Interview mit Nobelpreisträger Dr. Johannes Georg Bednorz

»Die Supraleitung muss jetzt breite Akzeptanz finden!«

3. April 2014, 11:49 Uhr | Heinz Arnold
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Bislang unerklärtes Phänomen Supraleiter

Kommen wir zurück zur Wissenschaft: Welche physikalischen Gesetze hinter der Hochtemperatur-Supraleitung stehen, ist nach wie vor unbekannt. Gibt es neue Ansätze für eine Erklärung des Phänomens?

Über die Ursachen des Phänomens haben wir tatsächlich noch keine Klarheit. Derzeit gibt es zwei verschiedene Ansätze die erklären sollen, welcher Mechanismus dazu führt, dass sich die Ladungsträger zu sogenannten Cooper Paaren zusammenfinden, die den Strom verlustfrei transportieren. Der eine geht davon aus, dass der Magnetismus eine entscheidende Rolle spielt. Der zweite Ansatz geht davon aus, dass die aus der BCS-Theorie bekannte Elektron-Phonon-Wechselwirkung auch in den Hochtemperatur-Supraleitern notwendig ist, um das Phänomen zu erklären. Es finden sich Experimente, die sich durch den ersten Ansatz erklären lassen, andere Experimente hingegen fordern den Elektron-Phonon Mechanismus als Verursacher des Phänomens. Beide Erklärungsansätze stehen sich im Moment gegenüber. Eine allgemein akzeptierte Theorie gibt es also bisher nicht.

Viele Fragen sind also noch offen, die Supraleitung bleibt ein spannendes Thema. Sie würden Studenten der Natur- und Ingenieurwissenschaften also weiterhin empfehlen, sich mit dem Thema zu beschäftigen?

Auf jeden Fall. Das Thema ist noch lange nicht ausgereizt, es gibt sowohl in der Grundlagenforschung als auch der Entwicklung auf vielen Ebenen noch manches zu entdecken und zu verbessern. Im Bereich von elektronischen Anwendungen haben Hochfrequenz und Sensoreigenschaften der Supraleiter bereits großes Potential gezeigt und das Feld ist offen für kreative Ideen zur Anwendung.

Wo sehen Sie die Hochtemperatursupraleitung in fünf Jahren?

Wenn ich den Zeitrahmen auf zehn Jahre ausdehnen darf, so bin ich zuversichtlich und sehe, dass die Supraleitung Einzug gehalten hat in viele Bereiche unseres Alltags. Neben supraleitenden Strombegrenzern, die soeben den Schritt zum kommerziellen Produkt gemacht haben, werden in Städten sukzessiv Niederspannungsnetze aufgebaut, Generatoren in Wind- und Wasserkraftwerken betrieben und Motoren werden zum Schiffsantrieb oder für industrielle Prozesse eingesetzt. Unbemerkt bleiben werden möglicherweise weiterhin die heute schon einsatzbereiten Frequenz-Filter in den Basisstationen für mobile Kommunikation und die supraleitenden Sensoren. Letztere erweisen sich als attraktiv für Anwendungen nicht nur im geophysikalischen sondern besonders im medizinischen Bereich. Nicht vorhersehbar sind allerdings die Szenarien, die noch der Phantasie entspringen und durch kreative Ideen entstehen können.


  1. »Die Supraleitung muss jetzt breite Akzeptanz finden!«
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