Und zwar?
In der Logistikbranche gibt es derzeit eine intensive Diskussion zum Thema CO2-Neutralität. Auch kleine Speditionsunternehmen sind mittlerweile verpflichtet oder angehalten, ihren Kunden zu sagen, wie viel CO2 sie produziert haben, indem sie Produkte mit ihren Trailern zu ihnen gebracht haben. Dies bieten wir jetzt für den Trailer-Hersteller über unsere spezielle Sustainability-Cloud, die sogenannte Net Zero Cloud, als Dienstleistung an. Der Hersteller, der ja 80.000 Trailer mit Telematik-Geräten auf dem Markt hat, kann dann Spediteuren aller Größe, auch kleinen Fünf-Mann-Unternehmen, Zugang zu seiner Website gewähren und ihnen über die Net Zero Cloud ein Dashboard zur Verfügung stellen. Auf dem Dashboard können die Kunden dann abrufen, wie viel CO2 der Trailer mit der Ladung xyz auf dem Weg von A nach B verursacht hat.
Wir als Salesforce haben die dafür nötigen Daten, vom Kraftstoffverbrauch über das Ladungsgewicht bis zur Entfernung in Kilometern, sodass sie sich auswerten und visualisieren lassen. Eine kleine Fünf-Mann-Spedition würde dafür keine solch große Infrastruktur aufbauen, weil sie erstens nicht die nötige IT-Kompetenz hat und zweitens sich nicht selbst mit all diesen Daten und mit Dashboards auseinandersetzen will. Aber als Dienstleistung würde sie es nutzen, genauso wie ein Konsument: Auf Paketaufklebern von DHL-Paketen steht mittlerweile, wie viel CO2 das Versenden des Pakets verursacht hat.
Lassen sich bei solchen Dienstleistungen auf Basis der Net Zero Cloud alle Faktoren berücksichtigen, die insgesamt mit einfließen?
Das ist ein guter Punkt. Eine der Stärken von Salesforce ist meines Erachtens, dass wir eine Plattform haben, die Daten einsammelt und über eine zentrale Drehscheibe verfügbar macht. Die Plattform umfasst eine zentrale Meta-Datenbank, die in die angeschlossenen Systeme hineinwirkt und dort die benötigten Daten abruft. Und innerhalb der Meta-Datenbank gibt es Standard-Applikationen, die wir über die Cloud zur Verfügung stellen, wie unser Customer-Relationship-Management-System »Customer 360«, die Sales-Cloud, die Service-Cloud für das Thema Maintenance und Support sowie eine Marketing-Cloud, um Marketing-E-Mails zu versenden. Auf dieser Plattform setzt auch die Net Zero Cloud auf, die beliebige eigene Erweiterungen ermöglicht. Das funktioniert letztlich wie ein Lego-Baukasten. Zudem haben wir vor ein paar Jahren das Unternehmen Mulesoft aufgekauft und dadurch eine API-basierte Integrations-Plattform hinzugewonnen, die es ermöglicht, in die Salesforce-Welt aus beliebigen Systemen Daten zu integrieren sowie die Daten zusammenzuführen und zur Verfügung zu stellen.
Was kann die Net Zero Cloud konkret leisten?
Für eine kleine Spedition lässt sich der CO2-Ausstoß leicht anhand von Kraftstoffverbrauch, Ladungsgewicht und Kilometerentfernung berechnen. Komplexer wird es beispielsweise, wenn ein Unternehmen global verteilte Produktionsstätten betreibt, für die sich die Stromerzeugung stark unterscheidet. Eine Stromerzeugung für ein Werk in Frankreich oder ein CO2-Ausstoß eines Werks in Frankreich ist etwas ganz anderes als in Deutschland, weil in Frankreich über 70 Prozent der Energie durch Atomstrom erzeugt werden. Dort habe ich weniger CO2-Ausstoß als in Deutschland, wo stark mit Kohle- und Gaskraftwerken gearbeitet wird. Solche Aspekte werden in der Net Zero Cloud berücksichtigt. Auch unterschiedliche Maßeinheiten, wie sie etwa in den EU-Staaten und den USA gelten, haben wir einbezogen. Selbstverständlich wissen wir aber, dass es nicht die hundertprozentig fertige Lösung für jeden Kunden gibt. Genau deshalb haben wir unseren Lego-Baukasten-Ansatz, der es Kunden ermöglicht, jederzeit eigene Datensätze mit einzubringen oder andere Datenschnittstellen zu verwenden und die Daten somit anzureichern und aufzuwerten.
Salesforce stellt also entsprechende Funktionen zur Verfügung. Können die Kunden selbst oder auch von Drittherstellern entwickelte Funktionen hinzufügen, quasi als Apps?
Was Apps von Drittanbietern anbelangt, bietet Salesforce den »AppExchange«-Marktplatz. Er ist vergleichbar mit dem Google Play Store bei Android-Produkten. Inzwischen gibt es Tausende von kommerziellen und auch freien Softwareentwicklern, die auf dem AppExchange-Marktplatz Erweiterungen anbieten. Anwender können dort wie in einem klassischen App-Store alle möglichen Zusatzfunktionen finden, und zwar auch solche, die Salesforce gar nicht selbst auf der Agenda hat, weil es dafür Partnerunternehmen gibt, die entsprechende Nischen abdecken. Deren Apps sind dann in AppExchange leicht integrierbar.
Stößt das Angebot der Net Zero Cloud in puncto Emissionsbilanzierung bei Unternehmen mittlerweile auf große oder eher noch verhaltene Resonanz?
Die Resonanz ist riesig. Soweit ich weiß, muss bis Ende 2023 jedes Unternehmen, das mehr als eine halbe Milliarde Euro Umsatz erzielt, diese Zahlen auch in seinen Geschäftsberichten veröffentlichen. In den folgenden Jahren werden gemäß der EU-Richtlinie »Corporate Sustainability Reporting Directive« weitere Unternehmensgruppen hinzukommen. Insofern sind zumindest diese Unternehmen dazu gezwungen, sich mit der Erfassung und Analyse der nötigen Daten zu beschäftigen. Und selbst wenn es keine Verpflichtung gäbe, kann sich meines Erachtens heutzutage kaum ein Unternehmen noch erlauben, seinen Kunden nicht transparent zu machen, dass es etwas dafür tut, seinen CO2-Ausstoß und seinen Energieverbrauch zu reduzieren.
Welche Alleinstellungsmerkmale haben Sie als Dienstleister für die Industrie? Was bieten Sie, was andere nicht bieten?
Ich glaube, unser großes Alleinstellungsmerkmal ist, dass wir seit 24 Jahren nichts anderes tun. Wir sind Born Native Cloud, haben von Anfang an unsere Software-Infrastruktur auf der Cloud aufgebaut und bieten über die Customer-360-Plattform eine 360-Grad-Sicht auf alle Themen an, die die Kunden betreffen. Wir machen ja nicht nur CRM, sondern auch Service, Marketing, Converse, Integration, Data-Analytics, die Net Zero Cloud, sprich: Wir sind inzwischen in vielen Bereichen tätig. Und wir berühren eigentlich alle Aspekte, die die Kunden in irgendeiner Form betreffen: vom Vertrieb über den Service und die Nachbearbeitung bis hin zur Betreuung über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Wenn Sie all diese Themen mit einem einzigen Anbieter abarbeiten wollen, geht das eigentlich nur mit Salesforce.
Es gibt das Bonmot, dass die Cloud deshalb Cloud heißt, weil dort die Daten geklaut werden. Wenn ein potenzieller Kunde Ihnen mit sowas kommt, was raten Sie ihm dann?
Auch Cloud ist nicht gleich Cloud, aber wir haben natürlich als geborener Cloud-Anbieter seit unserer Gründung alles Erdenkliche getan, um sicherzustellen, dass so etwas nicht passiert. Wir haben eine große Abteilung, die sich darum kümmert, dass die Daten geschützt sind, aber auch die Kunden berät, was sie selbst zur Datensicherheit beitragen können. Denn oft bedeutet das Klauen der Daten aus der Cloud nicht, dass sie jemand aus der Cloud klaut, sondern in den meisten Fällen sind es die eigenen Mitarbeiter, die darauf zugreifen. Das sind dann weniger Cybersecurity-Themen, sondern eher Auditierungsthemen. Wir versuchen, unter den Ersten zu sein, wenn es neue Zertifizierungs-Richtlinien oder Datenschutz-Anforderungen gibt. Wir beauftragen Penetration-Tester, die unsere Systeme hacken, um herauszufinden, wo Schwachstellen sein könnten. Vertrauen ist unser wichtigster Unternehmenswert seit der Firmengründung - und damit auch die Sicherheit unserer Cloud.