Mit dem Schwerpunkt auf der Leistungselektronik stellen sich die Gebiete der Rotorblattkontrolle (Pitch-Regelung), der Azimut-Einstellung (Windrichtungsnachführung) und der Energieeinspeisung als die interessantesten Felder dar. Die Pitch-Regelung für ein einzelnes Rotorblatt besteht aus einem Getriebemotor, der über ein Getriebe den Drehwinkel des Rotorblatts einstellt. Elektrisch ist das System mit dem Netz verbunden und ähnelt in seinem Aufbau einer USV-Anlage.
Im Vergleich zur industriellen USV stellt sich die Pitch-Regelung bezüglich mechanischer, elektrischer und thermischer Beanspruchung als sehr viel anspruchsvollere Applikation dar. Zusätzlicher mechanischer Stress entsteht als Konsequenz der Montageposition. Durch die Rotation der Nabe leidet der Aufbau unter der Zentrifugalbeschleunigung, mechanischer Wechsellast und Vibration - Effekte, die im stationären industriellen Aufbau meist von untergeordnetem Belang sind.
Um den Flügel um die Längsachse zu drehen, ist das Losbrechmoment zu überwinden. Während dies im Stillstand noch unkritisch ist, stellt sich während des Betriebs zusätzlich die Kraft durch die aerodynamischen Gegebenheiten ein. Hält man sich vor Augen, dass ein einzelnes Rotorblatt einer Multi-MW-Anlage mehrere Tonnen wiegt, wird deutlich, dass ein erhebliches Trägheitsmoment herrscht. Da der Pitch-Regler immer nur kurzfristig arbeitet, um den Flügelwinkel einzustellen, zeichnet sich der Betrieb durch kurze Perioden mit maximaler Last aus. Diese sehr hohen, zyklischen Belastungen stellen an die Leistungselektronik entsprechende Anforderungen.
Im Normalbetrieb ist die Anforderung, dass die Flügelverstellung mit 3°/s agiert; im Notfall sind jedoch 12°/s gefordert, woraus sich die Überlastbedingungen für den Antrieb ableiten lassen. Die Dimensionierung eines passenden Antriebsstranges muss außerdem berücksichtigen, dass die Zwischenkreisspannung bei Batteriebetrieb kleiner ist als die aus dem Netz gewonnene. Um die Ausgangsleistung trotzdem konstant zu halten, fließen im Batteriebetrieb höhere Ströme als im Netzbetrieb.
Thermisch leidet der Antrieb unter den Außentemperaturen, die sich in dieser Applikation im Bereich von -30 °C bis +70 °C bewegen. Infineon hat in Kooperation mit führenden Umrichterherstellern umfassende Forschung und Entwicklung speziell zum Thema Vibrationsfestigkeit betrieben. Entsprechende Tests umfassten mehrachsige Vibrationsversuche mit kompletten Umrichteraufbauten, um Schwachstellen im Design aufzudecken und die Widerstandsfähigkeit der Konstruktion bezüglich mechanischer Wechsellast zu steigern. Amplitude, Frequenzspektrum und Beschleunigungen überschritten bei diesen Tests die in den entsprechenden Industrienormen genannten Anforderungen. In neuen Modulen wie dem SmartPACK und dem EconoPACK4 sind die Erkenntnisse aus diesen Untersuchungen bereits eingeflossen um die Lebensdaueranforderung zu erfüllen, die in Windkraftanlagen bei 20 Jahren und mehr liegen.
Ein wichtiges Ergebnis ist die Verwendung neuer Verbindungstechniken. Per Ultraschall geschweißte Anschlüsse (Bild 2) verbessern die Stabilität bezüglich mechanischer und thermomechanischer Wechsellast . Ein weiterer Fortschritt ergab sich aus der Einführung der PressFIT-Pins.
Azimut-Regelung
Prinzipiell ähnelt die Azimut-Regelung der Pitch-Regelung, allerdings benötigt sie das höhere Drehmoment. Gondelgehäuse, Generator, Nabe und Rotoren wiegen in Anlagen im Leistungsbereich von 5 MW bis 6 MW heute zusammen bereits mehr als 600 t. Im Allgemeinen kommen für die Drehbewegung der Gondel Antriebe mit einigen kW und sehr groß gewählten Untersetzungen zum Einsatz. Die enormen Drehmomente sind notwendig, um das hohe Gewicht und die daraus resultierenden Trägheits- und Losbrechmomente zu beherrschen. Da der Bauraum in der Gondel begrenzt ist, sollen für diese Applikation die Umrichter sehr kompakt sein. Hierfür bietet Infineon das FF600R12ME4, ein Halbbrückenmodul im EconoDUAL3-Gehäuse. Speziell für die Erhöhung der Leistungsdichte konzipiert, beinhaltet das neue Design thermisch optimierte Trägerkeramiken, auf denen Kupferbonddrähte für größere Stromtragfähigkeiten sorgen.
Die Gondelrotation agiert im Betrieb weniger oft als die Rotorblätterkontrolle. Darüber hinaus ist die Azimut-Regelung kein zeitkritischer Prozess. Als Konsequenz ist dieser Antrieb bezüglich thermischer Wechsellast weniger stark strapaziert.
Energiegewinnung
Die Erzeugung regenerativer Energie hat über die letzten Dekaden zur Entwicklung unterschiedlicher Topologien in der Leistungselektronik geführt. Vollumrichter an Synchrongeneratoren koexistieren neben der doppelt gespeisten Asynchronmaschine. Während der Hauptumrichter üblicherweise mit High-Power-Modulen wie PrimePACK bestückt ist, sind in Umrichtern zur Speisung der Rotoren asynchroner Anordnungen oft Medium-Power-Module im Einsatz.
Weite Verbreitung gefunden hat in dieser Applikation das EconoPACK+ in der 1700-V-Variante. In seiner aktuellen Form ist das überarbeitete EconoPACK+ bezüglich der Steuerkontakte mit PressFIT-Pins ausgestattet und weist ebenfalls die per Ultraschall geschweißten Anschlüsse auf. Diese sind darüber hinaus als eingespritzte Metallteile ausgeführt, was die mechanische Robustheit vergrößert. Trotz der Detailänderungen bleiben alle elektrischen Verbindungsstellen in Position und elektrischer Funktion zum Vorgängermodell kompatibel.
Um die Anforderungen von netzgekoppelten Umrichtern im MW-Bereich noch besser zu erfüllen, wurde das PrimePACK speziell für Applikationen mit erhöhter Lebensdaueranforderung entwickelt. Es war das erste High-Power-Modul, das von der Ultraschallschweißtechnik profitierte, und es bietet zusätzlich den modularen Ansatz, Halbbrückenmodule von 600 A bis 1400 A in einem einheitlichen mechanischen Aufbau zu integrieren. Diese Modulfamilie verfügt über die für 3,3-kV-Module ausgelegten Luft- und Kriechstrecken. Bestückt mit 1700-V-IGBT eignen sich PrimePACK-Module besonders für Applikationen mit rauen Umgebungsbedingungen und erhöhten Anforderungen an Verschmutzungsklassen.