Embedded Vision bringt Bildverarbeitung direkt in Systeme der Kunden und bietet sich für Edge Computing an. KI erweitert dabei die Möglichkeiten zur Qualitätsprüfung. Ulli Lansche, Technischer Redakteur bei Matrix Vision, erläutert die Hintergründe.
Welche Bedeutung wird Embedded Vision in der Bildver-arbeitung künftig erlangen? In welchen Anwendungen wird Embedded Vision zu finden sein?
Ulli Lansche: In den kommenden Jahren wird Embedded Vision in der Bildverarbeitung mehr und mehr an Bedeutung gewinnen und den klassischen Lösungen aus Industriekamera und Industrie-PC Marktanteile abnehmen. Hierfür gibt es mehrere Gründe:
➔ Embedded-Vision-Produkte sind klein, modular, plattformunabhängig, leistungsstark und haben trotz einer hohen Performance einen geringen Stromverbrauch. Kurz gesagt sind das genau die Eigenschaften, welche für die überwiegende Anzahl von Bildverarbeitungsanwendungen erwünscht sind.
➔ Das grundlegende Ziel von Embedded-Vision-Systemen ist es, die komplette Bildverarbeitung inklusive Hardware und Software in das Gehäuse des Kunden zu bringen. Das heißt, die Kamera ist nahe an der Computerplattform angesiedelt, und die anwendungsspezifische Hardware ist im System eingebettet oder mit ihm verbunden. Zusätzliche Komponenten wie Beleuchtung, Sensoren oder digitale I/Os sind integriert oder bereitgestellt. Dieser Vision-in-a-Box-Ansatz eignet sich für viele Anwendungen und ist natürlich prädestiniert für Edge Computing. Edge Computing ist bekanntlich der Ansatz, die Datenverarbeitung zu dezentralisieren, sprich: die erste Vorverarbeitung der verdichteten Daten »an der Kante« (Edge) zum Netzwerk und die weitere Verdichtung dann im (Cloud-)Server durchzuführen. Im IoT stellt Embedded Vision die Bildverarbeitungslösung für Edge Computing dar. Damit ist klar, dass Embedded Vision mit Industrie 4.0 einhergeht.
➔ Die unterschiedlichen Datenschnittstellen von MIPI, PCI Express und USB bieten für jedes Anwendungsprofil die passende Lösung. Auch hier zeichnet sich Embedded Vision durch hohe Flexibilität aus.
Generell gibt es keine Einschränkungen beim Einsatz von Embedded-Systemen. Durch die unterschiedlichen Baugrößen und Rechenleistungen der Carrier Boards und Komponenten sowie die unterschiedlichen Datenschnittstellen wie USB, PCI Express und MIPI sollte für jede Anwendung, ob High-End hinsichtlich Auflösung und Performance oder Low-End hinsichtlich des Preises, ein passendes System auf dem Markt zur Verfügung stehen. Im Idealfall stellt der Anlagenbauer oder Systemintegrator einfach aus einem Baukasten die passenden Elemente für sein Embedded-Vision-System zusammen, richtet die Hardware und die Software ein und los kann es gehen.
Welche Rolle wird künstliche Intelligenz in der Bildverarbeitung künftig spielen, und welche Aufgaben wird sie erfüllen?
Auch die künstliche Intelligenz wird eine wichtigere Rolle in der Bildverarbeitung einnehmen. Gerade in den Bereichen OCR bzw. Schrifterkennung, Anomalieerkennung und Oberflächenprüfung erweisen sich Anwendungen auf KI-Basis als besonders effizient. Bei der Schrifterkennung beispielsweise muss nicht jede neue Schriftart eingelernt werden, sondern aus den bisher erlernten Daten kann sich die KI neue Schriftarten selbst erschließen. Mussten früher alle Gut- und Schlechtvarianten eines Teiles bei der Qualitätssicherung eingelernt werden, kann dies ein KI-System in Verbindung mit einer Anomalieerkennung durch ein paar Beispiele bewerkstelligen. Im laufenden Betrieb lernt die KI dazu und entscheidet selbst, ob es sich bei Abweichungen zum erlernten Ausgangspunkt um Gut- oder Schlechtteile handelt. Die KI spielt ihre Stärken besonders in den Fällen aus, bei denen es ohnehin wenig Abweichungen gibt und Qualitätssicherung noch weiter optimiert werden soll. Anwendungen auf KI-Basis ermöglichen auch komplexe Oberflächenprüfungen etwa von Stoffen. Eine »klassische« Bildverarbeitungsanwendung hätte hier zu viele Stellschrauben.
Mittlerweile ist in Embedded-Systemen die erforderliche Rechenleistung vorhanden, sodass auch KI-Lösungen in ihnen zum Einsatz kommen können. Denkbar sind, neben der Qualitätsprüfung etwa in der Elektronik sowie dem Erkennen von Fehlern in der Automobil- oder Pharmabranche, auch das Klassifizieren und Identifizieren von Lebensmitteln oder Pflanzen.