Neue Wireless-Power-Techniken bieten neben einem höheren Wirkungsgrad auch eine größere Reichweite. Beides ist Voraussetzung für das Laden von Geräten und Elektrofahrzeugen mit hoher Leistung.
Die kontaktlose Energieübertragung zum Laden von Akkus (Wireless Charging) auf Basis von Standards wie Qi ist für kleine, tragbare Geräte alltäglich geworden. Um diese Art der Energieübertragung auf höhere Leistungsstufen auszuweiten, sind noch einige Herausforderungen zu meistern. Dies wird sich nun mit neuen Techniken ändern, die nicht nur die Einschränkungen herkömmlicher Wireless-Charging-Standards in Bezug auf Stromaufnahme, Wirkungsgrad, Größe und Kosten überwinden, sondern auch die Abwärtskompatibilität mit diesen Standards beibehalten.
Laut dem jüngsten Bericht der Analysten von Research and Markets soll der weltweite Markt für Wireless Charging bis 2027 jährlich um fast 20 % wachsen [1]. Ein Großteil dieses Wachstums wird durch Ladepads und -oberflächen für Smartphones und andere tragbare Geräte erzielt. Es wird jedoch erwartet, dass auch Anwendungen mit höherer Leistung – von Küchengeräten bis hin zu Elektrofahrzeugen – einen größeren Beitrag leisten werden. Um dieser Nachfrage gerecht zu werden, sind neue Techniken erforderlich, die eine höhere Leistung und einen sehr hohen Wirkungsgrad bei größeren Distanzen zwischen Sender und Empfänger liefern können, als dies mit den bestehenden Wireless-Power-Standards möglich ist.
Bild 1 zeigt die Blockschaltung einer herkömmlichen induktiv gekoppelten Energieübertragung zum Laden von Akkus, wie es beispielsweise im Qi-Standard für Mobilgeräte genutzt wird. In dieser Schaltung wandelt ein externes Netzteil die Netzspannung in eine Gleichspannung um, die den Sender (Tx) des Ladegeräts (Ladepad) über ein externes Gleichstromkabel versorgt. Die Spule im Sender überträgt die Energie dann an den im Mobilgerät eingebauten Empfänger (Rx). Bei solchen Energieübertragungssystemen beträgt der typische maximale Abstand zwischen den Spulen (Tx/Rx) etwa 5 mm und die maximale Leistung etwa 30 W. Aus Systemsicht sind dafür mindestens drei verschiedene Blöcke mit fünf verschiedenen Stufen in Kaskade erforderlich:
Ein herkömmliches System für die kontaktlose Energieübertragung zum Laden von Akkus besteht aus zwölf bis 16 aktiven Bauelementen, mindestens zwei Induktivitäten, zwei Spulen für die induktive Übertragung, einem AC- und einem DC-Kabel. Diese Anzahl von Komponenten trägt nicht nur zu hohen Materialkosten bei, sondern wirkt sich auch auf den Gesamtwirkungsgrad aus.
Um die Nachteile herkömmlicher Wireless-Charging-Systeme zu vermeiden hat Eggtronic eine neue Technik entwickelt, E2Watt genannt. Ein hybrides AC-System, das sowohl die Stromversorgung als auch die kontaktlose Energieübertragung zum Laden von Akkus abdeckt. Basierend auf einer proprietären induktiven Technik ermöglicht E2Watt höhere Leistungsdichten und größere Entfernungen als bisherige Wireless-Power-Konzepte. Der Wirkungsgrad ist vergleichbar zu den besten herkömmlichen Ladegeräten mit Netzteil. E2Watt legt damit den Grundstein, um kabelloses Laden von wenigen Watt auf sogar zweistellige kW-Werte zu bringen.
Das Blockschalbild in Bild 2 zeigt, wie E2Watt die Gesamtzahl der für ein vollständiges Ladesystem mit kontaktloser Energieübertragung erforderlichen Stufen auf nur zwei reduziert. Dafür werden mehrere Stufen zu einem multifunktionalen, einstufigen ZVS-ZCS-Wandler (Zero Voltage Switching, Zero Current Switching) zusammengeführt.
Die beiden Stufen des kontaktlosen Energieübertragungssystems E2Watt zum Laden von Akkus sind:
In der Senderstufe sind die Schaltverluste durch eine Kombination aus ZVS- und ZCS-nahen Bedingungen und der Robustheit gegenüber Eingangs- und Lastschwankungen nahezu Null. Weil die Sendestufe bei E2Watt nicht resonant arbeitet, wird der ZVS-Betrieb bei jedem Lastzustand erreicht. Dadurch bleibt der Wirkungsgrad des Senders über einen weiten Ausgangsleistungsbereich hoch (Bild 3).
Der einstufige Empfänger arbeitet stets unter ZVS-Bedingungen und basiert auf zum Patent angemeldeter Technik, darunter ein Datenaustauschschema mit niedriger Latenz, das es Eggtronic ermöglicht, die Empfängertemperatur im Vergleich zu herkömmlichen Wireless-Power-Schaltungen um bis zu 30 °C bei 30 W zu senken.
Durch die Steuerung des Verhältnisses zwischen der an die Last abgegebenen Wirkleistung und der an der Primärseite reflektierten Blindleistung bietet die Empfängerstufe einen schnellen Regelkreis, der eine genaue Regelung der Ausgangsspannungen ermöglicht, ohne zusätzliche Abwärtswandler oder in Reihe geschaltete Linearregler (LDO, Low Dropout) einzubinden.
Die proprietäre Schaltung von Eggtronic enthält auch einen zweiten Regelkreis, der den Wirkungsgrad weiter verbessert, indem er die Blindleistung im gesamten Sender- und Empfängersystem minimiert. Neben den GaN-ICs von Navitas Semiconductor setzt Eggtronic auch auf den dsPIC33-Mikrocontroller von Microchip Technology, um die Energieübertragung über eine große Distanz zwischen den Spulen (z-Achse) zu ermöglichen.
Die Spulen für die Energieübertragung werden je nach den für die Anwendung erforderlichen elektrischen und mechanischen Spezifikationen maßgeschneidert. Der Spulenaufbau konzentriert sich auf maximalen Wirkungsgrad, um die Robustheit gegenüber Ausrichtungsfehlern zwischen den Sender- und Empfängerspulen zu gewährleisten (Bild 4).
Wesentliche Leistungsmerkmale der E2Watt-Technik:
Durch die Entwicklung proprietärer, einstufiger ZVS-Schaltungen, die eine direkte verlustarme Umwandlung der AC-Netzspannung in eine Erregerspannung für die Sendespule eines kontaktlosen Energieübertragungssystems ermöglichen, hat Eggtronic einen völlig neuen Ansatz geschaffen. Die Senderschaltung benötigt nur sechs aktive Bauelemente, einschließlich zwei primärseitiger Dioden, keine zusätzlichen Induktivitäten, zwei Spulen und ein einziges AC-Netzanschlusskabel.
Dieser neue Ansatz bietet zwei grundlegende Vorteile: Zum einen reduziert sich die Stückliste in Bezug auf aktive und passive Bauelemente um bis zu 50 % im Vergleich zu herkömmlichen Wireless-Power-Schaltungen. Und zweitens erhöht sich der Gesamtwirkungsgrad von rund 70 % auf nun 96 %. Letzteres ist besonders wichtig, da E2Watt damit das Potenzial hat, sowohl kontaktlos arbeitende Ladesysteme als auch per Kabel angeschlossene Ladegeräte zu ersetzen.
Die ersten Versionen der E2Watt-Ladegeräte sind Qi-kompatibel, um sicherzustellen, dass sie zum Aufladen bestehender Geräte verwendet werden können. Sie bieten einen achtmal größeren Ladeabstand als herkömmliche Qi-basierte Schaltungen und stellen eine Leistung von bis zu 300 W bereit. Dies erweitert den aktuellen Anwendungsbereich von Wireless Charging erheblich und eröffnet neue Möglichkeiten zum Laden von Smartphones, Laptops, Fernsehgeräten und anderen Konsumgeräten sowie zur kontaktlosen Stromversorgung von Haushaltsgeräten und Elektrofahrzeugen.
Literatur
[1] Wireless Charging Market: Global Industry Trends, Share, Size, Growth, Opportunity and Forecast 2021-2026. Research and Markets, Bericht, April 2021.
Der Autor
Igor Spinella, Ph.D.
wurde in Modena geboren und studierte Elektro- und Mechatronik an den Universitäten Modena und Reggio Emilia und promovierte mit den höchsten Auszeichnungen. 2010 wurde er von der italienischen Regierung als einer der 100 besten Kreativtalente Italiens ausgezeichnet. Nach Stationen bei einigen der berühmten Luxusautohersteller von Modena und als CTO in einem Unterhaltungselektronikunternehmen wurde er selbst Unternehmer und gründete 2012 Eggtronic mit Sitz in Modena.
igor.spinella@eggtronic.com