Umbau der Infrastruktur für die Energiewende

Leistungshalbleiter: Schlüssel für die Umgestaltung des Stromnetzes

2. Mai 2014, 9:43 Uhr | Heinz Arnold
Bausteine für die Energiewende: Halbautomatischer Draht-Bonder für Kontaktdrähte von 25 µm (Gold) bis 500 µm (Kupfer). Mittels Draht-Bonden werden Leistungshalbleiter elektrisch kontaktiert. Das Gerät wird für die Forschung für höhere Zuverlässigkeit und Lebensdauer elektrischer Verbindungen eingesetzt. Mit dem Bonder können auch Zug- und Schertests zur Ermittlung der Festigkeit von Bond-Verbindungen durchgeführt werden.
© Fraunhofer IISB

Um bis 2050 rund 80 Prozent der Versorgung aus erneuerbaren Quellen zu ermöglichen, muss auch das Stromnetz umgestaltet werden. Das Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB in Erlangen entwickelt dafür hocheffiziente Leistungselektronik.

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Bei der Umgestaltung des Stromnetzes geht es nicht nur um den Ausbau von »Stromautobahnen« über große Entfernungen, sondern auch darum, die Infrastruktur anzupassen. Früher gab es wenige große, zentrale Kraftwerke, die elektrische Energie bereitstellten und an alle Verbraucher verteilten. Nun treten immer mehr kleine und Kleinsterzeuger auf den Plan und speisen Wind-, Biogas- und Solarenergie ins Netz ein – zu wechselnden Zeiten und in wechselnden Mengen. Damit die Versorgung im Gesamtnetz dennoch stabil und zuverlässig bleibt, sind große technische Veränderungen hin zu einer dezentralen Netzwerkstruktur nötig.

Zwei Themen stehen dabei im Vordergrund: Erstens muss die neue Netzstruktur auf allen Ebenen gewährleisten, dass Elektrizität für alle Verbraucher zur Verfügung steht, und zweitens muss die Effizienz der Stromverteilung im Vergleich zu heute steigen, um die vorhandene Energie optimal auszunutzen.

HGÜ bringt 30 bis 50 Prozent geringere Transportverluste

Leistungselektronik ist essentiell für die nationale und europaweite Energieversorgung. Für große Stromtrassen innerhalb Deutschlands, etwa um Windenergie von den Offshore-Feldern im Norden in den Süden der Republik zu übertragen, bietet die Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ) erhebliche Vorteile. HGÜ-Anlagen bestehen im Wesentlichen aus einer Transportleitung mit Umrichterstationen an beiden Enden. Dort wird die Wechselspannung des konventionellen Stromnetzes zuerst in Gleichspannung und am Ende wieder zurück gewandelt.

Der Vorteil: Die Transportverluste sind 30 bis 50 Prozent niedriger als bei Wechselspannung. Man arbeitet heute mit Gleichspannungen bis zu mehreren 100 000 Volt, und je höher die Spannung ist, desto geringer fallen die Transportverluste aus. Die Leitungen können als Freileitungen über Land gehen, als Erdkabel oder als Seekabel verlegt sein.

An den beiden Kopfstationen einer Gleichspannungsleitung stehen in einer Halle bis zu mehrere tausend Inverterzellen mit Leistungsschaltern auf Halbleiterbasis. Jede Inverterzelle wiegt rund einen Zentner und speichert eine Energiemenge, die in etwa der Sprengkraft einer Handgranate entspricht. Den Fraunhofer-Forschern ist es gelungen, die Auswirkungen bei einem Schaden in einer Inverterzelle auf die Zelle selbst zu beschränken und sicherzustellen, dass die Gesamtanlage ohne Unterbrechung weiter läuft. Einen weiteren Vorteil dieser Multilevel-Umrichtertechnik verdeutlicht Prof. Martin März, stellvertretender Institutsleiter des IISB und Leiter der Abteilung Energieelektronik: »Die passiven Netzfilter, die die elektrischen Störungen begrenzen, benötigen mit konventioneller Technik noch den Platz von ganzen Fußballfeldern. Mit der neuen Technologie sind Anlagen möglich, die in eine Halle oder einen Container passen.«

Sicher werden Wechselspannungsnetze in Deutschland noch lange bestehen, aber es wird ein Nebeneinander von Gleich- und Wechselstrom geben. Um die unterschiedlichen Netze zu koppeln, ist Leistungselektronik unverzichtbar. »Ich glaube, unser Stromnetz wird für die Energieübertragung in etwa so werden, wie es das Internet für die Datenübertragung schon heute ist«, sagt Professor Lothar Frey, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB. »Auch im Internet haben wir an jeder Schnittstelle Elektronik, genauso wird das künftig beim Strom laufen. Es wird viele elektronische Knoten geben, die große Trassen, lokale Subnetze, dezentrale Energiespeicher, die vielen neuen Energieerzeuger und natürlich die Verbraucher miteinander verbinden. Zusammen mit einer intelligenten Steuerung hat das auch eine stabilisierende Wirkung auf das Gesamtnetz.«


  1. Leistungshalbleiter: Schlüssel für die Umgestaltung des Stromnetzes
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