Erdgasspeicher Xanten

Motor-Management und Sicherheitstechnik vereint

28. April 2014, 12:01 Uhr | Dr. Joachim Höhne, Siemens-Division Industry Automation
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Sicherheitstechnik in den MCC-Einschüben integriert

Sebastian Cichowski, RWE Gasspeicher GmbH: »Für uns ist es ein großer Vorteil, dass die Sicherheitstechnik nun in den Einschüben der MCC-Verbraucherabzweige integriert ist.«
Sebastian Cichowski, RWE Gasspeicher GmbH: »Für uns ist es ein großer Vorteil, dass die Sicherheitstechnik nun in den Einschüben der MCC-Verbraucherabzweige integriert ist.«
© RWE Gasspeicher GmbH

Im Zuge der Anlagenaktualisierung wurde die gesamte Schalt- und Energieverteilungstechnik erneuert. In einer Niederspannungs-Schaltanlage des Typs »Sivacon S8« von Siemens, die als Motor-Control-Center (MCC) ausgeführt ist, befinden sich unter anderem sämtliche Verbraucherabzweige etwa für Stellmotoren, Pumpenantriebe und Ventiltechnik. In jedem Einschub sind alle Schutz-, Schalt- und Steuergeräte untergebracht, die für den jeweiligen Abzweig nötig sind. Das steuerungstechnische Herz bildet dabei das Motor-Management »Simocode pro«, mit dem sich Schalt-, Steuer- und Diagnose-Informationen zwischen Schaltanlage und Prozessleitsystem austauschen lassen. Die Kommunikation mit der Steuerung erfolgt per Profibus.

Neu ist, dass 80 sicherheitsrelevante Antriebe in der Gasversorgungsanlage mit dem Safety-Modul im jeweiligen Einschub ergänzt wurden. Antriebe für Ölpumpen, Pumpen zur Entsorgung von Rückständen bei der Gastrocknung, Magnetventile zur Steuerung bestimmter Prozesse und viele andere Verbraucher lassen sich somit sicherheitsgerichtet abschalten. »Hierfür wurde einfach im jeweiligen Einschub ein fehlersicheres Digitalmodul hinzugefügt und über eine vorkonfektionierte Leitung mit dem Basisgerät ’Simocode pro V‘ verbunden; die fehlersichere Kommunikation mit der Steuerung erfolgt über das Profisafe-Protokoll«, berichtet Wolfgang Jahnke.

Sicherheits- und Standardtechnik auf einer Plattform

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Wolfgang Jahnke, Elpro GmbH
Wolfgang Jahnke, Elpro GmbH: »Motor-Management und Sicherheitstechnik als funktionale Einheit ist genau das, worauf die Energie- und Prozesstechnik gewartet haben.«
© Elpro

Aus dieser Lösung ergeben sich folgende Vorteile: »Durch die einfache Ergänzung der Sicherheitstechnik im Rahmen der Standardautomatisierung lässt sich eine große Zahl dezentraler Sicherheitsmodule einsparen«, betont Jahnke. »Außerdem muss kein eigenes Netzwerk für die Sicherheitstechnik geplant und installiert werden, denn sie läuft über den bereits vorhandenen Profibus.«

In der Gasstation Xanten gibt es 25 fehlersichere Steuerungen des Typs »Simatic S7-400 F«, die in technische Funktionsgruppen unterteilt sind. Die Anlagensteuerung übernimmt dabei das Prozessleitsystem »Simatic PCS 7«. Weiterer Vorteil: »Die steuerungstechnische Plattform für die Sicherheitstechnik bleibt die gleiche wie bei der Standardautomatisierung«, so Jahnke. Es bedürfe lediglich einer Ergänzung der vorhandenen PCS-7-Software mit dem Tool »Safety-Matrix«. Darin enthalten sei das Programm »F-Systems«, mit dem sich die fehlersicheren S7-400 leicht programmieren ließen.

Einfacher Nachweis für die zuständigen Behörden

Wegen der Systemdurchgängigkeit von der Feld- bis in die Leitebene ergibt sich in Verbindung mit dem Motor-Management eine verbesserte Visualisierung der Rückmeldungen auf dem Bedien- und Beobachtungssystem. Für Sebastian Cichowski ein wichtiger Aspekt, der den Nutzen der Sicherheitslösung unterstreicht: »Durch die vielen Angaben und Werte – normal und fehlersicher – können wir den zuständigen Behörden gegenüber jederzeit den Nachweis führen, dass unsere Anlagen betriebssicher und zuverlässig arbeiten.«

Motor-Management-System »Simocode pro V« für Profibus und fehlersicheres Digitalmodul »DM-F Profisafe« für sicherheitsgerichtete Anwendungen. Bedienbaustein mit Display dient zur Steuerung des Motorabzweigs. Strom-/Spannungserfassungsmodule von Motor
Motor-Management-System »Simocode pro V« für Profibus und fehlersicheres Digitalmodul »DM-F Profisafe« für sicherheitsgerichtete Anwendungen. Bedienbaustein mit Display dient zur Steuerung des Motorabzweigs. Strom-/Spannungserfassungsmodule von Motorströmen bis 820 A.
© Siemens

Hinzu kommt, dass die »Simocode«-Geräte einen integrierten Fehlerspeicher haben. Jedes Schalten eines Freigabekreises und der Status einer Auslösung werden darin notiert. »Während all diese Informationen in der Leittechnik dokumentiert und archiviert werden können, bleibt immer das letzte Ereignis gewissermaßen auf ewig im geräteinternen Fehlerspeicher erhalten«, ergänzt Wolfgang Jahnke.

Prüfzyklen der Freigabekreise werden gemeldet

Ein gleichermaßen interessantes Feature im Sicherheitsmodul des Motor-Managements ist die Überwachung der regelmäßigen Überprüfung der Freigabekreise. Denn Sicherheitsschaltungen müssen gemäß ihrer Projektierung termin- bzw. intervallgerecht auf ordnungsgemäße Funktion hin überprüft werden. Das gilt vor allem für Sicherheitssysteme, die im so genannten Low-Demand-Mode laufen, also nur äußerst selten sicherheitsgerichtet betätigt werden, wie es bei Gasversorgungsanlagen wie der in Xanten der Fall ist.

Während die Einhaltung der Intervalle für die Funktionsprüfungen normalerweise der Sorgfalt des technischen Personals überlassen wird, lassen sich bei »Simocode pro« im Zuge der Parametrierung für jeden Verbraucherabzweig individuelle Zeitintervalle vorgeben. Ist der Zeitpunkt für eine Testauslösung erreicht, meldet das Gerät dies an die Leittechnik. »Dies bildet die Grundlage dafür, dass unsere Anlagentechniker ihren Service möglichst effizient planen und durchführen können«, kommentiert Sebastian Cichowski.

Die Datendurchgängigkeit von Standardautomatisierung und Sicherheitstechnik über Profibus bzw. Profisafe vereinfacht den Betrieb des Erdgasspeichers in Xanten.
Die Datendurchgängigkeit von Standardautomatisierung und Sicherheitstechnik über Profibus bzw. Profisafe vereinfacht den Betrieb des Erdgasspeichers in Xanten.
© RWE Gasspeicher GmbH

In der Praxis hat sich Cichowski zufolge die Erneuerungsmaßnahme von Anfang an gelohnt: »Indem Standardautomatisierung und Sicherheitstechnik busbasiert auf der gleichen technischen Plattform aufsetzen und dies völlige Datendurchgängigkeit ermöglicht, ergeben sich in Bezug auf Projektierung, Installation und Betrieb die beschriebenen Vorteile«, führt er aus. »Ebenso reduzieren sich die Schnittstellen, weil sowohl die gesamte Standardautomatisierung für jeden einzelnen Verbraucherabzweig als auch die dazu gehörige Sicherheitstechnik in einem Einschub Platz finden. Ein komplettes Motor-Management, das mit Sicherheitstechnik ergänzt werden kann, ist genau das, worauf alle in der Prozesstechnik gewartet haben – und wir setzen es bereits ein.«

Alle für den Betrieb und die Überwachung des Erdgasspeichers nötigen Daten sind in der Leitwarte des Speichers rund um die Uhr verfügbar. Denn das Motor-Management »Simocode pro« stellt viele davon per Profibus zur Verfügung. Ergänzt durch ein digitales Safety-Modul lassen sich Verbraucherabzweige auch fehlersicher betreiben. Vor allem in der Prozessindustrie bringt das den Vorteil, dass Standardautomatisierung und Sicherheitstechnik in einem MCC-Einschub Platz finden und für die fehlersichere Kommunikation über Profisafe keine zusätzliche Installation mehr nötig ist. Das neue Steuerungs- und Sicherheitskonzept erfordert somit deutlich weniger Aufwand für Planung und Installation. Und für den Betrieb gilt: Der mit moderner Prozessleittechnik erreichte hohe Automatisierungsgrad sorgt für den sicheren Betrieb der Speicheranlagen.


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