Auszeichnung des Europäischen Patentamts

Europäischer Erfinderpreis – zwei Deutsche unter den Gewinnern

11. Juli 2024, 9:30 Uhr | Corinna Puhlmann-Hespen
Europäischer Erfinderpreis 2024: Unter anderem wurden Fiorenzo Dioni und Richard Oberle ausgezeichnet, für ihre Erfindung aus dem Bereich Automobilfertigung.
© Europäisches Patentamt (EPA)

Eine KI-Forscherin und ein Ingenieur aus Deutschland dürfen sich über den europäischen Erfinderpreis 2024 freuen. Insgesamt ausgezeichnet wurden Visionäre aus der ganzen Welt, die Innovationen aus den Bereichen Fahrzeugbau, Computer Vision, Magnettechnik und Photovoltaik auf den Weg gebracht haben.

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Das Europäische Patentamt (EPA) hat auch in diesem Jahr wieder herausragende Erfinderinnen und Erfinder gewürdigt, die mit ihren Innovationen die Transformation von Gesellschaft und Industrie vorantreiben.

Die diesjährigen Gewinner wurden unter 16 Finalisten ausgewählt, die aus ursprünglich 550 Kandidaten hervorgegangen waren.

Durchbruch bei der Autofertigung

Zu den deutschen Preisträgern gehört der Ingenieur Richard Oberle, der zusammen mit Fiorenzo Dioni ein Hochpräzisions-Aluminium-Druckgussverfahren entwickelt hat, welches für die Automobilfertigung einen Durchbruch darstellt. Der 85-jährige Ingenieur hat die Entwicklung der sogenannten Giga-Press mit 5S-Einspritzsystem auf den Weg gebracht. Die für die Fertigung von E-Autos entwickelte Druckgussmaschine arbeitet mit besonders hohen Drücken. Mit dieser Erfindung lassen sich der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen im Automotive-Sektor reduzieren.

Bei herkömmlichen Produktionsverfahren wird der komplexe Unterboden von Autos aus Dutzenden von Druckgussbauteilen zusammengesetzt, die alle einzeln hergestellt werden. Als weltweit größte Aluminium-Druckgussmaschine mit besonders hoher Presskraft markiert die Giga-Press einen Paradigmenwechsel in Sachen Produktionskapazität und -geschwindigkeit. Sie rationalisiert den Fertigungsprozess, indem der gesamte Fahrzeugunterboden aus lediglich zwei bis drei großen Bauteilen hergestellt werden kann.

KI und maschinelles Lernen

Des Weiteren ist Cordelia Schmid aus Deutschland für ihre KI-Forschung ausgezeichnet worden. Sie hat einen wegweisenden Beitrag dazu geleistet, Künstliche Intelligenz über die grundlegende Objekterkennung hinaus und für komplexere Vorgänge weiterzuentwickeln, beispielsweise das Verstehen von visuellen Szenen in ihrem Kontext, die Interpretation menschlicher Handlungen und sogar die Vorhersage bevorstehender Ereignisse in einem Video. Im Rahmen des maschinellen Lernens, das eine enorme Menge an visuellen, Audio- und Textdatensätzen einschließt, lernt die KI, visuelle Informationen in ähnlicher Weise wie Menschen zu verarbeiten. Das versetzt die KI in die Lage, Objekte in Bildern und Videos präziser und intelligenter als je zuvor zu erkennen und zu kategorisieren.

Ein wesentliches Merkmal der Arbeit von Cordelia Schmid ist die Effizienz. Die visuellen Daten werden in Echtzeit verarbeitet und analysiert: Das ist vor allem für jene Anwendungen relevant, bei denen eine sofortige Reaktion erforderlich ist wie zum Beispiel bei selbstfahrenden Autos und interaktiver Robotik. Für die praktische Umsetzung von Schmids Forschungsarbeit müssen Systeme geschaffen werden, die mehrere Datentypen zeitgleich verarbeiten und analysieren können und somit schnellere Reaktionen ermöglichen. Dazu hat Schmid selbstverbessernde maschinelle Lern-Modelle eingesetzt, die laufend neue Daten integrieren. Das verleiht der KI die Fähigkeit, ihre Genauigkeit und Effektivität ständig zu steigern.

Schmids Forschung könnte dazu führen, dass KI intelligenter und maßvoller mit Menschen interagiert, als das bisher der Fall war. Im Gesundheitswesen könnten Roboter zum Beispiel in der Lage sein, ältere Menschen zu unterstützen oder Stürze zu erkennen.

Das sind die Preisträgerinnen und Preisträger im Überblick

  • Industrie: Fiorenzo Dioni und Richard Oberle, für ihr Hochpräzisions-Aluminium-Druckgussverfahren, das die Automobilbranche revolutioniert hat.
  • Forschung: Cordelia Schmid, für ihre Leistungen in der Informatik, die maschinelle Lernanwendungen ermöglichen, die bis in alltägliche Technologien hineinreichen.
  • Nicht-EPO-Staaten: Masato Sagawa, der sich durch die Entwicklung der stärksten Permanentmagneten einen Namen gemacht hat, die eine wesentliche Rolle in verschiedenen High-Tech-Anwendungen spielen. 
  • KMU: Olga Malinkiewicz und ihr Team, für ihre kostengünstigen und umweltfreundlichen Perowskit-Solarzellen, die die Solarenergie-Technologie einen bedeutenden Schritt vorangebracht haben. 
  • Lebenswerk: Dame Carol Vivien Robinson, deren Leistungen bedeutende Fortschritte in der Massenspektrometrie, der biomedizinischen Forschung und der medizinischen Diagnostik ermöglicht haben. 

Young Inventors Prize 

Diese Auszeichnung wurde 2022 ins Leben gerufen, um die Initiative und Kreativität junger Menschen zu würdigen. Der erste Platz ist mit 20 000 EUR dotiert. Der Zweitplatzierte erhält 10 000 EUR und der Finalist, der den dritten Platz belegt, bekommt 5 000 EUR. 

  • Erster Platz: Rochelle Niemeijer, eine 29-jährige Wissenschaftlerin aus den Niederlanden, konnte sich mit ihrem KI-gestützten portablen Testkit für die Schnelldiagnose bakterieller Infektionen, wie beispielsweise der Harnwege, den ersten Platz sichern.
  • Zweiter Platz: Valentyn Frechka, ein 23-jähriger Erfinder aus der Ukraine, gewann mit seinem Herstellungsverfahren für nachhaltiges Papier aus Herbstlaub den zweiten Platz, das den Abholzungsbedarf für die Papierherstellung deutlich senkt.
  • Dritter Platz: Khaoula Ben Ahmed, Ghofrane Ayari, Souleima Ben Temime und Sirine Ayari wurden für ihre innovative, intelligente Rollstuhlsteuerung mit dem dritten Platz ausgezeichnet. Damit fördern sie die Mobilität und Selbstbestimmtheit von Menschen mit Behinderung.

 

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