Ein BMS ist darauf programmiert, auf bestimmte Informationen zu reagieren. Während herkömmliche BMS auf der Basis von Spannungswerten arbeiten, stehen bei einem BMS, das mit ETA-Leveling als Algorithmus arbeitet, die individuellen Voraussetzungen der Zellen im Fokus. Es erkennt, ob ein Spannungsunterschied zwischen einzelnen Zellen aufgrund von Kapazitäts-, Wirkungsgrad- oder Selbstentladungsunterschieden der einzelnen Zellen entsteht, und kommt so zu anderen Schlüssen und anderen Reaktionen.Ein BMS ist darauf programmiert, auf bestimmte Informationen zu reagieren. Während herkömmliche BMS auf der Basis von Spannungswerten arbeiten, stehen bei einem BMS, das mit ETA-Leveling als Algorithmus arbeitet, die individuellen Voraussetzungen der Zellen im Fokus. Es erkennt, ob ein Spannungsunterschied zwischen einzelnen Zellen aufgrund von Kapazitäts-, Wirkungsgrad- oder Selbstentladungsunterschieden der einzelnen Zellen entsteht, und kommt so zu anderen Schlüssen und anderen Reaktionen.
Beispiel 1: ETA-Leveling greift nicht ein
Im Fall der beiden Zellen mit unterschiedlichen Kapazitäten (Bild 1) greift ETA-Leveling im Gegensatz zum herkömmlichen BMS nicht ein. Manchmal kann es tatsächlich so einfach sein: Denn wenn bekannt ist, dass Kapazitätsunterschiede vorhanden sind, ist klar, dass beide Zellen ohne jegliches Zutun zeitgleich bei 3,65 Volt ankommen werden. Sie erreichen mit ETA-Leveling also gleichzeitig 100 Prozent SoC. Es kommt nicht zu SoC-Schieflagen und der Wirkungsgrad des Blocks bleibt auf Dauer hoch – höher als wenn BMS-Eingriffe stattgefunden hätten.
Beispiel 2: ETA-Leveling greift bei der richtigen Zelle ein
Auch im zweiten Beispiel arbeitet ETA-Leveling nicht einfach mit den Informationen über die Spannung, sondern beachtet den Wirkungsgrad der Zellen, sprich: wie viel Energie beim Ladevorgang in Wärme umgewandelt wird. Als Konsequenz greift ETA-Leveling an genau der anderen Zelle ein, als es beim Balancing der herkömmlichen BMS der Fall ist. Da in Zelle 1 mehr Energie in Wärme umgewandelt wird, hätte Zelle 2 am Ende des Ladevorgangs einen höheren SoC. ETA-Leveling schaltet also für Zelle 2 einen Widerstand, wodurch weniger Strom in diese Zelle fließt – und zwar genau so viel weniger, wie Zelle 1 in Wärme umwandelt. Dadurch erreichen am Ende des Ladevorgangs beide Zellen gleichzeitig 3,65 Volt. Der Eingriff, den ETA-Leveling an Zelle 2 vornimmt, findet am Ende des Ladevorgangs statt und dauert nur wenige Sekunden. Auch hier führt ETA-Leveling zu einem deutlich höheren Wirkungsgrad als beim Standard-BMS.
Sind Zellen in Reihe geschaltet, sind herkömmliche BMS immer so programmiert, dass nur auf die Spannung der Zellen geschaut wird. ETA-Leveling hingegen behandelt in der Reihenschaltung jede Zelle, als befände sie sich in einer Einzelzellanwendung, und führt individuelle Wirkungsgradkorrekturen durch. Diese Vorgehensweise wird als Leveling bezeichnet und hat nachhaltig positive Auswirkungen auf die Zellen. Etwa die Hälfte der Kapazitätsverluste durch Zellalterung, die mit Standard-BMS während eines Batteriezellen-Lebens auftreten – nämlich die aufgrund von SoC-Schieflagen –, lassen sich mit ETA-Leveling verhindern. Das Ergebnis: Es kommt nicht zu einer vorzeitigen, beschleunigten Zellalterung und der gesamte Batterieblock erreicht die im Datenblatt vorgesehene Lebensdauer.
ETA-Leveling selbst ist ein Algorithmus, der sich auf jedes bestehende BMS aufspielen lässt und dann die Aufgabe übernimmt, den Mikroprozessor zu steuern. Ob, wann und aus welchem Grund beim Laden ein Widerstand eingeschaltet wird oder nicht, basiert dann auf den gesammelten Daten zu Spannung und Temperatur, Kapazität, Wirkungsgrad und Selbstentladung. Das ist radikal neu. Bisher waren BMS nicht darauf programmiert, all diese Informationen zu nutzen, um die bestmögliche Behandlung und ein optimiertes Lademanagement von Batterien zu ermöglichen.
Wenn Batterieblöcke von vornherein gelevelt sind, treten SoC-Schieflagen erst gar nicht auf. Das bringt Vorteile in der Anwendung. Werden die darin enthaltenen Batterien von vorneherein mit ETA-Leveling betrieben bzw. geladen, altern sie nicht vorschnell. Ausgehend davon, dass die Hälfte der durch Zellalterung bedingten Kapazitätsverluste so also gar nicht erst zustande kommen, entsprechen die zusätzlich zur Verfügung stehenden Ladezyklen einer Verdoppelung der Lebensdauer. Können beispielsweise die Kapazitätsverluste einer Autobatterie um acht Prozent reduziert werden, hat sie 174 weitere Vollzyklen zur Verfügung. Bei einem Auto mit etwa 400 Kilometern Reichweite pro Ladezyklus sind das ca. 70.000 Kilometer mehr.
Da ETA-Leveling die Zellen wie in einer Einzelzellanwendung behandelt, lassen sich damit Zellen unterschiedlicher Hersteller, unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Nominalkapazität und unterschiedlicher Zellkapazität – sogar unterschiedlicher Zellchemie – in Reihe schalten (Bild 6). Zellen, bei denen bisher davon ausgegangen wurde, dass sie ihr End of Life (EoL) erreicht haben, werden gelevelt; dieser Vorgang dauert nur wenige Stunden.
Danach lassen sie sich in einer Patchwork-Batterie zusammenstellen, direkt in Betrieb nehmen und auch dauerhaft betreiben. Dass völlig beliebig zusammengestellte Zellen keine sinnvolle Second-Life-Anwendung ergeben, ist klar. Dass sie aber mit ETA-Leveling ganz einfach in Reihe geschaltet und gelevelt in Betrieb genommen werden können, lässt sich zu Recht als disruptiv bezeichnen. Denn damit revolutioniert ETA-Leveling die Voraussetzungen, die nach bisheriger Logik in einem Batterieblock herrschen mussten: Die Zellen darin sollten möglichst identisch sein; bereits kleine Unterschiede konnten den Betrieb erheblich erschweren oder gar verhindern. Ein weiterer Vorteil von gelevelten Batterien: Sie müssen nicht zerlegt werden, um für jede einzelne Zelle eine aufwendige Zustandsbestimmung oder Analyse durchzuführen. Die gelevelte Batterie ist als Ganzes sofort für eine neue Anwendung bereit und kann dort so lange zum Einsatz kommen, bis sie ihre Anwendung nicht mehr sinnvoll versorgen kann.
Mit der Energiewende erleben wir momentan ein deutliches Wachstum an Anwendungen, die Batteriespeichersysteme nutzen. Bereits jetzt zeichnet sich ab: Die Mengen an Batterien, die aussortiert werden, weil sie nicht mehr genug Kapazität für ihren Einsatzzweck haben, sind immens und wachsen stetig. ETA-Leveling kann auf zwei Arten helfen, dieses Problem zu lösen. ETA-Leveling verhindert die vorzeitige Alterung mit Kapazitätsverlust aufgrund von SoC-Schieflagen. Aber mehr noch: Zellen, die mit herkömmlichen BMS in Betrieb waren und zu EoL-Batterien erklärt wurden, können gelevelt und sehr einfach einer Second-Life-Anwendung zugeführt werden. Zellen können quasi beliebig zusammengestellt werden und trotz allem einen höheren Wirkungsgrad und eine längere Lebensdauer für die einzelnen Zellen und den ganzen Block erreichen. Das Batteriemanagement ist bereit für eine Ära, in der Verluste aufgrund von SoC-Schieflagen kaum mehr eine Rolle spielen werden.
Literatur
Dr. Sarah Michaelis, Jörg Schütrumpf etal., »Roadmap Batterie Produktionsmittel 2030«, VDMA Batterieproduktion, 2023.
Mina Naguib, Phillip Kollmeyer, Ali Emadi, »Lithium-Ion Battery Pack Robust State of Charge Estimation, Cell Inconsistency, and Balancing: Review« in IEEE Access vol. 9, 2021.
Rui Xiong, Weixiang Shen, »Advanced Battery Management Technologies for Electric Vehicles«,
John Wiley & Sons Inc (Automotive Series), 2018.
Jingshan Li, Shiyu Zhou, Yehui Han, »Advances in Battery Manufacturing, Service, and Management Systems«, The Institute of Electrical and Electronics Engineers Inc., 2017
Der Autor
Frederik Fuchs
ist Geschäftsführer der Benning CMS Technology. Seit neun Jahren arbeitet er daran, Batteriesysteme weiterzuentwickeln. Durch seine langjährige Erfahrung in der Konzeption, Erprobung und Produktion von Haus- und Gewerbespeichern weiß er, welche technischen Möglichkeiten das Metier bietet, kennt aber auch die Grenzen von Batteriesystemen