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise reagiert?
Schaarschmidt: Der wichtigste Schritt war, unser nationales und internationales Vertriebsnetz zu erweitern. Zum einen haben wir eine Vertriebspartnerschaft mit IDS Imaging Development Systems abgeschlossen. Sie bezieht sich auf den deutschen Markt und primär auf unsere hochauflösenden Kameras mit Kodak-CCD-Sensoren. Während wir unser Hauptaugenmerk ja auf schnelle, hochauflösende CCD-Kameras mit GigE-Vision- oder CameraLink-Schnittstellen lenken, ist IDS der Spezialist für USB- oder Gigabit-Ethernet-CMOS-Kameras mit Global- oder Rolling-Shutter.
Die Produktpaletten beider Unternehmen ergänzen sich also gut, was sicherlich ein Grund dafür ist, dass die Partnerschaft wächst und gedeiht. Zwischen SVS-Vistek und IDS ließ sich eine klassische Win-win-Situation verwirklichen: Beide Firmen können Techniken anbieten, die sie nicht selbst herstellen, und das umfangreiche deutsche Vertriebsnetz von IDS vermittelt uns besseren Zugang zum heimischen Markt.
Darüber hinaus haben wir zuverlässige Distributionspartner in wichtigen europäischen Ländern für uns gewonnen, und zwar in Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und der Schweiz. Sie haben schon begonnen, einen wichtigen Beitrag zum Gesamtumsatz des Unternehmens zu leisten.
Welche Hausaufgaben stehen im internationalen Vertriebsnetz noch an?
Weißer: Ein großer Fleck auf der Weltkarte, der noch nicht in zufrieden stellender Form vertrieblich abgedeckt ist, sind die USA. Wir haben vor einigen Jahren ein Experiment mit einer Niederlassung gemacht, aber wegen der damals schwierigen Bedingungen wieder eingestellt. Jetzt betreuen Distributoren den US-Markt für uns. Das Problem dabei ist nicht, dass wir mit ihnen unzufrieden wären, sondern dass es sich bei den USA wie auch bei Japan um strategische Märkte handelt, die man allein mit Distributoren nicht hundertprozentig bearbeiten kann. Momentan erwägen wir, einen neuen Anlauf für eine Niederlassung zu unternehmen. Ein erster Schritt in diese Richtung wäre ein kleines Büro, das die Distributoren betreut. Was genau wir unternehmen werden, entscheidet sich voraussichtlich im Herbst.
Eine verblüffend einfache, aber dennoch höchst effektive Strategie haben wir für den südkore-anischen Markt umgesetzt. Wir unterhalten dort bewährte Vertriebspartnerschaften mit zwei Händlern. Zudem haben wir vor gut einem Jahr für die Bearbeitung der asiatischen Märkte eine koreanische Mitarbeiterin mit Japanisch-, Chinesisch, Englisch- und Deutschkenntnissen eingestellt. Dies hat sich als eine sehr sinnvolle Entscheidung erwiesen, die man auch auf andere Länder und Regionen übertragen könnte. Für den brasilianischen Markt beispielsweise ist es vielleicht sinnvoller, hier an unserem Hauptsitz einen portugiesisch-sprachigen Mitarbeiter einzustellen, der die Vertriebspartnerschaften koordiniert, als gleich mit einer eigenen Niederlassung anzutreten.
Welche Strategie verfolgt Ihr Unternehmen für seinen eigenen Distributionsbereich?
Denk: Unseren eigenen Distributionsbereich bauen wir derzeit weiter aus: Die Vorarbeiten sind im Fluss, und gegen Ende des Jahres wollen wir damit offensiver auf den Markt gehen. Unser Ziel ist es aber nicht, den großen Bildverarbeitungstechnik-Distributoren Konkurrenz zu machen, sondern den Kunden verstärkt technisch abgestimmte weitere Komponenten statt nur Kameras anzubieten. Ein Zusammenspiel von Licht, Optik, Kamera und Auswertung wird immer wichtiger, um effektive Systeme aufzubauen. In diesem Zusammenhang forcieren wir auch unseren Bereich Systemberatung.
Haben Sie angesichts des Umsatzwachstums neue Mitarbeiter eingestellt?
Denk: Tatsächlich haben wir, um auch in Zukunft ein stetiges Umsatzwachstum zu ermöglichen, die Unternehmensorganisation mitwachsen lassen: In den vergangenen zwölf Monaten hat sich das SVS-Vistek-Team um fünf auf 30 Mitarbeiter verstärkt. Unter anderem haben wir zwischen der Ebene der geschäftsführenden Gesellschafter und der Sachbearbeiter eine mittlere Führungsebene eingezogen. Ich denke, dass wir so den Spagat zwischen flacher Hierarchie und schlagkräftiger Organisation am besten meistern können.
Welche Projekte sind bei SVS-Vistek darüber hinaus am Laufen?
Denk: Momentan führen wir ISO 9000 ein. Außerdem erwägen wir, einen Mitarbeiter einzustellen für interdisziplinäre Aufgaben, die über Entwicklung, Vertrieb, Einkauf, Kundendienst und Marketing hinausreichen, um spezielle Kundenbedürfnisse leichter in Lösungen umsetzen zu können. Er soll frei zwischen den Abteilungen angesiedelt sein, sich um Sonderprojekte kümmern und allgemein die Flexibilität im Unternehmen fördern. Irgendwann könnte daraus vielleicht sogar eine kleine Abteilung erwachsen.